Hat der Erblasser Leistungen aus einer Sterbegeldversicherung zu Lebzeiten an ein Bestattungsunternehmen abgetreten, erhöht sich der Nachlass um einen Sachleistungsanspruch der Erben gegen das Bestattungsunternehmen. Die Kosten der Bestattung sind im vollen Umfang als Nachlassverbindlichkeiten steuermindernd zu berücksichtigen.
In dem hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall sind der Erbe und seine Schwester Erben ihrer verstorbenen Tante (Erblasserin). Die Erblasserin hatte eine sogenannte Sterbegeldversicherung abgeschlossen und das Bezugsrecht für die Versicherungssumme zu Lebzeiten an ein Bestattungsunternehmen zur Deckung der Kosten ihrer Bestattung abgetreten. Das Bestattungsunternehmen stellte nach dem Tod der Erblasserin für seine Leistungen insgesamt einen Betrag in Höhe von 11.653, 96 € in Rechnung. Davon bezahlte die Sterbegeldversicherung 6.864, 82 €. Das zuständige Finanzamt setzte gegen den klagenden Erben Erbschaftsteuer fest und rechnete den Sachleistungsanspruch auf Bestattungsleistungen in Höhe von 6.864 € zum Nachlass. Für die geltend gemachten Nachlassverbindlichkeiten -einschließlich der Kosten für die Bestattung- setzte es lediglich die Pauschale für Erbfallkosten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG in Höhe von 10.300 € an.
Die nach erfolglosen Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht Münster als unbegründet ab1. Auf die Revision des Erben hob der Bundesfinanzhof die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das Finanzgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurück:
Zwar sei -wie vom Finanzgericht zutreffend entschieden- aufgrund der von der Erblasserin abgeschlossenen Sterbegeldversicherung ein Sachleistungsanspruch in Bezug auf die Bestattung auf die Erben übergegangen. Dieser fiel in Höhe der Versicherungsleistung von 6.864, 82 € in den Nachlass und erhöhte die Bemessungsgrundlage der Erbschaftsteuer. Die Bestattungskosten sind nach Auffassung des Bundesfinanzhofs jedoch -anders als vom Finanzgericht angenommen- nicht nur in Höhe der Pauschale des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG von 10.300 € abzugsfähig, sondern nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG im vollen Umfang als Nachlassverbindlichkeiten bei der Bemessung der Erbschaftsteuer steuermindernd zu berücksichtigen. Die Feststellungen des Finanzgerichtes reichten nicht aus, um die Höhe der insgesamt zu berücksichtigenden Nachlassverbindlichkeiten abschließend zu bestimmen, sodass das Verfahren zurückverwiesen wurde.
Der von der Sterbegeldversicherung an das Bestattungsunternehmen ausgezahlte Betrag in Höhe von 6.894 € zählt zum steuerpflichtigen Erwerb nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG, da er zu einer Bereicherung der Erben geführt hat und nicht steuerfrei ist.
Hat der Erblasser eine sogenannte Sterbegeldversicherung abgeschlossen und den beim Tod entstehenden Anspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistung unmittelbar an ein Bestattungsunternehmen abgetreten, gehört der Zahlungsanspruch selbst nicht zur Erbmasse. Gleichwohl geht in diesen Fällen ein Sachleistungsanspruch des Erblassers gegenüber dem Bestattungsunternehmen nach § 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auf die Erben als Gesamtrechtsnachfolger über. Dieser Anspruch beruht auf dem zwischen dem Erblasser und dem Bestattungsunternehmen geschlossenen Schuldverhältnis (sogenanntes Valutaverhältnis), das der Abtretung der Versicherungsleistung zugrunde liegt. Dabei kann dahinstehen, welchen Rechtscharakter dieser zwischen dem Erblasser und dem Bestattungsunternehmen geschlossene Vertrag hat2. In jedem Fall beruht die Abtretung der Versicherungsleistung auf einem vertraglichen Schuldverhältnis, das -im weiteren Sinne- einen Anspruch auf Durchführung der Bestattung und den damit zusammenhängenden Rechtsgrund für die Abtretung der Versicherungsleistung begründet. Ansprüche aus diesem Schuldverhältnis gehen auf die Erben als Gesamtrechtsnachfolger über. Für den Fall, dass das Bestattungsunternehmen die Leistungen nicht erbringt, stünde den Erben ein entsprechender Anspruch auf Rückzahlung des Betrags in Höhe der abgetretenen Versicherungsleistung zu.
Dieser der Abtretung der Versicherungsleistung zugrunde liegende Anspruch auf Durchführung der Bestattung fällt in den Nachlass. Er ist mit dem gemeinen Wert zu bewerten (§ 12 ErbStG i.V.m. § 9 Abs. 1 des Bewertungsgesetzes; Gottschalk in Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, ErbStG, § 10 Rz 202) und erhöht entsprechend den Wert des Erwerbs von Todes wegen. Der gemeine Wert stimmt üblicherweise mit dem abgetretenen Versicherungsanspruch überein.
Danach hat sich der Nachlass um den von der Sterbegeldversicherung ausgezahlten Betrag in Höhe von 6.894 € erhöht.
Entgegen der Auffassung des Finanzgerichtes sind von dem um die Zahlung der Sterbegeldversicherung als Sachleistung erhöhten Nachlass die Bestattungskosten als Nachlassverbindlichkeiten nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG in vollem Umfang abzuziehen.
Nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG sind die Kosten der Bestattung des Erblassers, die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal, die Kosten für die übliche Grabpflege mit ihrem Kapitalwert für eine unbestimmte Dauer sowie die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen als Nachlassverbindlichkeiten von dem Erwerb abzugsfähig, soweit sich nicht aus den Abs. 6 bis 9 etwas anderes ergibt. Der Begriff der Nachlassregelungskosten ist grundsätzlich weit auszulegen und umfasst unter anderem die Kosten der tatsächlichen und rechtlichen Feststellung des Nachlasses, sowie alle Kosten, die aufgewendet werden müssen, um die Erben in den Besitz der ihnen aus der Erbschaft zukommenden Güter zu setzen3.
Nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG wird für die in § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG genannten Kosten insgesamt ein Betrag von 10.300 € ohne Nachweis abgezogen. Der Betrag ist für jeden Erbfall nur einmal zu gewähren, namentlich für mehrere Miterben nur einmal4. Der Abzug von Nachlassverbindlichkeiten ist durch diesen Pauschbetrag jedoch nicht begrenzt. Sind nachweislich höhere Kosten entstanden, die dem Grunde nach unter § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG fallen, können die Erben sie erwerbsmindernd geltend machen. Voraussetzung ist, dass die Erben sie auch tatsächlich getragen haben.
Dies ist auch dann der Fall, wenn das Bestattungsunternehmen Leistungen erbringt, die durch die Leistung der Sterbegeldversicherung abgedeckt sind5. Die Erben sind auch in diesem Fall wirtschaftlich belastet, denn insoweit erlischt der zuvor dem Erblasser und nach dessen Tod den Erben zustehende Sachleistungsanspruch (vgl. § 362 Abs. 1 BGB). Im Gegensatz zu anderen Ansprüchen aus Verträgen, die der Erblasser zu Lebzeiten geschlossen hat und gemäß denen der Sachleistungsanspruch nach dem Tod gegenüber den Erben erfüllt wird (zum Beispiel aufgrund von Kaufverträgen, die der Erblasser vor dem Tod geschlossen hat), sind Bestattungskosten ausdrücklich nach § 10 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 ErbStG als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig.
Unerheblich ist, dass in diesen Fällen bereits der Erblasser -teilweise- das Entgelt für die Bestattungsleistungen im Vorgriff durch Zahlungen in die Sterbegeldversicherung und nachfolgend durch Abtretung des Versicherungsanspruchs an das Bestattungsunternehmen geleistet hatte. Ist insoweit -wie dargelegt- ein den Wert des Nachlasses erhöhender Anspruch entstanden und auf die Erben übergegangen, führt das Erbringen der Bestattungsleistungen zum Erlöschen dieses Anspruchs. Das Erlöschen mindert insoweit zwar nicht das eigene Vermögen der Erben, wohl aber den Wert des Nachlasses, der diesen Anspruch zuvor (werterhöhend) mit erfasst hatte.
Der Fall ist insoweit nicht anders zu behandeln, als hätte den Erben ein unmittelbarer Anspruch auf Auszahlung der Versicherungsleistungen aus der Sterbegeldversicherung zugestanden oder der Erblasser zu Lebzeiten bereits eine Anzahlung an das Bestattungsunternehmen für die zu erwartenden Bestattungskosten geleistet. In beiden Fällen wäre der Nachlass um die Leistung der Sterbegeldversicherung beziehungsweise den Anspruch gegen das Bestattungsunternehmen zu erhöhen und in Höhe der tatsächlich entstandenen Bestattungskosten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG zu mindern.
Ausgehend von diesen Grundsätzen war die Vorentscheidung aufzuheben. Das Finanzgericht hat zwar zutreffend erkannt, dass der Sachleistungsanspruch des Erblassers auf die Erben übergegangen ist und den Wert des Nachlasses nach § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG erhöht hat. Es ist jedoch zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Erben durch die Bestattungskosten in Höhe der abgetretenen Versicherungsleistung nicht gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG wirtschaftlich belastet waren. Tatsächlich wurde durch das Erlöschen des zum Nachlass gehörenden Anspruchs auf Erbringung der Bestattungsleistungen der Nachlass -insoweit- gemindert.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 10. Juli 2024 – II R 31/21
- FG Münster, Urteil vom 19.08.2021 – 3 K 1551/20 Erb[↩]
- vgl. Grüneberg/Retzlaff, Bürgerliches Gesetzbuch, 83. Aufl., Einführung vor § 631 Rz 22, Bestattungsvertrag: gemischter, überwiegender Werkvertrag[↩]
- BFH, Urteil vom 01.02.2023 – II R 3/20, BFHE 279, 222, BStBl II 2023, 717, Rz 12, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 01.02.2023 – II R 3/20, BFHE 279, 222, BStBl II 2023, 717, Rz 14, m.w.N.[↩]
- a.A. z.B. Curdt in Kapp/Ebeling, § 10 ErbStG, Rz 109; Konrad in Fischer/Pahlke/Wachter, ErbStG, 8. Aufl., § 10 Rz 202[↩]
Bildnachweis:
- Grabplatte: Rob van der Maijden