Wird der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens (§ 68 Satz 1 FGO).
Diese Vorschrift gilt nach § 121 Satz 1 FGO auch im Revisionsverfahren.
Die Begriffe „geändert“ und „ersetzt“ sind weit auszulegen. Eine Änderung oder Ersetzung setzt voraus, dass der mit der Klage angefochtene Verwaltungsakt partiell oder seinem ganzen Inhalt nach durch Erlass eines anderen Verwaltungsakts geändert oder aus formellen Gründen aufgehoben und durch einen anderen Verwaltungsakt ersetzt wird1.
Ausreichend für die Anwendung des § 68 FGO ist es, wenn beide Bescheide „dieselbe Steuersache“, das heißt dieselben Beteiligten und denselben Besteuerungsgegenstand betreffen2.
Ausgehend von diesem weiten Verständnis des § 68 FGO ist im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall der neue Bescheid Gegenstand des Verfahrens geworden. Er hat die bislang vom Kläger angefochtenen Bescheide nicht geändert, aber ersetzt. Der neue Bescheid betrifft denselben Regelungsgegenstand wie die aufgehobenen Bescheide, denn er nimmt den Kläger wegen derselben freigebigen Zuwendung weiter auf Schenkungsteuer in Anspruch.
Das angefochtene finanzgerichtliche Urteil war noch zu den zwischenzeitlich aufgehobenen Bescheiden ergangen und daher gegenstandslos und aufzuheben3. Einer Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht nach § 127 FGO bedurfte es nicht, da sich aufgrund des neuen Schenkungsteuerbescheids an den zwischen den Beteiligten streitigen Punkten im Übrigen nichts geändert hat4. Die vom Finanzgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen bilden nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des Bundesfinanzhofs, sodass der Bundesfinanzhof in der Sache selbst entscheiden kann5.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 8. November 2023 – II R 22/20
- Krumm in Tipke/Kruse, § 68 FGO Rz 8 f.[↩]
- BFH, Urteil vom 10.11.2020 – VII R 8/19, BFH/NV 2021, 1091, Rz 50, m.w.N.[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 14.11.2018 – II R 34/15, BFHE 263, 273, BStBl II 2019, 674, Rz 12, m.w.N.[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 14.11.2018 – II R 34/15, BFHE 263, 273, BStBl II 2019, 674, Rz 13[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 26.06.2019 – II R 58/15, BFH/NV 2019, 1222, Rz 11, m.w.N.[↩]