Aktien-Leerverkäufe und die Kapitalertragsteuer

Das Bundesfinanzministerium hat jetzt in einem Rundschreiben Stellung genommen zu der Frage, wie im Hinblick auf die Kapitalertragsteuer bei Leerverkäufen von Aktien über den Dividendenstichtag zu verfahren ist, wenn die für den Verkäufer der Aktien den Verkaufsauftrag ausführende Stelle kein inländisches Kreditinstitut oder Finanzdienstleistungsinstitut im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 Buchstabe b EStG ist. In derartigen Fällen besteht die Gefahr einer mehrfachen Bescheinigung von Kapitalertragsteuer in Steuerbescheinigungen im Sinne des § 45a Abs. 3 EStG, obwohl nur einmal Kapitalertragsteuer zu Lasten des rechtlichen Eigentümers der Aktien einbehalten worden ist und kein weiterer Abzug von Kapitalertragsteuer nach § 44 Abs. 1 Satz 3 i. V. mit § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG erfolgte.

Aktien-Leerverkäufe und die Kapitalertragsteuer

Nach dem jetzt veröffentlichten BMF-Rundschreiben gilt hierfür:

Bestehen zwischen dem Leerverkäufer und dem Käufer Absprachen, die einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen dem Leerverkauf und dem Kauf begründen, ist dem Käufer in diesen Fällen bekannt, dass ihm eine Steuerbescheinigung ausgestellt wurde, obwohl die darin ausgewiesene Kapitalertragsteuer nicht erhoben bzw. abgeführt worden ist. In diesen Fällen ist die in der Bescheinigung ausgewiesene Kapitalertragsteuer nicht gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG, § 31 KStG anzurechnen, weil sie nicht erhoben worden ist. Weiterhin liegen die Voraussetzungen für eine Erstattung der Kapitalertragsteuer gemäß §§ 44a Abs. 7 und 8, 44b Abs. 1 EStG, § 11 Abs. 2 InvStG nicht vor.

 

1. Verfahrensweise bei der Veranlagung

Zur Aufklärung derartiger Fälle hat die die Kapitalerträge auszahlende Stelle  in der Steuerbescheinigung am Ende folgende Angaben zu vermerken:

„In der bescheinigten Höhe der Kapitalerträge sind enthalten:
Kapitalerträge im Sinne des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG aus Aktien, die mit Dividendenanspruch erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert wurden …………….
hierauf bescheinigte Kapitalertragsteuer …………….“.

Für Aktienerwerbe im börslichen Kassahandel sind diese Angaben in der Steuerbescheinigung zu vermerken, wenn der Aktienerwerb gemäß Schlusstag am Tag der Hauptversammlung, die über die Dividende beschließt, oder am Tag davor erfolgt. Bei Optionen auf inländische Aktien an einer Terminbörse mit Erfüllung durch physische Lieferung des Basiswertes ist entsprechend vorzugehen, wenn bei EUREX-Optionen die Ausübung der Option am Tag der Hauptversammlung oder am Tag davor erfolgt oder – soweit eine andere Terminbörse betroffen ist – um so viele Tage vorher stattfindet, wie die dort geltende Lieferbedingung eine Belieferung vorsieht.
Hat die auszahlende Stelle eine Steuerbescheinigung ausgestellt, die diese Angaben nicht enthält, hat sie die Bescheinigung zurückzufordern und durch eine Bescheinigung mit diesen Angaben zu ersetzen. § 45a Abs. 6 EStG findet entsprechend Anwendung. Die Rückforderung nach § 45a Abs. 6 Satz 1 EStG hat zu erfolgen, sobald die auszahlende Stelle erkennen kann, dass die Steuerbescheinigung den Anforderungen dieses Schreibens nicht entspricht und die Zusendung einer berichtigten Bescheinigung an den Empfänger der Kapitalerträge nach Umsetzung der für dieses Schreiben notwendigen informationstechnischen Anwendungen möglich ist.
Wird das Finanzamt durch die auszahlende Stelle gemäß § 45a Abs. 6 Satz 3 EStG informiert, hat es in diesen Fällen das Bundeszentralamt für Steuern hierüber zu benachrichtigen.

Eine Anrechnung sowie eine Erstattung der in dieser Steuerbescheinigung angeführten Kapitalertragsteuer kann nur erfolgen, wenn die Steuerbescheinigung im Rahmen der Veranlagung gemeinsam mit der Bescheinigung eines zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung befugten Berufsträgers im Sinne der §§ 3, 3a des Steuerberatungsgesetzes oder einer behördlich anerkannten Wirtschaftsprüfungsstelle eingereicht wird, in der Folgendes bestätigt wird:

„Es liegen mir auf Grund des mir möglichen Einblicks in die Unternehmensverhält-nisse und nach Befragung des Steuerpflichtigen keine Erkenntnisse über Absprachen des Steuerpflichtigen im Hinblick auf den über den Dividendenstichtag vollzogenen Erwerb der Aktien im Sinne der Steuerbescheinigung sowie entsprechende Leerver-käufe, bei denen § 44 Abs. 1 Satz 3 i. V. mit § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG keine Anwendung gefunden hat, vor.“

 

2. Verfahrensweise bei der Erstattung gemäß § 44b EStG

Beantragen die Steuerpflichtigen eine Erstattung im Sinne des § 44b Abs. 1 EStG und fügen sie hierzu eine Steuerbescheinigung im Sinne der Nummer 1 bei, ist eine Erstattung ausgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige keine Bescheinigung des Berufsträgers oder der Wirtschaftsprüfungsstelle im Sinne der Nummer 1 vorlegt.
Erhält das Bundeszentralamt für Steuern eine Benachrichtigung des Finanzamts gemäß § 45a Abs. 6 EStG entsprechend der Nummer 1, hat es den Steuerpflichtigen aufzufordern, die berichtigte Steuerbescheinigung sowie die Bescheinigung im Sinne des Satzes 1 vorzulegen. Kommt der Steuerpflichtige dieser Aufforderung nicht nach, hat das Bundeszentralamt für Steuern die erstatteten Beträge gemäß § 37 Abs. 2 AO zurückzufordern.

3. Verfahrensweise bei der Erstattung gemäß § 45b Abs. 1 EStG

Anteilseigner, die ab 1. Januar 2009 Aktien mit Dividendenanspruch erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert bekommen haben, haben gegenüber ihrem Vertreter bis 31. Januar 2010 die Bescheinigung eines zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung befugten Berufsträgers im Sinne der §§ 3, 3a des Steuerberatungsgesetzes oder einer behördlich anerkannten Wirtschaftsprüfungsstelle einzureichen, in der Folgendes bestätigt wird:

„Mir liegen auf Grund des mir möglichen Einblicks in die Unternehmensverhältnisse und nach Befragung des Steuerpflichtigen für das Jahr 2009 keine Erkenntnisse über Absprachen des Steuerpflichtigen im Hinblick auf den über den Dividendenstichtag vollzogenen Erwerb der Aktien im Sinne der Steuerbescheinigung sowie entsprechende Leerverkäufe, bei denen § 44 Abs. 1 Satz 3 i. V. mit § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG keine Anwendung gefunden hat, vor.“

Der Vertreter des Anteilseigners im Sinne des § 45b Abs. 1 EStG hat dem Bundeszentralamt für Steuern bis zum 31. März 2010 die Fälle mitzuteilen, bei denen Anteilseigner ab 1. Januar 2009 Aktien mit Dividendenanspruch erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert bekommen haben. Weiterhin hat er dem Bundeszentralamt für Steuern mitzuteilen, ob die entsprechende Bescheinigung eingereicht wurde. Liegt keine Bescheinigung vor, hat das Bundeszentralamt für Steuern davon auszugehen, dass Beträge zu Unrecht erstattet wurden und sie gemäß § 45b Abs. 3 Satz 2 EStG zurückzufordern. § 45b Abs. 3 Satz 3 EStG findet keine Anwendung.
Diese Grundsätze finden keine Anwendung auf natürliche Personen als Anteilseigner.

4. Verfahrensweise bei der Erstattung gemäß § 11 Abs. 2 InvStG

Inländische Spezial-Sondervermögen oder Spezial-Investmentaktiengesellschaften, die ab 1. Januar 2009 Aktien mit Dividendenanspruch erworben, aber ohne Dividendenanspruch ge-liefert bekommen haben, haben gegenüber ihrer Depotbank bis 31. Januar 2010 die Beschei-nigung eines zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung befugten Berufsträgers im Sinne der §§ 3, 3a des Steuerberatungsgesetzes oder einer behördlich anerkannten Wirtschaftsprüfungsstelle ein-zureichen, in der Folgendes bestätigt wird:

„Es liegen keine Erkenntnisse vor, dass die Kapitalanlagegesellschaft Absprachen im Hinblick auf den über den Dividendenstichtag vollzogenen Erwerb der Aktien im Sinne der Steuerbescheinigung sowie entsprechende Leerverkäufe, bei denen § 44 Abs. 1 Satz 3 i. V. mit § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG keine Anwendung gefunden hat, getroffen hat. Hinsichtlich der von der Kapitalanlagegesellschaft beauftragten externen Portfoliomanager oder Portfolioberater liegen keine Erkenntnisse vor, dass diese durch die Kapitalanlagegesellschaft aufgefordert worden sind, solche Absprachen zu treffen und es liegen auch keine Erkenntnisse vor, dass solche Absprachen getroffen wurden.“

Die Depotbank des Spezial-Sondervermögens oder der Spezial-Investmentaktiengesellschaft hat dem Bundeszentralamt für Steuern bis zum 31. März 2010 die Fälle mitzuteilen, bei denen das Spezial-Sondervermögen oder die Spezial-Investmentaktiengesellschaft ab 1. Januar 2009 Aktien mit Dividendenanspruch erworben, aber ohne Dividendenanspruch geliefert bekommen haben. Weiterhin haben sie dem Bundeszentralamt für Steuern mitzuteilen, ob die entsprechende Bescheinigung eingereicht wurde. Liegt keine Bescheinigung vor, hat das Bundeszentralamt für Steuern davon auszugehen, dass Beträge zu Unrecht erstattet wurden und sie gemäß § 45b Abs. 3 Satz 2 EStG zurückzufordern. § 45b Abs. 3 Satz 3 EStG findet keine Anwendung.

Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 5. Mai 2009 – IV C 1 – S 2252/09/10003 – [DOK 2009/0288260]