Profi-Fußballer – und die FIFA-Transferregeln

Das Regelement der Fédération internationale de football association (FIFA) über den Status und (internationalen) Transfer von Berufsfußballspielern verstößt nach einem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union gegen das EU-Recht, indem sie die Freizügigkeit der Fußballspieler behindern und den Wettbewerb zwischen den (Profi-)Fußballvereinen beschränken.

Profi-Fußballer – und die FIFA-Transferregeln

Dieser Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union lag ein Vorabentscheidungsersuchen des Cour d’appel de Mons, des Berufungsgerichts im belgischen Mons, zugrunde. Ein ehemaliger Berufsfußballspieler mit Wohnsitz in Frankreich wendet sich vor den belgischen Gerichten gegen einige von der FIFA, einem Verband, der sich weltweit zur Organisation und Kontrolle des Fußballs zuständig fühlt, erlassene Bestimmungen und macht geltend, sie hätten seine Verpflichtung durch einen belgischen Fußballverein behindert. Die fraglichen Bestimmungen finden sich im „FIFA-Reglement bezüglich Status und Transfer von Spielern“ (RSTS). Diese Bestimmungen, die sowohl von der FIFA als auch von den ihr angehörenden nationalen Fußballverbänden wie dem belgischen Verband (URBSFA) angewandt werden sollen, gelten u. a. für den Fall, dass ein Verein der Ansicht ist, dass einer seiner Spieler seinen Arbeitsvertrag vorzeitig ohne „triftigen Grund“ aufgelöst hat. In einem solchen Fall haften der Spieler und jeder Verein, der ihn verpflichten möchte, gesamtschuldnerisch für die Zahlung einer Entschädigung an den ehemaligen Verein. Außerdem kann der neue Verein unter bestimmten Umständen mit einer sportlichen Sanktion in Form eines Verbots der Verpflichtung neuer Spieler für eine vorgegebene Periode geahndet werden. Schließlich muss der nationale Verband, dem der ehemalige Verein des Spielers angehört, es ablehnen, dem Verband, bei dem der neue Verein registriert ist, einen internationalen Freigabeschein auszustellen, solange zwischen dem ehemaligen Verein und dem Spieler eine Streitigkeit über die Auflösung des Vertrags besteht. 

Der Cour d’appel de Mons richtete daraufhin ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union zu der Rechtsfrage, ob diese unterschiedlichen Bestimmungen mit der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und dem Wettbewerbsrecht vereinbar sind. Mit einem solchen Vorabentscheidungsersuchen haben die Gerichte der Mitgliedstaaten die Möglichkeit, dem Unionsgerichtshof im Rahmen eines Rechtsstreits, über den sie zu entscheiden haben, Fragen betreffend die Auslegung des europäischen Unionsrechts oder die Gültigkeit einer Handlung der Europäischen Union vorzulegen. Der Unionsgerichtshof entscheidet dabei nur über die vorgelegte Rechtsfrage, nicht hingegen über den beim nationalen Gericht anhängigen Rechtsstreit. Dieser ist sodann unter Zugrundelegung der Entscheidung des Unionsgerichtshofs vom nationalen Gericht zu entscheiden. Die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union bindet in gleicher Weise auch andere nationale Gerichte, wenn diese über vergleichbare Rechtsfragen zu befinden haben.

Auf dieses Vorabentscheidungsersuchen des Cour d’appel de Mons entschied der Gerichtshof der Europäischen Union nun, dass alle diese Bestimmungen des RSTS gegen das Unionsrecht, namentlich das Freizügigkeitsrecht und das europäische Wettbewerbsrechts, verstoßen:

Zum einen sind die fraglichen Bestimmungen geeignet, die Freizügigkeit von Berufsfußballspielern zu behindern, die ihre Tätigkeit weiterentwickeln möchten, um für einen neuen Verein mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Union zu arbeiten. Diese Bestimmungen belasten diese Spieler und die Vereine, die sie einstellen möchten, nämlich mit erheblichen rechtlichen, unvorhersehbaren und potenziell sehr großen finanziellen sowie ausgeprägten sportlichen Risiken, die zusammen genommen geeignet sind, den internationalen Transfer dieser Spieler zu behindern. Zwar können Beschränkungen der Freizügigkeit von Berufsfußballspielern durch das im Allgemeininteresse liegende Ziel gerechtfertigt werden, die Ordnungsmäßigkeit der Fußballwettbewerbe zwischen den Vereinen zu gewährleisten, indem ein gewisser Grad an Beständigkeit in den Mannschaften der Profifußballvereine aufrechterhalten wird, im vorliegenden Fall scheinen die fraglichen Bestimmungen jedoch, vorbehaltlich einer Überprüfung durch den Cour d’appel de Mons, in mehrerlei Hinsicht über das hinauszugehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist.

Zum anderen entschied der Unionsgerichtshof im Hinblick auf das Wettbewerbsrecht, dass die beanstandeten Bestimmungen eine Beschränkung bzw. Verhinderung des grenzüberschreitenden Wettbewerbs bezwecken, der zwischen allen Profifußballvereinen in der Europäischen Union bestehen kann, wenn sie einseitig Spieler verpflichten, die bei einem anderen Verein unter Vertrag stehen oder denen vorgeworfen wird, ihren Arbeitsvertrag ohne triftigen Grund aufgelöst zu haben. Hierzu führt der Unionsgerichtshof aus, dass die Möglichkeit, miteinander in den Wettbewerb zu treten, indem man bereits ausgebildete Spieler verpflichtet, eine wesentliche Rolle im Bereich des professionellen Fußballs spielt und dass Bestimmungen, die diese Art des Wettbewerbs in allgemeiner Weise beschränken, indem sie die Verteilung der Arbeitnehmer auf die Arbeitgeber festschreiben sowie die Märkte abschotten, einer Abwerbeverbotsvereinbarung ähneln. Im Übrigen stellt der Unionsgerichtshof fest, dass diese Bestimmungen vorbehaltlich einer Überprüfung durch den Cour d’appel de Mons – nicht unerlässlich oder erforderlich zu sein scheinen.

Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 4. Oktober 2024 – C-650/22