Landeszuweisungen an eine Gemeinde zur Errichtung einer Anlegebrücke für den öffentlichen Fährverkehr sind kein Entgelt, wenn sie nicht für eine Leistung der Gemeinde, sondern aus strukturpolitischen Gründen zur Förderung der Verkehrsinfrastruktur gezahlt werden.
Ein steuerbarer Umsatz in Form einer Leistung gegen Entgelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt voraus, dass der Leistungsempfänger identifizierbar sein und einen Vorteil erhalten muss, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems führt1.
Ein steuerbarer Umsatz in Form einer Leistung gegen Entgelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG setzt voraus, dass der Leistungsempfänger identifizierbar sein und einen Vorteil erhalten muss, der zu einem Verbrauch im Sinne des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems führt1.
Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG a.F. gehörte „zum Entgelt [auch], was ein anderer als der Leistungsempfänger dem Unternehmer für die Leistung gewährt“.
Dies setzte Art. 73 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL) um, wonach zur Besteuerungsgrundlage alles zählt, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der Lieferer oder Dienstleistende für diese Umsätze vom Abnehmer oder Dienstleistungsempfänger oder von einem Dritten erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen2. Die Bestimmung betrifft Fallkonstellationen mit drei Beteiligten: die Person (öffentliche Einrichtung), die die Subvention gewährt, den Wirtschaftsteilnehmer, der die Subvention erhält, und den Empfänger der vom subventionierten Wirtschaftsbeteiligten erbrachten Leistung3. Es werden Subventionen erfasst, die vollständig oder teilweise die Gegenleistung für den Umsatz sind und dem Leistenden von einem Dritten gezahlt werden4. Alle anderen Subventionen werden nicht davon erfasst5.
Unabhängig von dieser besonderen Situation ist Besteuerungsgrundlage einer Leistung alles, was als Gegenleistung für die Leistung empfangen wird6.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs7 gehören Zahlungen der öffentlichen Hand an einen Unternehmer, der Leistungen an Dritte erbringt -unabhängig von der Bezeichnung als „Zuschuss“-, gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG a.F. zum Entgelt für diese Umsätze, wenn
- der Zuschuss dem Leistungsempfänger zugutekommt,
- der Zuschuss gerade für die Erbringung einer bestimmten Leistung gezahlt wird und
- mit der Verpflichtung der den Zuschuss gewährenden Stelle zur Zuschusszahlung das Recht des Zahlungsempfängers (Unternehmers) auf Auszahlung des Zuschusses einhergeht, wenn er einen steuerbaren Umsatz bewirkt hat.
Auch wenn aus dem der Förderung zugrundeliegenden Rechtsverhältnis erkennbar ist, welche konkrete Handlung den Auslöser für die festgesetzte Zahlung darstellt, liegt trotzdem ein echter Zuschuss vor, wenn die Subventionszahlung vorrangig zur allgemeinen Förderung aus strukturpolitischen Gründen (hier: Förderung der Verkehrsinfrastruktur durch die Errichtung einer Anlegerbrücke) erfolgt und die Verbindung zwischen der Errichtung der Einrichtung und der Zahlung eine bloß technische Anknüpfung darstellt.
Der Einwand des Finanzamtes, der Zuschuss habe preisauffüllenden Charakter, da er die Höhe des zu finanzierenden Anteils an den Baukosten beeinflusse, greift schon deshalb nicht, weil er von einem Sachverhalt ausgeht, der den Vereinbarungen nicht entspricht und den das Finanzgericht so nicht festgestellt hat. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts haben der Kreis und die Stadt A die Höhe ihrer Zuweisungen vorab betragsmäßig festgelegt. Eine Erhöhung der Kreiszuweisung für den Fall, dass die Landeszuweisung nicht gezahlt wird, war in der Vereinbarung mit K gerade nicht vorgesehen. Dies wird durch den Umstand bestätigt, dass aufgrund der Versagung des Vorsteuerabzugs der Kreis -anders als die Z-GmbH- seinen Zuschuss nicht erhöht hat. Auch die städtische Zuweisung beruht nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts nicht auf einer Vereinbarung, die eine Erhöhung im Falle der Versagung der Landeszuweisung vorgesehen hätte. Hätte die Z-GmbH keinen Zuschuss gezahlt, wäre die Finanzierung gescheitert und die Gemeinde hätte die von K bereits gezahlten Mittel unverzüglich zurückerstatten müssen.
Als nicht durchgreifend erweist sich außerdem der Einwand des Finanzamtes, es sei nicht darauf abzustellen, ob die Förderung beabsichtigt war; vielmehr komme es allein darauf an, ob der Leistungsempfänger einen um die Subvention geminderten Preis zu zahlen habe. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs wird auch beim Entgelt von dritter Seite die Abgrenzung von Entgelt und „echtem Zuschuss“ nach der Person des Bedachten und dem Förderungsziel vorgenommen; bloß technische Anknüpfungen von Förderungsmaßnahmen an Leistungen eines Unternehmers führen nicht dazu, die Förderung zum (zusätzlichen) Entgelt „für die Leistungen“ zu machen, wenn das Förderungsziel nicht die Subvention der Preise zugunsten der Abnehmer, sondern die Subvention des leistenden Unternehmers ist8.
Ziel der Förderung war im vorliegenden Fall nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts nicht, dass für die Errichtung beziehungsweise Überlassung der Anlegebrücke ein niedrigerer Preis gezahlt werden musste, sondern dass die bisherige Anlegestelle erhalten und damit die Gemeinde (als leistende Unternehmerin) an den ÖPNV (Fährverkehr) angeschlossen bleibt. Dies war ohne den Zuschuss nicht gewährleistet; denn wenn die Gesamtfinanzierung gescheitert wäre, hätten der Landkreis eine höhere Zuweisung gezahlt, sondern die Finanzierung wäre gescheitert (und die Anlegestelle im Gebiet der Gemeinde wäre nicht neu errichtet worden).
Soweit das Finanzamt in der Einspruchsentscheidung die Alternativüberlegung angestellt hat, dass ein Entgelt von dritter Seite vorläge, wenn der Lieferant den Subventionsantrag gestellt hätte, und es keinen Unterschied machen könne, dass statt des Lieferanten die Gemeinde den Zuschuss beantragt hat, greift diese Erwägung schon deshalb nicht durch, weil der Steuerpflichtige bei einer Wahlmöglichkeit zwischen zwei Umsätzen nicht verpflichtet ist, den Umsatz zu wählen, der die höhere Umsatzsteuer nach sich zieht, sondern das Recht hat, seine Tätigkeit so zu gestalten, dass er seine Steuerschuld in Grenzen hält. Insbesondere können die Steuerpflichtigen die Organisationsstrukturen und die Geschäftsmodelle, die sie als für ihre wirtschaftlichen Tätigkeiten und zur Begrenzung ihrer Steuerlast am besten geeignet erachten, im Allgemeinen frei wählen9. Überdies würde wohl auch aus Sicht des Finanzamtes wirtschaftlich gesehen ein anderes Ergebnis eintreten, wenn die vorsteuerabzugsberechtigte X-GmbH den Zuschuss beantragt und an die Gemeinde weitergeleitet hätte.
Nicht ausdrücklich auseinandergesetzt hat sich das Finanzgericht bei seiner Beurteilung zwar damit, dass die Gemeinde auch eine steuerpflichtige Leistung an die X-GmbH erbringt, sodass in Betracht kommt, dass die Zahlung der Z-GmbH preisauffüllenden Charakter im Hinblick auf die entgeltliche Nutzungsüberlassung an die X-GmbH haben könnte10. Allerdings hat das Finanzgericht angenommen, dass die Zahlung vorrangig zur allgemeinen Förderung der Gemeinde aus strukturpolitischen Gründen (Förderung der Verkehrsinfrastruktur) erfolgt sei. Wenn dies aus Sicht des Finanzgerichts das entscheidende Ziel war und die Zahlung aus Sicht des Finanzgerichts nur technisch an die Errichtung der Anlegebrücke anknüpft, gilt für die sich an die Errichtung anschließende steuerpflichtige Verpachtung der Anlegebrücke an die X-GmbH nichts anderes.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 17. April 2024 – XI R 13/21
- vgl. z.B. BFH, Urteile vom 10.08.2016 – XI R 41/14, BFHE 255, 300, BStBl II 2017, 590, Rz 32; vom 23.09.2020 – XI R 35/18, BFHE 271, 243, BStBl II 2022, 344, Rz 43; vom 12.10.2023 – V R 11/21, BFHE 282, 151, BStBl II 2024, 276, Rz 15; BFH, Beschluss vom 18.12.2019 – XI R 31/17, BFH/NV 2020, 565, Rz 13, m.w.N.[↩][↩]
- vgl. dazu auchEuGH, Urteile „Office des produits wallons“ vom 22.11.2001 – C-184/00, EU:C:2001:629; und „Kommission/Deutschland“ vom 15.07.2004 – C-144/02, EU:C:2004:444[↩]
- vgl. EuGH, Urteil „Keeping Newcastle Warm“ vom 13.06.2002 – C-353/00, EU:C:2002:369, Rz 23[↩]
- EuGH, Urteil „Office des produits wallons“ vom 22.11.2001 – C-184/00, EU:C:2001:629[↩]
- vgl. BFH, Beschluss vom 13.06.2018 – XI R 5/17, BFHE 262, 233, Rz 48[↩]
- vgl. EuGH, Urteil Le Rayon d’Or vom 27.03.2014 – C-151/13, EU:C:2014:185, Rz 30 und 31; BFH, Urteile vom 22.02.2017 – XI R 17/15, BFHE 257, 169, BStBl II 2017, 812, Rz 25; vom 24.02.2021 – XI R 15/19, BFHE 272, 252, BStBl II 2021, 729, Rz 17[↩]
- BFH, Urteile vom 09.10.2003 – V R 51/02, BFHE 203, 515, BStBl II 2004, 322; vom 26.09.2012 – V R 22/11, BFHE 239, 369, BStBl II 2020, 126; vom 22.04.2015 – XI R 10/14, BFHE 250, 268, BStBl II 2015, 862; Beschluss vom 13.06.2018 – XI R 5/17, BFHE 262, 233, Rz 53[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 09.10.2003 – V R 51/02, BFHE 203, 515, BStBl II 2004, 322, unter II. 2.c; vom 26.09.2012 – V R 22/11, BFHE 239, 369, BStBl II 2020, 126, Rz 15, 22 ff.; s.a. BFH, Beschluss vom 13.06.2018 – XI R 5/17, BFHE 262, 233, Rz 57[↩]
- vgl. EuGH, Beschluss A.T.S.2003 vom 09.01.2023 – C-289/22, EU:C:2023:26, Rz 40; Dyrektor Izby Administracji Skarbowej w Warszawie [Mehrwertsteuer – fiktiver Erwerb] vom 25.05.2023 – C-114/22, EU:C:2023:430, Rz 45[↩]
- vgl. dazu z.B. BFH, Beschluss vom 29.03.2007 – V B 208/05, BFH/NV 2007, 1542[↩]
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