Auch eine ungewöhnlich hohe Abfindung (hier: in Höhe von ca. 72 Monatsgehältern) kann wirksam vereinbart werden.
Mit dieser Begründung hat jetzt das Landesarbeitsgericht Hamm eine Klage der Stadt Iserlohn gegen einen ehemaligen Verwaltungsangestellten auf Rückzahlung einer Abfindung in Höhe von rund 265.000,00 € abgewiesen, welche die Stadt ihrem Verwaltungsangestellten im Rahmen eines im Januar 2019 geschlossenen Aufhebungsvertrages zugesagt und später auch gezahlt hatte. Das Arbeitsgericht Iserlohn hatte den ausgeschiedenen Arbeitnehmer in erster Instanz noch zur Rückzahlung der Abfindung in Höhe des zugesagten Bruttobetrages verurteilt1.
er beklagte Verwaltungsanstellte war seit Januar 2008 bei der Stadt Iserlohn gegen ein monatliches Tarifentgelt in Höhe von rund 3.700,00 € brutto beschäftigt. Nach Differenzen mit Vorgesetzten unter anderem wegen der Einführung eines neuen Schichtdienstmodells, bot die Stadt diesem die Auflösung des Arbeitsverhältnisses bei rund siebenmonatiger bezahlter Freistellung und gegen Zahlung einer Abfindung von 250.000,00 € zuzüglich Steigerungsbeträgen bei vorzeitiger Beendigung an. Bei Aufhebung letztlich zum 30. April 2019 zahlte die Stadt eine Abfindung in Höhe von 264.800,00 € brutto. Es folgten die Einleitung eines staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens, die Anordnung eines Vermögensarrests gegen den Beklagten in Höhe der Zahlung durch das Amtsgericht Hagen und das Eingreifen der Kommunalaufsicht. Gegen den im Kontext dieses Sachverhalts zurückgetretenen früheren Bürgermeister der Stadt Iserlohn, den damaligen Bereichsleiter Personal und den beklagten Arbeitnehmer ist zwischenzeitlich Anklage mit dem Tatvorwurf der Untreue bzw. der Beilhilfe zur Untreue erhoben worden.
Der parallel zum Strafverfahren im April 2020 anhängig gemachten Klage der Stadt auf Rückzahlung der Abfindung gab das Arbeitsgericht Iserlohn statt. Der Aufhebungsvertrag sei gemäß § 74 Abs. 3 Landespersonalvertretungsgesetz (LPVG) NRW unwirksam. Die Stadt habe den Personalrat nicht ausreichend über die Inhalte des Aufhebungsvertrages informiert und insbesondere keine Angaben zur Höhe der Abfindung gemacht. Dies führe zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages und lasse den Rechtsgrund für die darauf geleisteten Zahlungen entfallen. Dem folgte das Landesarbeitsgericht nach der kurzen mündlichen Urteilsbegründung am Schluss der Sitzung nicht. Die mangelhafte Beteiligung des Personalrats gehe auf ein Versäumnis der Stadt zurück, weshalb sich diese auf eine daraus folgende Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages nicht berufen könne. Es sei auch nicht erkennbar, dass der beklagte Arbeitnehmer mit dem Abschluss des Aufhebungsvertrages gegen Strafgesetze oder die guten Sitten verstoßen habe. Selbiges könne allein aus einer im Vergleich zu den Gepflogenheiten öffentlicher Arbeitgeber ungewöhnlich hohen Abfindung nicht gefolgert werden. Vielmehr habe dieser das ihm vorteilhaft erscheinende Angebot annehmen dürfen.
LAmtsgericht Hamm, Urteil vom 15. Februar 2022 – 6 Sa 903/21
- ArbG Iserlohn, Urteil vom 15.02.2022 – 1 Ca 737/20[↩]
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