Die im Jahr 2005 gewährte Beitragsrückerstattung einer berufsständischen Versorgungseinrichtung an den Erben des Versicherten ist keine andere Leistung i.S.v. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG i.d.F. des AltEinKG.
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG 2006 sind Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder landwirtschaftlichen Alterskassen sowie zu den berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen, als Sonderausgaben abziehbar.
Die Beiträge i.S. d. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG 2006 sind jedoch nur dann gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 EStG (2006) als Sonderausgaben abziehbar, wenn es sich um „Aufwendungen“ handelt. Aus der Verwendung des Begriffs „Aufwendungen“ und aus dem Zweck des § 10 EStG, bestimmte, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen mindernde Privatausgaben vom Abzugsverbot des § 12 EStG auszunehmen, folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden dürfen, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist1. Diese Voraussetzungen liegen im hier entschiedenen Streitfall hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten und vom Finanzamt anerkannten Sonderausgaben vor.
Mit den diesbezüglichen Ausgaben wurde der Kläger auch tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet.
Eine wirtschaftliche Belastung liegt nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs jedoch nicht vor, wenn geleistete Aufwendungen in einem späteren Veranlagungszeitraum erstattet werden. Ist der Einkommensteuerbescheid des Zahlungsjahres noch nicht (materiell) bestandskräftig, ist der Sonderausgabenabzug um die nachträgliche Erstattung zu mindern. Ein bereits bestandskräftiger Bescheid kann nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert werden. Dies gilt auch, wenn der sog. Erstattungsüberhang daraus resultiert, dass die im Veranlagungszeitraum erstatteten Sonderausgaben die im selben Veranlagungszeitraum gezahlten übersteigen2.
Des Weiteren entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass erstattete Sonderausgaben mit im Erstattungsjahr gezahlten Sonderausgaben zu verrechnen sind. An dieser Rechtsprechung hat der BFH in Kenntnis der hiergegen vorgebrachten systematischen Bedenken3 festgehalten. Eine Verrechnung/Gegenrechnung ist jedoch nur zulässig, wenn den Sonderausgabenerstattungen im selben Veranlagungszeitraum Abflüsse (§ 11 Abs. 2 EStG 2006) von gleichartigen Sonderausgaben gegenüberstehen4.
Die Orientierung an der wirtschaftlichen Bedeutung und Auswirkung der Sonderausgaben für den Steuerpflichtigen schließt die Gleichartigkeit aller (Sonderausgaben-)Tatbestände des § 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 EStG 2006 aus und erfordert (auch) bei Versicherungsbeiträgen i.S.v. § 10 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 EStG 2006 danach zu unterscheiden, welche Funktion die jeweilige Versicherung für den Steuerpflichtigen hat und welches Risiko sie nach ihrem tatsächlichen Charakter absichert5. Grundsätzlich ist damit nur eine Verrechnung zwischen Erstattungen und Zahlungen aus demselben Versicherungsverhältnis zulässig6.
Bei zusammenveranlagten Eheleuten -wie im Streitfall- ist eine Verrechnung zwischen Erstattungen und Zahlungen auf der Basis der zuvor dargelegten Rechtsgrundsätze unabhängig davon zulässig, wer von beiden Ehegatten die Zahlungen (an eine Versicherung) geleistet und die Erstattungen von der (Versicherung) erhalten hat7.
Da die Beitragsrückerstattung des Versorgungswerks nicht zu einer Minderung der (beschränkt abziehbaren) Sonderausgaben im Streitjahr führt, wäre es möglich, gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO den -durch die im Streitjahr nicht zulässige bzw. nicht mögliche Verrechnung- sich ergebenden (Sonderausgaben-)Erstattungsüberhang von 145.518,97 EUR mit den -dem Vorsorgeverhältnis zum Versorgungswerk B- gleichartigen Sonderausgaben in den jeweiligen Zahlungsjahren 1968-2004 zu verrechnen8. Nach den übereinstimmenden Stellungnahmen der Beteiligten ergibt sich für die Jahre, für die Einkommensteuerbescheide noch in Papierform vorhanden sind (für 1989-1991, 1993-1995 und 1998-2004), und z.B. Beiträge an das Versorgungswerk B vom Kläger und der Erblasserin gezahlt wurden, faktisch keine Änderung, weil der Betrag, um den die Vorsorgeaufwendungen der Erblasserin und des Klägers die jeweils zu berücksichtigenden Höchstbeträge (§ 10 Abs. 3 EStG a.F.) überschritten, weitaus höher ist als die zur Verrechnung im Zahlungsjahr in Betracht kommenden Erstattungsbeträge.
Der hier vorliegende Sonderausgaben-Erstattungsüberhang in Höhe der gesamten Beitragsrückgewähr des Versorgungswerks führt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, der sich das Finanzgericht Baden-Württemberg anschließt, nicht zu steuerbaren Einnahmen9. Es entspricht seit jeher den von der Rechtsprechung zur Beitragsrückerstattung entwickelten und zuvor dargelegten Grundsätzen, dass die Erstattung von Versicherungsbeiträgen bzw. Vorsorgeaufwendungen (Sonderausgaben-) nur zur Verringerung gleichartiger Sonderausgaben im Erstattungsjahr führt und ein sich -wie im Streitfall- ergebender Erstattungsüberhang im Zeitpunkt der früheren Zahlung die Kürzung gleichartiger Sonderausgaben bewirken kann.
Auch im Schrifttum wird (für das Streitjahr) nirgendwo eine von der zuvor dargelegten Auffassung abweichende Meinung vertreten10.
Der Gesetzgeber ging für das Streitjahr ebenfalls ersichtlich davon aus, dass ein Sonderausgabenerstattungsüberhang im Erstattungsjahr nicht die Annahme einer steuerpflichtigen Einnahme (im Rahmen der in § 2 Abs. 1 EStG [2006] enumerativ aufgezählten Einkünfte) zur Folge hat. Die Bestrebungen des Gesetzgebers gingen in der Vergangenheit bezüglich der hier in Rede stehenden Versicherungsbeiträge ausschließlich und lediglich dahin, eine gesetzliche Regelung des Inhalts in das EStG einzufügen, dass erstattete Versicherungsbeiträge in dem Kalenderjahr, in dem sie zurückgeflossen sind, von (nach § 10 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 EStG 2004) zu berücksichtigenden Beiträgen derselben Art abzuziehen sind11. Erst mit dem gemäß § 52 Abs. 1 EStG 2012 nach dem Streitjahr zum 1.01.2012 in Kraft getretenen § 10 Abs. 4b Satz 4 EStG in der fassung von Art. 18 Ziff. 8 Buchstabe b des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 vom 01.11.201112, der auf einer Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (7. Ausschuss) beruht13, wurde (erstmals) gesetzlich angeordnet, dass ein Erstattungsüberhang (u.a.) bezüglich der hier streitigen Beiträge zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen, dem Gesamtbetrag der Einkünfte hinzurechnen ist (quasi als „achte Einkunftsart“)14. Dass ein Erstattungsüberhang bei der Rückzahlung von Beiträgen durch eine berufsständische Versorgungseinrichtung nicht dem Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 10 Abs. 4b Satz 4 EStG 2012 hinzuzurechnen ist (sondern im Rahmen einer Einkunftsart im Sinne von § 2 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen ist [z.B. nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG 2006]), lässt sich weder dem Wortlaut, noch der Entstehungsgeschichte und auch nicht dem Sinn und Zweck der Vorschrift entnehmen. Im Übrigen entspricht es der Zielsetzung des Gesetzgebers, mit der Einfügung des § 10 Abs. 4b EStG 2012 das Problem mit der Erstattung gleichartiger Sonderausgaben -damit auch der Erstattung von Beiträgen einer berufsständischen Versorgungseinrichtung (wie z.B. des Versorgungswerks)- (erstmals) und umfassend zu lösen.
Unberührt von den zuvor darlegten Erwägungen ist die vom Versorgungswerk an den Kläger als Alleinerben der Erblasserin geleistete Beitragsrückgewähr gemäß § 15 Abs. 1 der Satzung 2005 keine andere Leistung im Sinne von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 1 EStG 2006.
Nach dieser Vorschrift rechnen zu den sonstigen Einkünften Leibrenten und andere Leistungen, die aus den berufsständischen Versorgungseinrichtungen erbracht werden, soweit sie jeweils der Besteuerung unterliegen.
Die Erweiterung der Vorschrift des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG (2006) auch auf andere Leistungen als Leibrenten erfolgte im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens des AltEinkG auf Vorschlag des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, um vor allem die Besteuerung von Teilkapitalisierungen, die bei berufsständischen Versorgungseinrichtungen zulässig sind, zu ermöglichen15. Durch die weite Formulierung „andere Leistungen“ sind z.B. auch Kinderzuschüsse, die eine berufsständische Versorgungseinrichtung ihren Mitgliedern satzungsgemäß gewährt, von der Besteuerung gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchstabe aa Satz 1 EStG (2006) umfasst16.
Der Bundesfinanzhof hat in seinem Beschluss vom 18. August 201017 des Weiteren ausgeführt, dass andere Leistungen einer berufsständischen Versorgungseinrichtung, wenn sie Leistungen erbringt, die mit denen der gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sind, nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 1 EStG (2006) steuerbar sind. Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, dass andere Leistungen aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen nach dem Wortlaut des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 1 EStG (2006) unabhängig davon der Besteuerung unterliegen, ob die Beiträge an berufsständische Versorgungseinrichtungen als Sonderausgaben gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG (2006) berücksichtigt wurden18. Die Besteuerung der anderen Leistungen erfolge demzufolge auch dann nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG (2006), wenn die berufsständische Versorgungseinrichtung keine den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbracht habe und damit die Abziehbarkeit der Beiträge als Sonderausgaben nicht zulässig sei19.
Die Finanzverwaltung hat eine Aufstellung der berufsständischen Versorgungseinrichtungen veröffentlicht20, nach der auch das – im vorliegenden Streifall maßgebliche – Versorgungswerk der Zahnärztekammer (im Streitjahr 2006) den gesetzlichen Rentenversicherungen „vergleichbare“ Leistungen erbringt21. Erläuterungen zu den Gründen hierfür wurden nicht veröffentlicht22.
Zu den anderen Leistungen im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG (2006) rechnen nach Auffassung der Finanzverwaltung neben Kapitalauszahlungen, Abfindungen für Witwen- und Witwerrenten, Sterbegeldern, Abfindungen für Kleinstrenten auch Beitragsrückerstattungen von berufsständischen Versorgungseinrichtungen23.
Auch unter Berücksichtigung dieser Erwägungen handelt es sich bei der Beitragsrückzahlung gemäß § 15 Abs. 1 der Satzung 2005 an den Kläger nicht um eine andere Leistung im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 1 EStG (2006) des Versorgungswerks. In diesem Zusammenhang kann das Finanzgericht Baden-Württemberg offen lassen, ob das Versorgungswerk nach der für das Streitjahr maßgeblichen Satzung 2005 den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringt, bzw. ob die Beiträge zugunsten des Versorgungswerks den an die gesetzliche Rentenversicherung zu zahlenden Beiträgen vergleichbar sind24. Denn es handelt sich bei der streitigen Beitragsrückzahlung -unabhängig von der Beantwortung der zuvor dargelegten Rechtsfrage- nicht um eine Einnahme des Klägers im Rahmen der Basisversorgung, wie für die Annahme einer anderen Leistung aus den berufsständischen Versorgungseinrichtungen erforderlich. Die Leistung erfolgte nicht zur bzw. im Rahmen einer (Basis-)Versorgung des Empfängers (des Klägers), wie sie den in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG (2006) genannten Einnahmen immanent ist25.
Die Beitragsrückgewähr erfolgte im Streitfall gemäß § 15 Abs. 1 der Satzung 2005. Der Anspruch auf Beitragsrückgewähr entstand mit dem Tod der Erblasserin im Streitjahr, weil die Erblasserin vor Beginn der Zahlung der Altersrente im Jahr 2008 (in dem sie das 65. Lebensjahr vollendet hätte) verstorben ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 der Satzung 2005).
Bei der Beitragsrückgewähr handelt es sich demzufolge nicht um eine Kapitalablösung (Abfindung) der Altersrente gemäß § 13 Abs. 3 der Satzung 2005, die zur Annahme einer anderen Leistung im Sinne von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG (2006) geführt hätte26. Eine Abfindung liegt schon deshalb nicht vor, weil die Erblasserin den Beginn der Rentenzahlung im Jahr 2008 nicht erlebt hat, wie er für das Entstehen des Anspruchs auf eine Abfindung (Kapitalablösung) anstelle der Zahlung einer Altersrente erforderlich ist (Art. 13 Abs. 3 der Satzung 2005). Nach dem Wortlaut des § 13 Abs. 3 der Satzung 2005 sollen z.B. nicht bloße Rentenanwartschaften abgefunden werden27.
Die Beitragsrückgewähr beruht nicht auf einem Rechtsanspruch, der ohne ausdrückliche satzungsmäßige Regelung (hier: § 15 Abs. 1 der Satzung 2005) aus dem Versicherungsverhältnis zwischen dem Versorgungswerk B und der Erblasserin hätte abgeleitet werden können. Denn das Risiko, bei Nichterfüllung der zeitlichen (oder sonstigen) Voraussetzungen den Versicherungsschutz zu verlieren (hier: den Anspruch auf eine Altersrente oder eine Kapitalablösung nach § 13 der Satzung 2005 durch den Tod der Erblasserin vor Vollendung des 65. Lebensjahres) gehört zum Wesen der Versicherung28. Die Beitragsrückerstattung nach § 15 Abs. 1 der Satzung 2005 ist vielmehr ausschließlich eine Billigkeitsmaßnahme, die dem Versicherten (bzw. dem Erben der Versicherten [wie im Streitfall dem Kläger als Erben der versicherten Erblasserin]) das Gefühl ersparen soll, die Beiträge seien von der Erblasserin „umsonst“ gezahlt worden29. Dagegen kann die Beitragsrückerstattung naturgemäß selbst nicht -wie für die Anwendung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG (2006) notwendig- der Verwirklichung der Altersversorgung des Erstattungsberechtigten dienen, und sie ist auch unabhängig von dessen eigener Altersversorgung30. Es handelt sich bei der hier in Rede stehenden Beitragsrückzahlung um einen einmaligen Vermögenszugang beim Kläger, mit dem keine wiederkehrende Leistungen in Gestalt einer Altersrente abgegolten werden sollten, sondern um eine neutrale Kapitalzahlung. Dies wird dadurch bestätigt, dass die im Jahr 2005 von der Erblasserin gezahlten -und nicht zurückgezahlten- Beiträge31 für die Erblasserin und den Kläger verloren sind. Läge eine -den Versorgungsgedanken ausfüllende- „Witwerversorgung“ vor, müssten diese berücksichtigt sein.
Des Weiteren spricht gegen die Annahme, die Beitragsrückerstattung sei eine andere Leistung im Sinne von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Satz 1 EStG (2006), dass sie von vorneherein keine Leistung im Sinne einer Altersversorgung ist. Denn sie wurde -im Hinblick auf den die Vorschrift § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG (2006) beherrschenden Vorsorgungsgedanken atypisch (wesensfremd)- dem Kläger nur als Erben der Erblasserin und nicht als Versichertem (Hinterbliebenem) einer Basisversorgung gewährt. Sie diente nicht -wie für den Versicherungsschutz gegen das Risiko Alter typisch- der Witwerversorgung des Klägers (s. § 16 der Satzung 2005)32.
Im Übrigen indiziert der Umstand, dass die Beitragsrückzahlung im Streitfall an den Kläger nur als Erben gezahlt wurde (und nicht an ihn als Witwer), dass es sich um eine -für eine Altersversorgung wesensfremde- Vermögensbildungsgestaltung handelt33. Ein solche Leistung beinhaltet eher eine vererbbare Kapitalanlage, die nach dem Willen des Gesetzgebers gerade nicht unter § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG (2006) fallen soll34, und die nicht eine (andere) Leistung i.S.d. zuvor genannten Vorschrift darstellt, die der Absicherung des Klägers als Hinterbliebener der Erblasserin dienen soll.
Abschließend weist das Finanzgericht Baden-Württemberg noch daraufhin, dass die streitige Beitragsrückrückzahlung gemäß § 15 Abs. 1 der Satzung 2005 in wesentlichen Punkten nicht der Beitragsrückerstattung aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 210 Sozialgesetzbuch -Gesetzliche Rentenversicherung- SGB VI entspricht35.
- Nach § 210 Abs. 1 Nr. 3 SGB VI haben Witwen, Witwer, überlebende Lebenspartner und Waisen ein Erstattungsrecht36. Dagegen hat nach § 15 der Satzung 2005 nur der Erbe des Versicherten einen Anspruch auf Beitragsrückzahlung.
- Nach § 210 SGB VI kann der Versicherte lediglich eine Beitragserstattung für 59 Kalendermonate erhalten37. Nach § 15 der Satzung 2005 gibt es keine vergleichbare zeitliche Beschränkung. So wurden im Streitfall die im Zeitraum von Mai 1968-Dezember 2004 und damit die in einem Zeitraum von über 36 Jahren (die nur zur Finanzierung einer Altersrente) gezahlten Beiträge vom Versorgungswerk B zurückgezahlt.
- Im Übrigen ist die Beitragsrückzahlung nach § 15 Abs. 1 der Satzung 2005 nicht -wie nach § 210 Abs. 2 SGB VI- von der Einhaltung einer 24-monatigen Wartefrist abhängig.
- Da die Beitragsrückzahlung gemäß § 15 Abs. 1 der Satzung 2005 nicht einer Beitragsrückerstattung gemäß § 210 SGB VI entspricht, kommt von vorneherein keine Steuerbefreiung nach dem am 19.12.2006 in Kraft getretenen § 3 Buchstabe c (i.V.m. Buchstabe b) EStG i.d.F. des JStG 200738 in Betracht.
Da nach den zuvor dargelegten Erwägungen die Beitragsrückzahlung nicht einkommensteuererhöhend zu berücksichtigen ist, kann das Finanzgericht Baden-Württemberg offen lassen, ob nicht auch die Grundsätze zur Vermeidung einer „doppelten Besteuerung“ der Besteuerung der Beitragsrückzahlung entgegenstehen39.
Infolgedessen kann das Finanzgericht Baden-Württemberg auch offen lassen, ob im Rahmen der Prüfung einer doppelten Besteuerung die Beantwortung der Frage von Bedeutung sein könnte, ob die von der Erblasserin an das Versorgungswerk B gezahlten Beiträge zur Finanzierung einer Altersrente zu Recht als (beschränkt abziehbare) Sonderausgaben im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG a.F. beurteilt wurden.
Sollte die im Jahr 1968 begründete Rechtsbeziehung zwischen der Erblasserin und dem Versorgungswerk B einem privaten Lebensversicherungsvertrag ähnlich sein40, wäre eine gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 (s. § 52 Abs. 36 Satz 5 EStG 2006)-insoweit allein in Betracht kommende- Besteuerung der Zinsen aus den Sparanteilen der bis zum 31.12.2004 von der Erblasserin gezahlten Beiträge rechtlich nicht zulässig41.
Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 16. August 2012 – 3 K 1651/10
- BFH, Urteil vom 21.07.2009 – X R 32/07, BStBl II 2010, 38; vgl. im Übrigen: Kulosa in: Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 10 EStG Rn. 42, jeweils mit weiteren Nachweisen[↩]
- vgl. für die Kirchensteuer: BFH, Urteile vom 07.07.2004 – XI R 10/04, BStBl II 2004, 1058; und vom 23.02.2005 – XI R 68/03, BFH/NV 2005, 1304[↩]
- vgl. hierzu insbesondere: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 10 Rdnr. B 57; Eck, Angelika, Erstattung von Sonderausgaben, Dissertation Passau 2006, S. 254[↩]
- BFH, Urteil in BStBl II 2010, 38; OFD Magdeburg, Verfügung vom 18.01.2010 – S 2221 A – 8 – St 218[↩]
- Krüger, Entscheidungen des Bundesfinanzhofs für die Praxis der Steuerberatung -BFH/PR- 2010, 6; Schuster in: jurisPR-SteuerR 48/2009 Anm. 1; OFD Magdeburg, Verfügung vom 18.01.2010 – S 2221 A – 8 – St 218[↩]
- Anm. o.V. in: HFR 1970, 267 zu: BFH, Urteil vom 20.02.1970 – VI R 11/68, BStBl II 1970, 314; so bereits § 91 Abs. 2 des Entwurfs eines Dritten Steuerreformgesetzes der Bundesregierung vom 08.01.1974, BT-Drs 7/1470, S. 60 unter Übernahme „der bisherigen Rechtslage“, BT-Drs 7/1470, S. 287 zu § 91 Abs. 2[↩]
- Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort: Sonderausgaben, Tz. 9; Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 10 Rn. B 137, jeweils mit Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung[↩]
- BFH, Urteil in BStBl II 2010,38[↩]
- BFH, Urteile in BStBl II 2010, 38; vom 20.01.1970 – VI R 11/68, BStBl II 1970, 275[↩]
- s. etwa: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 10 Rn. B 72; Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O. § 10 EStG Rn. 42 {E 47]; Trzaskalik in: Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 11 Rn. C 41 ff.; Eck, a.a.O., Seite 249 ff.; Schmidt/Heinicke, EStG, Kommentar, 32. Aufl., 2012, § 10 Rn. 7 und 8[↩]
- s. § 91 Abs. 2 des Entwurfs eines Dritten Steuerreformgesetzes vom 09.01.1974, BT-Drs 7/1470 S. 60 und 287; s. auch § 68 Abs. 2 des Entwurfs eines Dritten Steuerreformgesetzes, BT-Drs 7/1470 S. 50 und 280 [zu § 68 – Sonderausgaben Abs. 4[↩]
- BGBl I 2011, 2131, BStBl I 2011, 1949[↩]
- BT-Drs 17/6105 S. 9[↩]
- s. Scharfenberg/Marbes, DB 2011, 2282, zu II.6.; Nacke, DB 2011, 132, zu II.6.; Paintner, DStR 2011, 1877, zu 1.; Meyering/Gerhard, DStR 2012, 272; Schmidt/Heinicke, a.a.O., § 10 Rn. 8; Bericht des Finanzausschusses [7. Ausschuss], BT-Drs 17/6146 S. 14 zu Nummer 8 Buchstabe b [§ 10 Abs. 4b]; Gesetzentwurf der Bundesregierung, Bundesrats-Drucksache -BT-Drs- 54/11 S. 49 zu Buchstabe b[↩]
- vgl. Bericht des Finanzausschusses vom 29.04.2004, BT-Drs 15/3004, 19[↩]
- BFH, Urteil vom 31.08.2008 – X R 11/10, BStBl II 2012, 312[↩]
- BFH, Beschluss vom 18.08.2010 – X B 50/09, BFH/NV 2010, 2270, Gründe zu 2.[↩]
- Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O. § 10 Rn. E 360 ff[↩]
- in diesem Sinne: Risthaus in: Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 22 Rn. 282; Myßen/Finckh, -NWB F- 3 S. 14159 zu II.1.c[↩]
- BMF, Schreiben vom 03.11.2005 – IV C 4 – S 2221 – 298/05, BStBl I 2005, 1012, [1016][↩]
- vgl. insbesondere zur „Vergleichbarkeit“ der Regelungen zur Beitragsrückerstattung: Myßen/Ohletz, a.a.O., NWB F 3 S. 14795, zu IV.4.[↩]
- Myßen/Finckh, a.a.O., NWB F 3 S.14159 zu II.1.b[↩]
- BMF, Schreiben vom 24.02.2005 – IV C 3-S 2255-51/05, IV C 4-S 2221-37/05, IV C 5-S 2345-9/05, BStBl I 2005, 429 Tzn. 88-90[↩]
- Myßen, a.a.O., NWB F 3 S. 13095, zu II. 4; Hinweis auf die Neufassung der Beitragsrückzahlung nach § 30 der Satzung, gültig ab dem 1.01.2011, Bl. 61 ff. der FG-Akten[↩]
- BFH, Urteil vom 04.02.2010 X R 52/08, BFH/NV 2010, 1253[↩]
- Myßen/Finckh, a.a.O., NWB F 3 S. 14159 zu II.1.c; Nds. OVG, Beschluss vom 12.10.2011 – 8 PA 125/11[↩]
- Nds. OVG, Beschluss – 8 PA 125/11[↩]
- VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 17.12.1991 – 9 S 915/90; vom 15.08.1989 – 9 S 3268/87[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 28.11.1967 – 1 BvR 515/63, BVerfGE 22, 347[↩]
- BVerfG, Beschluss in BVerfGE 22, 347[↩]
- vgl. zu dieser Beschränkung: OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.06.2005 – 6 A 10465/94, NJW 1995, 3139[↩]
- Myßen, a.a.O., NWB F 3 S. 13095 II.5.c)jj)[2][↩]
- Blomeyer/Rolfs/Otto, Betriebsrentengesetz, Kommentar, 5. Aufl., § 1 Rn. 18 mit weiteren Nachweisen[↩]
- Myßen, a.a.O., NWB F 3 S. 13095 zu II.4.b[↩]
- zum Normzweck des § 210 SGB VI: s. Kreikebohm in: Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 2.Aufl., SGB VI 60 § 210 Rn. 1[↩]
- Grintsch in: Kreikebohm, SGB VI, Kommentar, 4. Aufl., § 210 Rn. 7 ff.[↩]
- vgl. Myßen, a.a.O., NWB F 3 S. 14795 zu IV.4.a cc[↩]
- BGBI 2006, 2878, BStBl I 2007, 28[↩]
- BFH, Beschluss in BFH/NV 2010, 2270; BVerfG, Beschluss vom 13.02.2008 – 2 BvR 1220/04, 2 BvR 410/05, BVerfGE 120, 160; Kulosa in: Herrmann/Heuer/Raupach, a.a.O., § 10 Rn. 346; Fischer in: Kirchhof, EStG, Kommentar, 11. Aufl., § 22 Rn. 44, jeweils mit umfangreichen Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung; Brall/Bruno-Latoscha/Lohmann, DRV 2003, 465 zu V.[↩]
- in diesem Sinne: OVG Saarland, Urteil vom 29.06.1998 – I R 387/96, NJW-RR 1999, 134[↩]
- BFH, Urteil vom 29.05.2012 – VIII R 16/10, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2013, 110; DB 2012, 2874[↩]