Zuschlagsbeschwerde im Zwangsvollstreckungsverfahren – und die beschränkt zugelassene Rechtsbeschwerde

Bei der Zuschlagsbeschwerde nach dem Zwangsversteigerungsgesetz kann die Zulassung der Rechtsbeschwerde auf einzelne Zuschlagsversagungsgründe beschränkt werden, wenn und soweit es sich um tatsächlich und rechtlich abtrennbare Teile des Streitstoffs handelt.

Zuschlagsbeschwerde im Zwangsvollstreckungsverfahren – und die beschränkt zugelassene Rechtsbeschwerde

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine Beschränkung der Zulassung der Revision auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen und damit abtrennbaren Teil des Gesamtstreitstoffs möglich, auf den auch die Partei selbst ihre Revision beschränken könnte. Auf einzelne Rechtsfragen kann die Zulassung hingegen nicht beschränkt werden1. Für Beschlussmängelklagen nach dem Wohnungseigentumsgesetz und dem Aktiengesetz entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass die Revisionszulassung auf einzelne Beschlussmängelgründe beschränkt werden kann. Denn die jeweils geltend gemachten Beschlussmängelgründe können abtrennbare Teile des Streitstoffs darstellen. Einer beschränkten Zulassung steht auch nicht entgegen, wenn der Beschlussmängelklage – wie im Wohnungseigentumsrecht mit der Gültigkeit des Beschlusses – ein einheitlicher Streitgegenstand zugrunde liegt; denn die Beschlussmängelgründe können auch einen selbständigen Teil dieses Streitgegenstands betreffen. Dementsprechend kann schon die Klage auf einzelne Beschlussmängel begrenzt werden; erst recht ist eine solche Beschränkung im Verlauf des Rechtsstreits möglich2

Diese Rechtsprechung ist auf die Zulassung der Rechtsbeschwerde bei einer Zuschlagsbeschwerde nach den §§ 95 ff. ZVG übertragbar.

Auch ein Zuschlagsversagungsgrund kann einen abtrennbaren Teil des Streitstoffs darstellen. Zwar liegt der Zuschlagsbeschwerde mit der Gültigkeit des Beschlusses ein einheitlicher Streitgegenstand zugrunde. Dies steht einer beschränkten Zulassung der Rechtsbeschwerde aber nicht entgegen, weil die Versagungsgründe – wie die Beschlussmängelgründe bei der wohnungseigentumsrechtlichen Beschlussmängelklage – gleichwohl einen selbständigen Teil dieses Streitgegenstands betreffen können.

So wie die Beschlussmängelklage auf einzelne Beschlussmängel beschränkt werden kann, kann auch die Zuschlagsbeschwerde auf einzelne Versagungsgründe gestützt werden. Dies ergibt sich im Umkehrschluss aus § 100 Abs. 3 ZVG; denn danach sind nur die Versagungsgründe des § 83 Nr. 6 und 7 ZVG von Amts wegen zu berücksichtigen. Der Beschwerdeführer einer Zuschlagsbeschwerde hat in Bezug auf die zu rügenden Versagungsgründe also eine ähnliche Dispositionsbefugnis wie die Wohnungseigentümer oder die Aktionäre in Bezug auf die Beschlussmängel- bzw. Anfechtungsgründe. Ihm steht es frei, auch einen rechtswidrigen Zuschlagsbeschluss rechtskräftig werden zu lassen3. Die von der Rechtsbeschwerde herangezogenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs4 stehen dem nicht entgegen. Einen allgemeinen Rechtssatz dahingehend, dass einzelne Zuschlagsversagungsgründe generell keine abtrennbaren Teile des Streitstoffs darstellen können, hat der Bundesgerichtshof in diesen Entscheidungen nicht aufgestellt.

Nach diesen Maßstäben hat das Beschwerdegericht in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall die Zulassung wirksam auf die Zuschlagsversagungsgründe beschränkt, die in einem Zusammenhang mit der Angabe der Gemeinde in der Terminsbekanntmachung und mit der Durchführbarkeit des Insolvenzplans stehen.

Die Zuschlagsversagungsgründe, die sich daraus ergeben sollen, dass das Vollstreckungsgericht eine einstweilige Einstellung gemäß § 76 Abs. 1 ZVG abgelehnt und die Verkehrswertfestsetzung gemäß § 74a Abs. 5 ZVG nicht angepasst hat, stellen einen rechtlich und tatsächlich abgrenzbaren Teil des Streitstoffs dar. Denn für die Fragen, ob die Zwangsversteigerung dieses Grundstücks wegen des Gebots auf das unter lfd. Nr. 1 des Bestandsverzeichnisses eingetragene Grundstück hätte eingestellt werden müssen und Anlass für eine Änderung der Verkehrswertfestsetzung bestand, ist ein anderer – abgrenzbarer Teil des Lebenssachverhalts maßgeblich. 

Die auf die einstweilige Einstellung gemäß § 76 Abs. 1 ZVG und die Verkehrswertfestsetzung gemäß § 74a Abs. 5 ZVG bezogenen Zuschlagsversagungsgründe fallen dem Bundesgerichtshof auch nicht deswegen zur Prüfung an, weil es sich um von Amts wegen zu berücksichtigende Versagungsgründe handelt. Bei einer wirksamen Beschränkung der Zulassung sind, anders als die Rechtsbeschwerde meint, auch die von Amts wegen zu berücksichtigenden Versagungsgründe des § 83 Nr. 6 und 7 ZVG nur insoweit Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens, als sie sich aus dem zugelassenen Teil des Streitstoffs ergeben. Denn bei einer beschränkten Zulassung fällt die Sache dem Rechtsbeschwerdegericht nur in dem beschränkten Umfang an. Das Rechtsbeschwerdegericht darf nur über den zugelassenen Teil des Streitstoffs entscheiden; im Übrigen ist die Entscheidung des Beschwerdegerichts der Nachprüfung entzogen.

Die Rechtsbeschwerde ist im vorliegenden Fall demnach nur zugelassen, soweit sich der Schuldner gegen die Zurückweisung seiner Beschwerde gegen den Fortsetzungsbeschluss wendet und soweit er seine Zuschlagsbeschwerde hinsichtlich der Zuschlagsversagungsgründe des § 83 Nr. 6 und 7 ZVG unter dem Gesichtspunkt einer unzureichenden Bekanntmachung der Terminsbestimmung (§ 37 Nr. 1, § 43 Abs. 1 ZVG) und im Hinblick auf die seiner Ansicht nach zu Unrecht versagte Einstellung des Verfahrens gemäß § 30d Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 2 ZVG, hilfsweise gemäß § 30a Abs. 1 ZVG, weiterverfolgt.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19. September 2024 – V ZB 29/23

  1. vgl. nur BGH, Urteil vom 13.01.2023 – V ZR 43/22, NJW 2023, 1884 Rn. 8 mwN[]
  2. zum Wohnungseigentumsgesetz vgl. BGH, Urteil vom 10.07.2015 – V ZR 198/14, NJW 2015, 3371 Rn. 7; Urteil vom 08.07.2022 – V ZR 207/21, ZfIR 2022, 498 Rn. 7; Urteil vom 13.01.2023 – V ZR 43/22, NJW 2023, 1884 Rn. 15 ff.; zum Aktiengesetz vgl. BGH, Beschluss vom 07.12.2009 – II ZR 63/08, NJWRR 2010, 954 Rn. 3; Urteil vom 08.02.2011 – II ZR 206/08, NJW-RR 2011, 618 Rn. 10 mwN[]
  3. zur Dispositionsbefugnis der Wohnungseigentümer vgl. BGH, Urteil vom 10.11.2023 – V ZR 51/23, NZM 2024, 188 Rn. 18[]
  4. BGH, Beschluss vom 15.09.2016 – V ZB 136/14, BGHZ 212, 29 Rn. 8; Beschluss vom 24.11.2005 – V ZB 98/05, NJW 2006, 1355 Rn. 9[]

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