§ 8 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 des Niedersächsischen Glücksspielgesetzes sieht für Sportwettvermittlungsstellen einen Abstand von mindestens 200 m zu Einrichtungen und Orten vor, die vorwiegend und regelmäßig von Kindern und Jugendlichen ohne Begleitung durch Erziehungsberechtigte oder pädagogische Kräfte aufgesucht werden. Die mit der Regelung verbundenen Eingriffe insbesondere in die Berufsausübungsfreiheit und die europäische Dienst- und Niederlassungsfreiheit sind nach Ansicht des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts zugunsten der Suchtprävention gerechtfertigt.
In den beiden hier vom Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht entschiedenen Fall befindet sich die Sportwettvermittlungsstelle, für die sowohl die Wettveranstalterin als auch die Betreiberin der Vermittlungsstelle die Erteilung eine Erlaubnis begehren, in weniger als 200 m Entfernung zu einer Grundschule. Durch die Regelung des § 8 Abs. 3 NGlüSpG sahen sich die betroffene Betreiberin der Wettvermittlungsstelle sowie die dahinterstehenden Sportwettveranstalterin in ihren verfassungs- und unionsrechtlich garantierten Grundfreiheiten verletzt und klagten vor den Verwaltungsgerichten.
Erstinstanzlich hatte das Verwaltungsgericht Hannover die Klage der Wettveranstalterin wie auch der Wettvermttlerin abgewiesen ((VG Hannover, Urteil vom 14.03.2023 – 10 A 4968/21), da der Erlaubnis die Abstandsvorschriften entgegenständen und dieses für Wettvermittlungsstellen geltende Abstandsgebot des § 8 Abs. 3 NGlüSpG mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar sei. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht sah dies nun ebenso und wies auch die – vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzliche rBedeutung der Rechtssache zugelassenen – Berufungen der Wettvermittlerin und der Sportwettenveranstalterin als unbegründet zurück:
Der Erlaubniserteilung stehe die Unterschreitung des dem Kinder- und Jugendschutz dienenden Mindestabstands zu der Grundschule entgegen.
Die Abstandsregelung verletze nicht Verfassungsrecht und sei auch mit Unionsrecht vereinbar. Insbesondere sei die Regelung kohärent, da die gesetzlichen Vorgaben für Wettvermittlungsstellen und Spielhallen die gleiche Zielrichtung (Spieler- und Jugendschutz) verfolgen würden.
Dem stehe auch nicht entgegen, dass für Spielhallen oder LOTTO-/TOTO-Annahmestellen keine entsprechenden Abstandsvorgaben bestünden. Denn weder der allgemeine Gleichheitssatz, die Berufsfreiheit noch das Unionsrecht hinderten den Gesetzgeber, für verschiedene Glücksspielformen unterschiedliche Regelungen zur Suchtprävention und zum Spielerschutz zu treffen, sofern diese – wie hier – jeweils verhältnismäßig seien und sich nicht gegenseitig in einer Weise konterkarierten, dass die Eignung einer der Regelungen zur Zielerreichung aufgehoben würde.
Die Klägerinnen könnten sich zudem nicht etwa deshalb auf Bestands- oder Vertrauensschutz berufen, weil die Wettvermittlungsstelle in den Vorjahren zeitweise geduldet worden sei. Denn die Duldung einer ohne die erforderliche Erlaubnis betriebenen Wettvermittlungsstelle kann nicht deren Legalisierung bewirken und schützenswerte Rechte begründen.
Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urteile vom 5. November 2024 – 10 LC 13/24 und 10 LC 14/24
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