Gesonderte und einheitliche Feststellung für eine beendete GbR – und die Klagebefugnis

§ 48 der Finanzgerichtsordnung i.d.F. des Art. 27 des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes gilt auch für im Zeitpunkt seines Inkrafttretens am 01.01.2024 bereits anhängige Klageverfahren.

Gesonderte und einheitliche Feststellung für eine beendete GbR – und die Klagebefugnis

Die Frage der Klagebefugnis bestimmt sich seit 2024 nach § 48 FGO i.d.F. des Art. 27 des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes vom 22.12.20231 -FGO n.F. Diese Regelung ist am 01.01.2024 in Kraft getreten (Art. 36 Abs. 3 des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes) und gilt damit auch für im Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits anhängige Klageverfahren. Die Neufassung ist mithin selbst dann anwendbar, wenn der angegriffene Feststellungsbescheid vor dem 01.01.2024 wirksam geworden ist2.

Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 06.12.20003. Diese Entscheidung betraf die zeitliche Anwendungsbestimmung des Art. 97 § 18 Abs. 3 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO), die ganz allgemein die (zum 01.01.1996 geänderten) Vorschriften der Abgabenordnung über die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs zum Gegenstand hatte. Hingegen bezieht sich Art. 97 § 39 Abs. 4 EGAO speziell auf die Anwendung des § 352 AO i.d.F. des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes -AO n.F.- (Einspruchsbefugnis). Eine entsprechende Anwendungsbestimmung zur Parallelvorschrift des § 48 FGO n.F. hat der Gesetzgeber indes -scheinbar bewusst- nicht aufgestellt. Ein offenbares Versehen des Gesetzgebers kann der Bundesfinanzhof nicht feststellen.

Nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b FGO n.F. kann, wenn die rechtsfähige Personenvereinigung (vgl. dazu § 14a Abs. 2 AO n.F.) nicht mehr besteht, jeder Gesellschafter oder Gemeinschafter Klage erheben, gegen den der Gewinnfeststellungsbescheid ergangen ist oder zu ergehen hätte. Danach gelten bei einer zivilrechtlichen Vollbeendigung im Ergebnis dieselben Grundsätze wie vor der Änderung des § 48 FGO4. Nach diesen erlosch mit Vollbeendigung einer Personengesellschaft (zum Beispiel einer GbR) durch Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters (Anwachsung) die nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO a.F. gegebene Klagebefugnis der Personengesellschaft5. Klagebefugt waren dann wieder diejenigen ehemaligen Gesellschafter, die im Streitjahr Gesellschafter der (zwischenzeitlich vollbeendeten) Personengesellschaft waren und die nach § 40 Abs. 2 FGO eine eigene Rechtsverletzung durch die angefochtenen selbständigen Feststellungen geltend machten6.

Im hier entschiedenen Streitfall ist von einer entgeltlichen Übertragung der Beteiligung der klagenden Gesellschafterin an der GbR auf ihren Mitgesellschafter und damit von einer zivilrechtlichen Vollbeendigung der GbR auszugehen. Auch wenn in diesem notariellen Auseinandersetzungsvertrag die Gesellschafterin nicht ausdrücklich ihren Gesellschaftsanteil an der GbR, sondern das hälftige Miteigentum an dem Hotelgrundstück auf B gegen Entgelt übertragen hat, so ist doch aufgrund der besonderen Umstände des Streitfalls die Wertung möglich, dass sie damit auch ihren Gesellschaftsanteil konkludent auf ihren Mitgesellschafter übertragen hat. Danach war die Gesellschafterin zur Erhebung der Klage gegen die Feststellung eines von ihr erzielten Veräußerungsgewinns befugt.

Lediglich ergänzend weist der Bundesfinanzhof darauf hin, dass das Finanzgericht infolge der Vollbeendigung der GbR auch nicht verpflichtet war, diese Personengesellschaft zum Klageverfahren notwendig beizuladen7.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 8. August 2024 – IV R 1/20

  1. BGBl 2023 – I Nr. 411[]
  2. ebenso Baum, NWB 2024, 658, 663; anderer Ansicht z.B. Brandis in Tipke/Kruse, § 48 FGO vor Rz 1; Rosenke in Hennigfeld/Rosenke, eKomm Ab 01.01.2024, § 48 Rz 2 [Aktualisierung v. 31.01.2024][]
  3. BFH, Urteil vom 06.12.2000 – VIII R 21/00, BFHE 194, 97, BStBl II 2003, 194 [Rz 13], unter Bezugnahme auf BFH, Beschluss vom 16.01.1996 – VIII B 128/95, BFHE 179, 239, BStBl II 1996, 426 [Rz 19][]
  4. vgl. BT-Drs.20/9782 (neu), S.204, 206[]
  5. z.B. BFH, Urteil vom 17.04.2019 – IV R 12/16, BFHE 264, 306, BStBl II 2019, 745, Rz 26 ff., m.w.N.[]
  6. z.B. BFH, Urteil vom 21.12.2021 – IV R 13/19, Rz 21[]
  7. z.B. BFH, Beschluss vom 19.10.2023 – IV R 13/22, BFHE 282, 399, Rz 46, m.w.N.[]