Ungeachtet des Umstandes, dass der Betreiber, anders als in dem durch den Bundesgerichtshof bereits entschiedenen Fall1, erst die schon aus den Automaten auf den Speicher des Auslesegerätes übertragenen, dort unverfälscht gespeicherten Daten manipulierte, kommt eine Strafbarkeit nach § 268 Abs. 1 Nr. 1 erste Alternative StGB bzw. § 268 Abs. 1 Nr. 2 erste Alternative StGB in Betracht.
Denn eine unechte technische Aufzeichnung stellt her, wer eine Aufzeichnung anfertigt, die ihre Herkunft aus dem ordnungsgemäßen Arbeitsgang eines für solche Aufzeichnungen bestimmten Gerätes vortäuscht, sei es, indem der Täter eine Aufzeichnung manuell nachmacht, sei es, dass er das technische Gerät selbst missbräuchlich einsetzt2.
So liegt es in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall. Die durch den Angeklagten R. generierten Auslesestreifen erweckten den falschen Eindruck, das Ergebnis eines von Manipulationshandlungen unbeeinflussten Aufzeichnungsvorgangs zu sein und stellen damit eine unechte technische Aufzeichnung im Sinne des § 268 Abs. 1 und 2 StGB dar3.
Andererseits dürfte die Manipulation der Auslesestreifen nicht stets zur Erfüllung des Regelbeispiels des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 AO führen. Denn der Täter verkürzt die Steuern nicht fortgesetzt unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege.
Dabei konnte für den Bundesgerichtshof im hier entschiedenen Fall – obgleich hierfür viel spricht4 – offenbleiben, ob unter „Beleg“ im Sinne des § 370 Abs. 3 Nr. 4 AO auch technische Aufzeichnungen fallen, deren Fälschung § 268 StGB unter Strafe stellt. Denn das Landgericht hat bislang weder ein Verwenden bei den verfahrensgegenständlichen Steuerhinterziehungen noch eine fortgesetzte Begehungsweise im Sinne des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 AO festgestellt; die Angeklagten verwendeten auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen die Auslesestreifen nicht bei den verfahrensgegenständlichen Taten.
Aus dem Wortlaut des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 AO („unter“) folgt, dass die Belege bei der verfahrensgegenständlichen Steuererklärung verwendet, mithin den Finanzbehörden zur Kenntnis gebracht werden müssen. Der Bundesgerichtshof geht deshalb in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass die Heranziehung der Belege für die Erstellung unwahrer Bilanzen oder Steuererklärungen nicht ausreicht, weil der Täter in diesem Stadium noch nicht unmittelbar zur Tat angesetzt hat5. Dem folgend müssen die Unterlagen aber auch vor Beendigung der Tat vorgelegt werden. Nicht ausreichend ist es deshalb, wenn sie im Rahmen einer nach Abschluss des Besteuerungsverfahrens durchgeführten Betriebsprüfung den Finanzbehörden zur Kenntnis gebracht werden. Wann die durch das Landgericht festgestellte Betriebsprüfung, bei der die manipulierten Auslesestreifen dem Prüfer übergeben wurden, stattfand, ergibt sich aus den Urteilsgründen bislang nicht eindeutig, obgleich viel dafür spricht, dass das Besteuerungsverfahren zu diesem Zeitpunkt schon abgeschlossen war. Zwar können unrichtige Erklärungen im Rahmen einer Betriebsprüfung zur Verhinderung der Neufestsetzung der Steuer eine erneute Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO darstellen6; jedoch handelte es sich dabei um eine andere, nicht verfahrensgegenständliche Tat. Mit dem Zugang des letzten Ertragsteuerbescheids waren die Steuerverkürzungen, auf das jeweilige Jahr bezogen, beendet.
Die Angeklagten verwendeten die Belege auch nicht „fortgesetzt“ im Sinne des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 AO. Das Regelbeispiel des § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 AO ist nur dann erfüllt, wenn der Täter fortgesetzt handelt, mithin vor der gegenständlichen Tat mindestens zwei Steuerhinterziehungen nach § 370 AO unter Vorlage nachgemachter oder verfälschter Belege begangen hat. Dabei reicht es nicht aus, dass die Belege zur Verkürzung von Abgaben vorgelegt wurden, die – wie hier etwa von Vergnügungssteuern – nicht nach § 370 AO strafbar sind, sondern Straftatbeständen aus anderen Gesetzen wie zum Beispiel den kommunalen Abgabengesetzen der Länder unterfallen. Denn durch § 370 Abs. 3 AO werden Straftaten des Grundtatbestands des § 370 Abs. 1 AO im Regelfall dann einem höheren Strafmaß unterstellt, wenn sie auf eine bestimmte; vom Normgeber für besonders strafwürdig erachtete Art und Weise – wie etwa „unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt“ – begangen werden. Das Tatbestandsmerkmal „fortgesetzt“ kann sich daher nach der Systematik des Gesetzes lediglich auf vorangegangene Taten nach dem Grundtatbestand beziehen. Ob insoweit etwas Anderes gilt, wenn in dem betreffenden Gesetz ein § 370 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 AO entsprechender besonders schwerer Fall unmittelbar oder durch – eine nicht statuierte – Verweisung auch auf § 370 Abs. 3 AO geregelt wird7, kann vorliegend dahinstehen. Denn das -im vorliegenden Fall einschlägige- Kommunalabgabengesetz des Saarlandes sieht dies nicht vor.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 6. März 2024 – 1 StR 308/23
- BGH, Beschluss vom 16.04.2015 – 1 StR 490/14, BGHR StGB § 268 Aufzeichnung 4 und Abs. 3 Störende Einwirkung 1[↩]
- Fischer, StGB, 71. Aufl., § 268 Rn. 17; vgl. auch BGH, Beschluss vom 06.02.1979 – 1 StR 648/78, BGHSt 28, 300, 303/304[↩]
- vgl. LK-StGB/Zieschang, 13. Aufl., § 268 Rn. 40[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 24.01.1989 – 3 StR 313/88 Rn. 6, BGHR AO § 370 Abs. 3 Nr. 4 Belege 1[↩]
- s. etwa BGH, Beschluss vom 25.01.1983 – 5 StR 814/82, BGHSt 31, 225, 226; Urteil vom 08.03.2022 – 1 StR 360/21 Rn. 8 mwN[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 07.07.1993 – 5 StR 212/93 Rn. 6, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Mittäter 6[↩]
- vgl. BGH, Beschluss vom 31.05.2023 – 1 StR 340/22 Rn. 5[↩]
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