In einem Betreuungs- oder Unterbringungsverfahren kann dem Verfahrenspfleger Verfahrenskostenhilfe für das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht bewilligt werden.
Dem Verfahrenspfleger kann in Betreuungs- und Unterbringungsverfahren schon deshalb keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden, weil ihm gemäß §§ 276 Abs. 7, 317 Abs. 7 FamFG keine Kosten auferlegt werden könnten1.
Voraussetzung für die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe ist neben der Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung die Bedürftigkeit des Antragstellers. Diese liegt gemäß § 76 Abs. 1 FamFG iVm § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO vor, wenn der Antragsteller die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Wird Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe bewilligt, befreit dies den Antragsteller von der Tragung der Gerichtskosten (§ 122 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) und der Gebühren des beigeordneten Rechtsanwalts (§ 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO). In einem Rechtsbeschwerdeverfahren in Betreuungs- und Unterbringungssachen können den Verfahrenspfleger jedoch keine Kosten treffen, die von der Verfahrenskostenhilfe erfasst werden.
Gerichtskosten muss der Verfahrenspfleger keine tragen, auch wenn seine Rechtsbeschwerde erfolglos bleibt. Zum einen ist das Rechtsbeschwerdeverfahren in Betreuungssachen regelmäßig und in Unterbringungssachen stets gerichtskostenfrei (vgl. § 25 Abs. 2 GNotKG für Betreuungssachen)2. Zum anderen dürfen dem Verfahrenspfleger aufgrund der ausdrücklichen Regelungen in §§ 276 Abs. 7 und 317 Abs. 7 FamFG keine Kosten auferlegt werden3. Deshalb kann auch weder nach § 81 Abs. 1 und 2 FamFG noch nach §§ 83, 84 FamFG eine Kostenentscheidung zu Lasten des Verfahrenspflegers ergehen4.
Sofern der Verfahrenspfleger für die Durchführung eines Rechtsbeschwerdeverfahrens einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beauftragen muss (vgl. § 10 Abs. 4 FamFG), hat der Verfahrenspfleger auch dessen Gebühren und Auslagen letztlich nicht selbst zu tragen. Nach § 277 Abs. 1 Satz 1 FamFG iVm § 1835 Abs. 1 BGB kann der Verfahrenspfleger Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. Dies gilt sowohl für den ehrenamtlichen als auch für den berufsmäßigen Verfahrenspfleger5. Zu den ersatzfähigen Aufwendungen zählen auch die Kosten für die Rechtsberatung und Rechtsverfolgung6. Schuldner des Aufwendungsersatzanspruchs ist dabei stets die Staatskasse (vgl. §§ 277 Abs. 5 Satz 1, 318 FamFG). Daraus folgt, dass der Verfahrenspfleger die Kosten für den von ihm für das Rechtsbeschwerdeverfahren beauftragten Rechtsanwalt letztlich gegenüber der Staatskasse geltend machen kann, und zwar unabhängig davon, ob seine Rechtsbeschwerde Erfolg hat.
Entgegen einer im Schrifttum vertretenen Auffassung kann dem Aufwendungsersatzanspruch des Verfahrenspflegers auch nicht entgegengehalten werden, dass für die beabsichtigte Einlegung einer Rechtsbeschwerde sogleich ein am Bundesgerichtshof zugelassener Rechtsanwalt als Verfahrenspfleger des Betroffenen bestellt werden könne, dessen Vergütung sich auf die Stundensätze nach § 3 VBVG beschränke7. Diese Auffassung verkennt, dass die Bestellung eines beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalts als Verfahrenspfleger nicht kostengünstiger wäre, weil dessen Vergütung nicht auf die Stundensätze nach § 3 VBVG beschränkt ist, sondern sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsprechend §§ 277 FamFG, 1835 Abs. 3 BGB nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bemisst8.
Eine (vorläufige) Kostenbelastung kann den Verfahrenspfleger demnach nur treffen, wenn der beim Bundesgerichtshof zugelassene Rechtsanwalt einen Kostenvorschuss für seine Tätigkeit im Rechtsbeschwerdeverfahren verlangt. In diesem Fall hilft dem Verfahrenspfleger sein Aufwendungsersatzanspruch nicht weiter. Denn nach § 277 Abs. 1 Satz 1 FamFG kann er seinerseits keinen Vorschuss auf die von ihm zu leistenden Aufwendungen verlangen.
Auch wenn es dem Verfahrenspfleger kaum zumutbar sein dürfte, den Vorschuss aus eigenem Vermögen zu erbringen, besteht in diesem Fall kein Anlass, von dem in § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO geregelten Grundsatz abzuweichen, dass Verfahrenskostenhilfe nur der Partei bewilligt werden kann, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann9. Das Recht des Rechtsanwalts, von seinem Auftraggeber für die entstandenen und die voraussichtlich entstehenden Gebühren und Auslagen einen angemessenen Vorschuss fordern zu können (§ 9 RVG), dient der Sicherung des späteren Vergütungsanspruchs des vorleistungspflichtigen Rechtsanwalts10.
Das Sicherungsbedürfnis des Rechtsanwalts, der in einer Betreuungs- oder Unterbringungssache den Verfahrenspfleger im Rechtsbeschwerdeverfahren vertritt, hat jedoch in der vorliegenden Fallgestaltung nur eine untergeordnete Bedeutung. Da der Verfahrenspfleger die Kosten für den von ihm für das Rechtsbeschwerdeverfahren beauftragten Rechtsanwalt unabhängig davon, ob seine Rechtsbeschwerde Erfolg hat gegenüber der Staatskasse geltend machen kann, ist ausreichend gewährleistet, dass der Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts erfüllt wird. Eine Verpflichtung des Rechtsanwalts, einen Gebührenvorschuss zu verlangen, besteht ohnehin nicht11. Im Übrigen kann dem Sicherungsbedürfnis des Rechtsanwalts dadurch Rechnung getragen werden, dass der Verfahrenspfleger seinen gegen die Staatskasse gerichteten Aufwendungsersatzanspruch in entsprechender Höhe an den beauftragten Rechtsanwalt abtritt.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20. Oktober 2021 – XII ZB 371/21
- vgl. etwa Keidel/Weber FamFG 20. Aufl. § 76 Rn. 6; Zimmermann Prozesskosten- und Verfahrenskostenhilfe 6. Aufl. Rn. 22[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 07.05.2014 XII ZB 540/13 FamRZ 2014, 1285 Rn. 10 ff. für Unterbringungssachen[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 25.01.2017 – XII ZB 534/15 4[↩]
- Prütting/Helms/Fröschle FamFG 5. Aufl. § 276 Rn. 71[↩]
- vgl. Keidel/Giers FamFG 20. Aufl. § 277 Rn. 5[↩]
- vgl. BeckOGK/Bohnert [Stand: 1.10.2021] BGB § 1835 Rn. 37; MünchKomm-BGB/Fröschle 8. Aufl. § 1835 Rn. 15[↩]
- so aber Keidel/Giers FamFG 20. Aufl. § 276 Rn.20; Jürgens/Kretz Betreuungsrecht 6. Aufl. § 276 FamFG Rn.19[↩]
- vgl. BGH, Beschlüsse vom 21.03.2018 – XII ZA 46/17 2; und vom 23.07.2014 – XII ZB 111/14 FamRZ 2014, 1629 Rn. 10 mwN[↩]
- so aber Prütting/Helms/Fröschle FamFG 5. Aufl. § 276 Rn. 74[↩]
- vgl. HK-RVG/Klees 8. Aufl. § 9 Rn. 2; Hagen Schneider in Schneider/Volpert/Fölsch Gesamtes Kostenrecht 3. Aufl. § 9 RVG Rn. 1; vgl. auch BGH Urteil vom 11.12.2003 – IX ZR 109/00 NJW 2004, 1043, 1047 zu § 17 BRAGO[↩]
- Hagen Schneider in Schneider/Volpert/Fölsch Gesamtes Kostenrecht 3. Aufl. § 9 RVG Rn. 1; BeckOK RVG/v. Seltmann [Stand: 1.09.2021] § 9 Rn. 1[↩]