Ist dem Tatrichter mangels Sachkunde eine eigene Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Gutachtens eines Sachverständigen nicht möglich, so genügt es, dass er sich von der Sachkunde des Gutachters überzeugt und sich danach dem Ergebnis des Gutachtens anschließt.
Jedoch muss er in diesem Fall die wesentlichen Anknüpfungstatsachen und Ausführungen des Sachverständigen im Urteil so wiedergeben, dass das Rechtsmittelgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind1.
Der Umfang der Darlegungspflicht richtet sich dabei nach der jeweiligen Beweislage und der Bedeutung, die der Beweisfrage für die Entscheidung zukommt2. Liegt dem Gutachten jedoch ein allgemein anerkanntes und weithin standardisiertes Verfahren zugrunde, wie dies etwa beim daktyloskopischen Gutachten, der Blutalkoholanalyse oder der Bestimmung von Blutgruppen der Fall ist, so genügt die bloße Mitteilung des erzielten Ergebnisses3.
Für molekulargenetische Vergleichsgutachten gilt nichts anderes. Nach der neueren Rechtsprechung muss in den in der forensischen Praxis gebräuchlichen Verfahren lediglich das Gutachtenergebnis in Form der biostatistischen Wahrscheinlichkeitsaussage in numerischer Form mitgeteilt werden, sofern sich die Untersuchungen auf eindeutige Einzelspuren beziehen und keine Besonderheiten in der forensischen Fragestellung aufweisen4. Diese Vereinfachung gilt demnach nicht für Mischspuren5; solche Spuren weisen mehr als zwei Allele in einem DNASystem auf, mithin Zellmaterial von mehr als einer einzelnen Person.
Insoweit ist nach wie vor grundsätzlich in den Urteilsgründen mitzuteilen, wie viele Systeme untersucht wurden, ob und inwieweit sich Übereinstimmungen in den untersuchten Systemen ergaben, mit welcher Wahrscheinlichkeit die festgestellte Merkmalskombination bei einer weiteren Person zu erwarten ist und, sofern der Angeklagte einer fremden Ethnie angehört, ob dieser Umstand bei der Auswahl der Vergleichspopulation von Bedeutung war. Bei Mischspuren können je nach den konkreten Umständen des Einzelfalles strengere Anforderungen gelten6, auch in Bezug auf die Vergleichspopulation7; gegebenenfalls ist es notwendig, ergänzende molekulargenetische Untersuchungen durchzuführen8. Regelmäßig wird sich die Angabe empfehlen, wie viele Spurenverursacher in Betracht kommen und um welchen Typ von Mischspur es sich handelt9.
Im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall genügten die tatrichterlichen Ausführungen diesen Anforderungen nicht. Sie teilen nur mit, dass als weitere Spurenverursacherin – ebenfalls mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 : 3, 3 Millionen – eine Besucherin der Tagungsstätte, die die Dose dort zurückließ, in Betracht kommt. Insoweit ist bereits der Typ der Mischspur – etwa Spur ohne klaren Hauptverursacher – nicht hinreichend genau herausgearbeitet. Im Übrigen fehlt es – wie auch bei den anderen DNASpuren – völlig an der Darstellung der Systeme und der Wahrscheinlichkeitsberechnung10; auf die für den Angeklagten relevante Vergleichspopulation wird nicht eingegangen.
Da sich das Landgericht festgelegt hat, dass von der Vielzahl der Indizien die DNASpur an der Getränkedose für seine Überzeugungsbildung (§ 261 StPO) den Ausschlag gegeben hat, kann das Beruhen (§ 337 Abs. 1 StPO) nicht ausgeschlossen werden. Diese Würdigung des Landgerichts darf das Revisionsgericht nicht durch eine eigene ersetzen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24. Januar 2019 – 1 StR 564/18
- st. Rspr.; BGH, Beschlüsse vom 19.12 2018 – 4 StR 410/18 5; vom 27.06.2017 – 2 StR 572/16 11; und vom 31.07.2013 – 4 StR 270/13, NStZ-RR 2014, 115, 116 mwN[↩]
- BGH, Urteil vom 03.05.2012 – 3 StR 46/12, NStZ 2013, 177, 178[↩]
- BGH, Beschlüsse vom 19.12 2018 – 4 StR 410/18 5; und vom 15.09.2010 – 5 StR 345/10, NStZ 2011, 171 mwN[↩]
- BGH, Beschluss vom 28.08.2018 – 5 StR 50/17, NJW 2018, 3192, 3193, zur Veröffentlichung in BGHSt vorgesehen[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 19.12 2018 – 4 StR 410/18 7; Urteil vom 06.02.2019 – 1 StR 499/18 17[↩]
- BGH, Beschlüsse vom 27.06.2017 – 2 StR 572/16 12 f.; und vom 19.01.2016 – 4 StR 484/15, NStZ-RR 2016, 118, 119; Urteil vom 06.02.2019 – 1 StR 499/18 18[↩]
- BGH, Urteil vom 24.03.2016 – 2 StR 112/14, NStZ 2016, 490, 492[↩]
- BGH, Urteil vom 05.06.2014 – 4 StR 439/13, NStZ 2014, 477, 479[↩]
- BGH, Beschluss vom 27.06.2017 – 2 StR 572/16 13 mwN[↩]
- vgl. zu Letzterem BGH, Urteil vom 07.11.2012 – 5 StR 517/12, NStZ 2013, 179[↩]
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