Das Kennenlern-Praktikum eines Arbeitsplatzbewerbers – und die gesetzliche Unfallversicherung

Eine Arbeitsplatzbewerberin steht bei der Besichtigung des Unternehmens im Rahmen eines eintägigen unentgeltlichen „Kennenlern-Praktikums“ unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Das Kennenlern-Praktikum eines Arbeitsplatzbewerbers – und die gesetzliche Unfallversicherung

In dem hier vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall absolvierte die Stellenbewerberin bei einem Unternehmen ein unentgeltliches eintägiges „Kennenlern-Praktikum“ auf der Grundlage einer „Kennenlern-/Praktikums-Vereinbarung“ mit diesem Unternehmen. Während des „Kennenlern-Praktikums“ fanden unter anderem Gespräche, eine Betriebsführung, ein fachlicher Austausch mit der IT-Abteilung und zum Abschluss die Besichtigung eines Hochregallagers statt. Bei der Besichtigung des Hochregallagers stürzte die Stellenbewerberin und brach sich den rechten Oberarm.

Anders als die Berufsgenossenschaft Holz und Metall sowie in den Vorinstanzen das Sozialgericht Augsburg1 und das Bayerische Landessozialgericht2 hat das Bundessozialgericht festgestellt, dass die Stellenbewerberin einen Arbeitsunfall erlitten hat:

Die Stellenbewerberin war zum Zeitpunkt des Unfalles Teilnehmerin einer Unternehmensbesichtigung. Teilnehmer einer Unternehmensbesichtigung sind nach der Satzung der beklagten Berufsgenossenschaft Holz und Metall – im Unterschied zu Satzungen anderer Unfallversicherungsträger – unfallversichert. Das eigene – unversicherte – Interesse der Stellenbewerberin am Kennenlernen des potenziellen zukünftigen Arbeitgebers steht dem Unfallversicherungsschutz kraft Satzung hier nicht entgegen. Die Satzungsregelung der Beklagten ist nicht auf Personen beschränkt, deren Aufenthalt im Unternehmen ausschließlich der Besichtigung dient. Unternehmer sollen vielmehr umfassend von Haftungsrisiken befreit werden, die durch erhöhte Gefahren bei Unternehmensbesuchen entstehen können.

Bundessozialgericht, Urteil vom 31. März 2022 – B 2 U 13/20 R

  1. SG Augsburg, Urteil vom 15.02.2018 – S 18 U 169/17[]
  2. BayLSG, Urteil vom 28.07.2020 – L 3 U 117/18[]

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