Gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG sind u.a. Leibrenten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen und aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen mit dem Besteuerungsanteil von 50 v.H. zu besteuern, wenn die Rente im Jahr 2005 oder in früheren Jahren begonnen hat.
Nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG kann aber auf Antrag für Leibrenten und andere Leistungen, soweit diese auf bis zum 31.12 2004 geleisteten Beiträgen beruhen, welche oberhalb des Betrags des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt wurden, der (niedrigere) Ertragsanteil, wie er sich aus der Tabelle zu Satz 4 dieser Vorschrift ergibt, angesetzt werden.
Der Steuerpflichtige muss nachweisen, dass der Betrag des Höchstbeitrags mindestens zehn Jahre überschritten wurde.
Wurden Beiträge in mehr als ein Altersvorsorgesystem einbezahlt, dann sind zur Beantwortung der Frage, ob der vorstehend genannte jährliche Höchstbeitrag überschritten wurde, die jährlichen Beiträge, welche zu Leibrenten und anderen Leistungen i.S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG führen können1 zusammenzurechnen2.
Umgekehrt muss aber, weil sich die anteilige Besteuerung nach den Regeln der Öffnungsklausel auf die einzelne Rente bezieht, der auf Beiträgen oberhalb des Betrags des Höchstbeitrags beruhende Teil der Leistung für jeden einzelnen Rentenanspruch getrennt ermittelt werden3.
Diese getrennte Ermittlung des auf jeden einzelnen Rentenanspruch entfallenden Teils, welcher auf Beiträgen oberhalb des jeweiligen Betrags des Höchstbeitrags beruht, macht es erforderlich, darüber zu entscheiden, welcher in Betracht kommenden Rentenversicherung oder berufsständischen Versorgungseinrichtung die Beiträge bis zum Betrag des jeweiligen Höchstbeitrags zuzuordnen sind.
Dies ist bisher ungeklärt. Die Finanzverwaltung geht im Fall des Zusammentreffens von Beiträgen zu mehr als einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sowie im Fall des Zusammentreffens von Beiträgen, die zu einer inländischen und zu einer ausländischen gesetzlichen Rentenversicherung geleistet wurden, von einem Zuordnungswahlrecht des Steuerpflichtigen aus4. Für die im vorliegenden Streitfall einschlägige Konstellation des Zusammentreffens von Beiträgen an eine inländische gesetzliche Rentenversicherung (bzw. an eine landwirtschaftliche Alterskasse)) un solchen, die an eine berufsständische Versorgungseinrichtung geleistet wurden, vertritt die Finanzverwaltung hingegen die Auffassung, es sei von einer vorrangigen Zuordnung der Beiträge bei der gesetzlichen Rentenversicherung auszugehen5. Die Literatur folgt im Ergebnis dieser Auffassung6.
Der Bundesfinanzhof schließt sich dieser Auffassung unter Berücksichtigung folgender Erwägungen an:
Den Revisionsklägern ist einzuräumen, dass die Fassung der Öffnungsklausel in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG nicht den Schluss zulässt, der Gesetzgeber habe das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Altersvorsorgesysteme bedacht. Demgemäß muss auch davon ausgegangen werden, dass er die Frage einer etwaigen vorrangigen Zuordnung von Beitragszahlungen zu dem jeweiligen maßgeblichen Höchstbeitrag der gesetzlichen Rentenversicherung nicht geklärt hat.
Dem Gesetzeswortlaut, wonach die Öffnungsklausel unter weiteren Voraussetzungen dann zur Anwendung gelangen kann, wenn und soweit für einen bestimmten Zeitraum Beiträge oberhalb des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung geleistet werden, kann nur entnommen werden, dass hierdurch definiert wird, ab welchem Betrag die für die Öffnungsklausel relevante Schwelle überschritten wird. Hingegen lässt sich aus der Erwähnung des Begriffs des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht ableiten, der Gesetzgeber habe im Falle des Zusammentreffens von Beitragszahlungen zu unterschiedlichen Altersvorsorgesystemen der Zuordnung zu den Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung einen Vorrang eingeräumt.
Auch aus dem Gesetzeszweck und der Gesetzeshistorie kann nicht auf die gesetzliche Anordnung eines Vorrangverhältnisses geschlossen werden. Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung der Öffnungsklausel den Bedenken des Bundesrats teilweise Rechnung getragen, welcher eingewandt hatte, dem Verbot der Doppelbesteuerung sei nicht in allen Fällen Rechnung getragen worden7. Soweit ersichtlich wurde im Rahmen des die Öffnungsklausel betreffenden Gesetzgebungsverfahrens der Gesichtspunkt des Zusammentreffens von Beitragszahlungen zu mehreren Versorgungseinrichtungen in einem Jahr unter Überschreitung des für dieses Jahr geltenden Höchstbeitrags nicht diskutiert. Das Gesetz ist daher in diesem Punkt lückenhaft. Soweit die Revisionskläger einwenden, das Zusammentreffen von Beiträgen zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung mit solchen zu einer gesetzlichen Rentenversicherung betreffe eine nicht seltene und daher nicht leicht zu übersehende Konstellation, berücksichtigen sie nicht, dass der Gesetzgeber mit dem Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) eine äußerst komplexe Materie zu regeln hatte.
Aus dem Bestehen einer Gesetzeslücke folgt entgegen der Annahme der Revisionskläger nicht, dass der einzelne Steuerpflichtige die Zuordnung nach seiner Wahl vornehmen darf. Vielmehr ist es Aufgabe des Bundesfinanzhofs, diese Lücke zu schließen.
Zwar ist wegen des Grundsatzes der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) sowie wegen des für staatliches Eingriffsrecht und damit auch für das Steuerrecht geltenden Grundsatzes des Vorbehalts des Gesetzes und des Bestimmtheitsgebots (Art.20 Abs. 3 GG) nur der Gesetzgeber, nicht aber die Verwaltung oder die Gerichte berechtigt, neue Eingriffstatbestände zu schaffen8.
Von einer fehlenden gesetzlichen Grundlage für die Anknüpfung der Steuer ist indes die Sachgesetzlichkeit der Steuerausgestaltung zu unterscheiden. Hat der Gesetzgeber eine Sachgesetzlichkeit statuiert, muss der Richter das Gesetz zu Ende denken, denn das Gebot der Folgerichtigkeit gilt nicht nur für den Gesetzgeber, sondern auch für den Gesetzesvollzug und die Rechtsprechung9. Die vom Gesetzgeber getroffene Belastungsentscheidung ist folgerichtig umzusetzen10.
Um eine solche folgerichtige Umsetzung der gesetzgeberischen Grundentscheidung im AltEinkG geht es hier. Der Bundesfinanzhof muss daher die vorhandene Gesetzeslücke unter Beachtung der gesetzlichen Grundwertungen und des Gesetzeszwecks sowie der Gesetzesentwicklung schließen.
Gemessen an diesen Grundsätzen hält der Bundesfinanzhof es für zutreffend, im Fall der Konkurrenz von Beiträgen zur inländischen gesetzlichen Rentenversicherung mit solchen zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung im Rahmen der Prüfung der Öffnungsklausel Beiträge bis zum jeweiligen Höchstbeitrag vorrangig der gesetzlichen Rentenversicherung zuzuordnen. Der Bundesfinanzhof sieht für diesen Fall keinen Raum für ein Zuordnungswahlrecht des Steuerpflichtigen oder für eine anteilige Zuordnung des den jeweiligen Höchstbeitrag übersteigenden Teils zu dem jeweiligen Versorgungssystem nach mathematischen Grundsätzen. Auch ist nicht entscheidend, in welcher zeitlichen Reihenfolge der jeweilige Steuerpflichtige seine bestehende Altersvorsorge durch Einzahlungen in ein anderes Vorsorgesystem ergänzt hat.
Hierbei geht der Bundesfinanzhof im ersten Schritt von der Erwägung aus, dass die Aufgabe der Übergangsregelung, zu deren Bestandteil auch die Öffnungsklausel gehört, darin besteht, die bestehenden unterschiedlichen Altersvorsorge- und Alterseinkünftesysteme in das System der nachgelagerten Besteuerung zu überführen. In diesem Zusammenhang hatte der Gesetzgeber komplexe Lebenssachverhalte zu regeln. Zu deren Bewältigung ist dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum eingeräumt. Insbesondere darf er, sofern er auch im Einzelfall das Verbot der Doppelbesteuerung beachtet, generalisierende und grobe Typisierungen vornehmen und sich an den Notwendigkeiten einfacher, praktikabler und gesamtwirtschaftlich tragfähiger Lösungen orientieren11.
Auch die Öffnungsklausel des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG ist eine solche grobmaschige typisierende Regelung, die lediglich abstrakt der Gefahr einer doppelten Besteuerung begegnen will, und zwar unabhängig davon, ob im konkreten Einzelfall eine solche Gefahr droht, weshalb die Einhaltung des Doppelbesteuerungsverbots stets zusätzlich zu prüfen ist12.
Die Gesetzeshistorie ist ein gewichtiges Indiz dafür, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, die von ihm geschaffene Übergangsregelung beachte in ausreichender Weise das Verbot der Doppelbesteuerung grundsätzlich auch bei selbständig tätigen Steuerpflichtigen. Es bedürfe daher einer besonderen Regelung betreffend die Öffnungsklausel typisierend betrachtet (nur) wegen möglicher Besonderheiten im Bereich der berufsständischen Versorgungseinrichtungen.
Der Gesetzgeber ist nämlich in seinem Gesetzesentwurf zum AltEinkG in der Übergangsregelung zur nachgelagerten Besteuerung in Fällen des Bezugs von Renten aus der gesetzlichen Altersversicherung, aus landwirtschaftlichen Alterskassen und von berufsständischen Versorgungswerken von Besteuerungsanteilen ausgegangen, deren jeweilige Höhe nur vom Jahr des Rentenbeginns abhängig ist. Er hat insbesondere nicht danach differenziert, ob bzw. in welchem Umfang der betroffene Rentenbezieher in seinem Erwerbsleben selbständig oder nichtselbständig tätig war13.
Der Gesetzgeber hat sich mit seinem Gesetzesentwurf an den Abschlussbericht der von ihm eingesetzten Kommission zur Neuordnung der steuerlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen14 orientiert. Die Sachverständigenkommission hat Modellberechnungen angestellt. Für diese hat es einen alleinstehenden Arbeitnehmer unterstellt, der für die Dauer seines Erwerbslebens von 44 Jahren ein Einkommen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze erzielt und damit immer die Höchstbeiträge zur gesetzlichen inländischen Rentenversicherung leistet. Für die Rentenbezugsphase hat die Sachverständigenkommission die Bruttorente in einen steuerfreien und einen zu versteuernden Anteil aufgeteilt. Dabei hat sie den steuerfreien Anteil auf der Grundlage des für die jeweilige Rentnerkohorte geltenden Besteuerungsmodus ermittelt. Auch hat sie die hierbei festgestellten Ergebnisse mit denjenigen eines Selbständigen verglichen, der ebenfalls Altersvorsorgebeiträge im Umfang des jeweiligen Höchstbeitrags zur gesetzlichen inländischen Versicherung geleistet hat. Hierzu hat sie die Auffassung vertreten, es liege keine (unzulässige) Zweifachbesteuerung vor, wenn die steuerfreie Rentensumme mindestens die Summe der aus versteuertem Einkommen geleisteten Beiträge erreiche15.
Hiergegen hat der Bundesrat16 eingewandt, das Verbot der Zweifachbesteuerung sei bei bestimmten Personengruppen nicht sichergestellt. Von einer Zweifachbesteuerung betroffen seien Selbständige, die in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert seien. Zu dieser Gruppe zählten insbesondere selbständig tätige Handwerker. Betroffen seien auch Selbständige, die freiwillig in die gesetzliche Pflichtversicherung eingetreten seien. Auch rechneten hierzu Selbständige, die Beiträge an berufsständische Versorgungswerke zu erbringen hätten. Im Gegensatz zu Arbeitnehmern, die nach § 3 Nr. 62 EStG steuerfreie Arbeitgeberbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung erhielten, bewirke bei Selbständigen der dieser Personengruppe zustehende Vorwegabzug nur eine teilweise Entlastung, weshalb davon auszugehen sei, dass Selbständige ihre Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu einem wesentlichen Teil aus versteuertem Einkommen zu leisten hätten. Auch sei von einzelnen berufsständischen Versorgungseinrichtungen bekannt, dass nach deren Satzung Pflichtbeiträge in Höhe der 2, 5-fachen Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung erhoben würden.
Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestags17 hat ausdrücklich den von der Fraktion der FDP gestellten Antrag abgelehnt, die Rente von Rentenbeziehern, die als Selbständige tätig gewesen seien, wozu Selbständige, die in der gesetzlichen Rentenversicherung als Pflichtmitglied oder freiwillig versichert gewesen seien und Selbständige in berufsständischen Versorgungseinrichtungen zählten, mit einem geringeren Besteuerungsanteil von 30 v.H. der Besteuerung zu unterwerfen. Stattdessen hat der Finanzausschuss und ihm folgend das Plenum des Deutschen Bundestags eine Regelung beschlossen, die der jetzigen Fassung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG entspricht. Der Finanzausschuss hat hierzu ausgeführt, die Regelung betreffe insbesondere Empfänger von Leistungen aus berufsständischen Versorgungswerken. Sie trage dem Umstand Rechnung, dass es in wenigen Einzelfällen, zum Beispiel bei sehr hohen Beiträgen an ein berufsständisches Versorgungswerk (ohne die vorgeschlagene Ergänzung) zu einer Zweifachbesteuerung komme. Im Regelfall seien die Beiträge aus versteuertem Einkommen nicht höher als der Mindestbetrag für einen steuerfreien Rentenbezug.
Unter Berücksichtigung der vorstehend geschilderten Gesetzeshistorie hält es der Bundesfinanzhof für sachgerecht, typisierend und damit ohne Rücksicht auf die Auswirkung im konkreten Einzelfall im Fall des Überschreitens des jeweiligen Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung durch Beiträge, die einerseits in eine inländische gesetzliche Rentenversicherung und andererseits in ein berufsständisches Versorgungswerk geleistet wurden, dem Betrag des Höchstbeitrags der Rentenversicherung vorrangig die tatsächlich geleisteten Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zuzuordnen.
Eine solche Zuordnung berücksichtigt die typisierende Annahme des Gesetzgebers, bei Beiträgen in die inländische gesetzliche Rentenversicherung bis zum Erreichen des jährlichen Höchstbeitrags sei das Verbot der Doppelbesteuerung auch dann beachtet, wenn solche Beiträge von Selbständigen als Pflicht- oder freiwillige Beiträge erbracht wurden. Der Festlegung eines besonderen Besteuerungsanteils für diese Personengruppe bedürfe es daher nicht. Dementsprechend hat die vom Bundesfinanzhof vorgenommene Zuordnung zur Folge, dass eine Rente, die auf Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung beruht, soweit diese den Schwellenwert des jährlichen Betrags des Höchstbeitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht übersteigen, in vollem Umfang dem Besteuerungsanteil des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG unterliegt. Umgekehrt bewirkt eine solche Zuordnung, dass an ein berufsständisches Versorgungswerk geleistete Beiträge, soweit sie nicht nach ergänzender Berücksichtigung unterhalb des Schwellenwerts verbleiben, mit dem günstigeren Ertragsanteil der Besteuerung zugeführt werden, soweit auch die weiteren Voraussetzungen des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 2 EStG erfüllt sind. Dieser Ertragsanteil beträgt beispielsweise bei einem Steuerpflichtigen, dessen Rente mit Erreichen des 65. Lebensjahrs beginnt, nur 18 v.H. und erfasst damit nur Erträge aus dem Rentenrecht18. Diese günstigere Behandlung berücksichtigt die typisierende Annahme des Gesetzgebers, dass gerade auf hohen Beiträgen zu berufsständigen Versorgungseinrichtungen beruhende Renten sonst vom Verbot der Doppelbesteuerung betroffen sein könnten.
Angesichts dieser im Gesetz zum Ausdruck gekommenen typisierenden Wertung ist für eine umgekehrte Zuordnung, also die vorrangige Zuordnung von Beiträgen zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen vor solchen zur gesetzlichen Rentenversicherung, kein Raum, weil sie im Ergebnis gerade auf Beitragszahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung beruhende Renten begünstigte und damit erkennbar im Widerspruch zur gesetzgeberischen typisierenden Wertung stünde. Auch ist in einem solchen Fall dem Steuerpflichtigen kein Zuordnungswahlrecht einzuräumen, weil ein solches eine der gesetzlichen Typisierung widersprechende Zuordnung ermöglichte. Soweit der Steuerpflichtige wegen der Versagung der vorrangigen Zuordnung der Beiträge zur berufsständischen Versorgungseinrichtung steuerlich schlechter gestellt ist, ist dieser im konkreten Einzelfall gegebene Nachteil im Hinblick auf die gesetzliche Typisierung hinzunehmen, zumal auch im konkreten Einzelfall die Einhaltung des Doppelbesteuerungsverbots zu beachten ist.
Auch andere Zuordnungsmaßstäbe scheiden aus. Eine Zuordnung unter Berücksichtigung des Gesichtspunkts, zu welcher Altersvorsorgeeinrichtung zuerst Beiträge geleistet und welche erst später zur Ergänzung der Altersversorgung erbracht wurden, kommt nicht in Betracht, weshalb sich im Streitfall die vorrangige Zuordnung der Beiträge zum Versorgungswerk auch nicht damit begründen lässt. Auf den Gesichtspunkt, auf welche Weise der Steuerpflichtige im konkreten Einzelfall seine Altersvorsorge zuerst betrieben hat, stellt das Gesetz unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks und der Gesetzeshistorie ersichtlich nicht ab. Auch eine Verteilung der Beitragszahlung nach genauen mathematischen Maßstäben und unter Berücksichtigung, in welchem Umfang Beitragszahlungen zum jeweiligen Versorgungssystem zum Übersteigen des Betrags des Höchstbeitrags der gesetzlichen Rentenversicherung beigetragen haben, kommt nicht in Betracht. Sie würde die Anwendung der Öffnungsklausel unnötig komplizieren und zudem die vorstehend dargelegte typisierende Wertung des Gesetzgebers unberücksichtigt lassen.
Das gefundene Ergebnis berücksichtigt auch den Gesichtspunkt der Handhabbarkeit und der Praktikabilität. Die Auffassung der Revisionskläger, die Schwierigkeit der vorzunehmenden Berechnung hänge nicht davon ab, wie die Beiträge zugeordnet würden, verengt die Problematik auf den konkreten Einzelfall. Sie lässt außer Acht, dass es im Interesse der betroffenen Versorgungseinrichtungen, die wegen des Ausstellens von Bescheinigungen die Hauptlast der Handhabung der Öffnungsklausel tragen, über den Einzelfall hinausgreifend verlässlicher Vorgaben zu deren Handhabung bedarf.
Der Bundesfinanzhof lässt offen, ob die Finanzverwaltung zu Recht bei Beiträgen an mehr als eine berufsständische Versorgungseinrichtung und Beiträgen zu einer inländischen und solchen an eine ausländische gesetzliche Rentenversicherung dem Steuerpflichtigen ein Zuordnungswahlrecht einräumt19. Aus der unterschiedlichen Behandlung dieser Fallgruppen zu der vorliegend zu beurteilenden Konstellation lässt sich keine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG oder eine europarechtlich unzulässige Inländerdiskriminierung herleiten.
Nach dem Urteil des BVerfG in BVerfGE 105, 73 muss die steuerliche Behandlung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen „in jedem Fall“ so aufeinander abgestimmt werden, dass eine doppelte Besteuerung vermieden wird.
Hierbei kommt es jedoch nicht darauf an, ob die in einem einzelnen Jahr geleisteten Vorsorgeaufwendungen zum Teil aus zu versteuerndem Einkommen zu leisten waren. Maßgebend ist vielmehr, ob bei einer Gesamtbetrachtung der Zufluss steuerbefreiter Rentenbezüge hinter den aus versteuertem Einkommen geleisteten Vorsorgeaufwendungen zurückbleibt. Dementsprechend wird eine unzulässige Doppelbesteuerung jedenfalls vermieden, wenn Rentenbezüge wenigstens in Höhe der aus versteuertem Einkommen geleisteten Vorsorgeaufwendungen steuerfrei bleiben20.
Dies ist u.a. dann der Fall, wenn im konkreten Einzelfall bereits aufgrund der bisher erlangten Rentenzahlungen festgestellt werden kann, dass der Teil der Rente, der auf bereits versteuertem Einkommen beruht, nicht der Besteuerung unterworfen wurde21. Hierbei sind entgegen der Annahme des Finanzgericht auch auf Rentenerhöhungen beruhende Renteneinnahmen in die Berechnung einzubeziehen, weil auch auf Rentenerhöhungen beruhende Renteneinnahmen Ergebnis geleisteter Vorsorgeaufwendungen sind.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 17. November 2015 – X R 40/13
- zur Abgrenzung vgl. BFH, Urteil in BFHE 228, 326, BStBl II 2011, 579, unter IV.02. der Gründe[↩]
- allgemeine Meinung; vgl. z.B. Killat-Risthaus in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 22 Rz 314; Schmidt/Weber-Grellet, EStG, 34. Aufl., § 22 Rz 95; BMF, Schreiben in BStBl I 2013, 1087, Rz 242[↩]
- ebenfalls allgemeine Meinung; vgl. z.B. Killat-Risthaus, a.a.O., § 22 Rz 318; Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 22 Rz 95; BMF, Schreiben in BStBl I 2013, 1087, Rz 248[↩]
- BMF, Schreiben in BStBl I 2013, 1087, Rz 251, 252[↩]
- BMF, Schreiben in BStBl I 2013, 1087, Rz 253, 254[↩]
- Fischer in Kirchhof, EStG, 14. Aufl., § 22 Rz 47; Killat-Risthaus, a.a.O., § 22 Rz 316; Myßen/Wolter, NWB 2011, 280, 297; Schmidt/Weber-Grellet, a.a.O., § 22 Rz 95[↩]
- BT-Drs. 15/2563, S. 8, Anlage 2[↩]
- BVerfG, Kammerbeschluss vom 14.08.1996 – 2 BvR 2088/93, NJW 1996, 3146; BFH, Urteil vom 07.02.2007 – I R 5/05, BFHE 216, 530, BStBl II 2007, 796, und allgemein Drüen in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 4 Rz 360 ff.[↩]
- BVerfG, Beschluss vom 29.10.1999 2 BvR 1264/90, BVerfGE 101, 132, und allgemein Drüen in Tipke/Kruse, a.a.O., § 4 Rz 362a[↩]
- BVerfG, Urteil vom 27.06.1991 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, 271; BVerfG, Beschluss vom 30.09.1998 2 BvR 1818/91, BVerfGE 99, 88, 94; BFH, Vorlagebeschluss an den Großen Senat des BFH vom 12.05.2004 – X R 59/00, BFHE 206, 179, BStBl II 2004, 607; und BFH, Urteil vom 12.07.2007 – X R 34/05, BFHE 218, 349, BStBl II 2007, 775[↩]
- BVerfG, Urteil vom 06.03.2002 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73, unter D.II., und BFH, Urteil in BFHE 228, 326, BStBl II 2011, 579, unter II. der Urteilsgründe[↩]
- BFH, Urteile vom 18.05.2010 – X R 1/09, BFH/NV 2010, 1803, unter II. 2.d der Urteilsgründe, und – X R 29/09, BFHE 229, 309, BStBl II 2011, 591, unter II. 2.b cc der Urteilsgründe, sowie BFH, Beschluss vom 08.10.2013 – X B 217/12, BFH/NV 2014, 41[↩]
- Entwurf des AltEinkG, BT-Drs. 15/2150, S. 25[↩]
- -Sachverständigenkommission-, Schriftenreihe des BMF Bd. 74[↩]
- Schriftenreihe des BMF, Bd. 74, S. 52 ff. und Anlagen 1 bis 9[↩]
- BT-Drs. 15/2563, Anlage 2, S. 8[↩]
- vgl. Ausschussbericht, BT-Drs. 15/3004, S. 12 f.[↩]
- Killat-Risthaus, a.a.O., § 22 Rz 302[↩]
- BMF, Schreiben in BStBl I 2013, 1087, Rz 251 und 252[↩]
- BFH, Beschluss vom 27.05.2015 – X B 168/14, BFH/NV 2015, 1369, unter II. 1.b aa aaa[↩]
- BFH, Urteil vom 26.11.2008 – X R 15/07, BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710, und BFH, Beschluss vom 18.08.2010 – X B 50/09, BFH/NV 2010, 2270[↩]