Ein (etwa im Rahmen einer Umstrukturierung erfolgter) Schuldbeitritt von Konzerngesellschaft zur Betriebsrentenverpflichtung der (ehemaligen) Arbeitgeberin führt nicht ohne Weiteres zur Einbeziehung der wirtschaftlichen Lage der beitretenden Gesellschaft im Rahmen der Anpassungsprüfung nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG im Wege eines Berechnungsdurchgriffs.
Beim Schuldbeitritt (Schuldmitübernahme) tritt der Mitübernehmer zusätzlich neben dem bisherigen Schuldner in das Schuldverhältnis ein. Beide haften im Außenverhältnis als Gesamtschuldner iSd. §§ 421 ff. BGB1. Der Gläubiger kann die Leistung nach seinem Belieben von jedem der Gesamtschuldner, aber insgesamt nur einmal fordern2. Der Schuldbeitritt kann sich inhaltlich auf jede hinreichend bestimmte Verpflichtung richten, auch wenn sie künftig oder bedingt ist3. Da der Schuldner und der Mitübernehmer im Außenverhältnis als Gesamtschuldner haften, ist die Verpflichtung des Beitretenden in Entstehung und Beschaffenheit von derjenigen des Schuldners abhängig4.
Danach hätte ein Schuldbeitritt der Konzerngesellschaften zu den Versorgungsverpflichtungen der originären Versorgungsschuldnerin zwar dazu geführt, dass diese Gesellschaften nicht nur die Verpflichtung der originären Versorgungsschuldnerin zur Zahlung der laufenden Betriebsrenten, sondern auch deren Anpassungsprüfungs- und -entscheidungspflicht nach § 16 Abs. 1 und Abs. 2 BetrAVG mitübernommen hätten. Allerdings wären diese Gesellschaften aufgrund des Beitritts zur Anpassungsprüfungs- und -entscheidungspflicht nur verpflichtet gewesen, die Betriebsrentenanpassungen vorzunehmen, die aufgrund der wirtschaftlichen Lage der originären Versorgungsschuldnerin bezogen auf den Anpassungsstichtag geschuldet waren. Da die Verpflichtung des Beitretenden in ihrer Beschaffenheit von derjenigen des Schuldners abhängig ist, hätte der Schuldbeitritt mithin daran, dass es nach § 16 Abs. 1 BetrAVG auf die wirtschaftliche Lage der originären Versorgungsschuldnerin für den jeweiligen Anpassungsstichtag ankommt, nichts geändert.
Ein Berechnungsdurchgriff auf die wirtschaftliche Lage der beitretenden Gesellschaften bezogen auf den Anpassungsstichtag aufgrund eines atypischen Schuldbeitritts käme dann in Betracht, wenn sich der Vereinbarung entnehmen ließe, hinter dem Versorgungsversprechen der originären Versorgungsschuldnerin stehe der gesamte Konzern oder jedenfalls die jeweilige Konzernobergesellschaft mit der Folge, dass die Betriebsrenten der Versorgungsempfänger nach § 16 BetrAVG bereits dann anzupassen wären, wenn nur die wirtschaftliche Lage der Konzernobergesellschaft eine Anpassung zuließe.
Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass ein Berechnungsdurchgriff aufgrund eines atypischen Schuldbeitritts einen Gleichlauf von Zurechnung und Innenhaftung im Sinne einer Einstandspflicht/Haftung des anderen Konzernunternehmens gegenüber dem Versorgungsschuldner voraussetzt. Wird der Versorgungsschuldner auf Betriebsrentenanpassung in Anspruch genommen, weil ihm die günstige wirtschaftliche Lage eines anderen Konzernunternehmens oder der Konzernobergesellschaft zugerechnet wird, muss er grundsätzlich die Möglichkeit haben, diese höhere Belastung an das andere Unternehmen weiterzugeben, sich also bei diesem zu refinanzieren5. Fehlt es an einer Grundlage dafür, scheidet ein Berechnungsdurchgriff aus.
Führt die getroffene Vereinbarung jedoch dazu, dass die originäre Versorgungsschuldnerin der jeweiligen, die Betriebsrenten zahlenden Konzernobergesellschaft, die Aufwendungen hierfür zu erstatten haben, spricht dies egen einen Gleichlauf von Zurechnung und Innenhaftung und würde ggf. dazu führen, dass eine Anpassung in die wirtschaftliche Substanz der originären Versorgungsschuldnerinnen eingreifen würde.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. September 2015 – 3 AZR 839/13
- vgl. Palandt/Grüneberg 74. Aufl. Überbl. v. § 414 Rn. 2[↩]
- BFH 26.04.2012 – IV R 43/09, Rn. 15, BFHE 237, 215[↩]
- Bamberger/Roth/Rohe BGB 3. Aufl. Bd. 1 §§ 414, 415 Rn. 31[↩]
- BGH 7.11.1995 – XI ZR 235/94, zu 2 b bb der Gründe; Bamberger/Roth/Rohe aaO Rn. 33[↩]
- vgl. BAG 29.09.2010 – 3 AZR 427/08, Rn. 32, BAGE 135, 344[↩]