Eine Ausgleichszahlung für den Ausschluss des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs im Wege des Splittings oder des Quasi-Splittings war in den Jahren 2006 und 2007 bei dem Berechtigten dem Grunde nach als Entschädigung für entgehende Einnahmen steuerpflichtig.
Die Steuerpflicht ist auf die Quote beschränkt, die dem sozialversicherungsrechtlichen Höchstausgleich entspricht. Sie ist zusätzlich begrenzt auf den künftig der Besteuerung unterliegenden Anteil der Rente bei Rentenbeginn.
Eine Ausgleichszahlung für den Ausschluss des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs war in den Jahren 2006 und 2007 bei dem Berechtigten nicht steuerbar.
Der Versorgungsausgleich zwischen geschiedenen Ehegatten richtete sich in den jahren 2007 bis 2010 in erster Linie nach §§ 1587a, 1587b BGB in der in diesen Jahren geltenden Fassung (BGB a.F.), während das Gesetz zur Regelung von Härten im Versorgungsausgleich (VAHRG) erst zum Tragen kam, wenn der Versorgungsausgleich nach den Vorschriften des BGB a.F. nicht möglich war.
Der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich wurde entweder durch unmittelbare Aufteilung der Anrechte oder durch Begründung von Anrechten für den Versorgungsausgleichsberechtigten in der gesetzlichen Rentenversicherung zu Lasten der sonstigen Anrechte des Versorgungsausgleichsverpflichteten verwirklicht. Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung wurden nach § 1587b Abs. 1 BGB a.F. durch anteilige Übertragung der Rentenanwartschaften aufgeteilt (Splitting). Bei Versorgungsanwartschaften aus öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen begründete das Familiengericht nach § 1587b Abs. 2 BGB a.F. für den ausgleichsberechtigten Ehegatten Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung (Quasi-Splitting). Für sonstige Anwartschaften standen die Realteilung nach § 1 Abs. 2 VAHRG sowie das analoge Quasi-Splitting nach § 1 Abs. 3 VAHRG i.V.m. § 1587b Abs. 2 BGB a.F. und deren Erweiterungen durch § 3b VAHRG zur Verfügung.
War dies alles nicht möglich, erfolgte der schuldrechtliche Versorgungsausgleich nach § 2 VAHRG i.V.m. § 1587f bis 1587n BGB a.F. Er besteht im Kern darin, dass der ausgleichsverpflichtete Ehegatte bei Eintritt des Versorgungsfalles dem anderen Ehegatten eine Ausgleichsrente zahlt, der seinerseits einen Anspruch auf Abtretung der Versorgungsansprüche geltend machen kann (§§ 1587g Abs. 1 Satz 1, 1587i Abs. 1 BGB a.F.).
§ 1587o Abs. 1 BGB a.F. erlaubte es, im Zusammenhang mit der Scheidung durch eine Parteivereinbarung anstelle des Versorgungsausgleichs ein Ausgleichssurrogat und damit auch die Leistung einer Abfindung zu vereinbaren.
Eine zusätzliche Begrenzung enthielten die Vorschriften über die gesetzliche Rentenversicherung. Innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung wurde nach § 76 Abs. 1 SGB VI der zugunsten oder zu Lasten von Versicherten durchgeführte Versorgungsausgleich durch einen Zuschlag oder Abschlag von Entgeltpunkten berücksichtigt. Die Übertragung oder Begründung von Rentenanwartschaften zugunsten von Versicherten (und damit zugunsten von Versorgungsausgleichsberechtigten) führte nach § 76 Abs. 2 Satz 1 SGB VI zu einem Zuschlag an Entgeltpunkten. Dieser Zuschlag durfte nach § 76 Abs. 2 Satz 3 SGB VI zusammen mit den in der Ehezeit oder Lebenspartnerschaftszeit bereits vorhandenen Entgeltpunkten den Wert nicht übersteigen, der sich ergibt, wenn die Anzahl der Kalendermonate der Ehezeit oder Lebenspartnerschaftszeit durch sechs geteilt wird; eine Übertragung oder Begründung von Rentenanwartschaften war nur bis zu dem entsprechenden Höchstbetrag wirksam. Darüber hinaus stand regelmäßig der schuldrechtliche Versorgungsausgleich zur Verfügung.
Für die steuerliche Behandlung des Versorgungsausgleichs, wäre er durchgeführt worden, ist zu differenzieren.
Die Begründung von Rentenanwartschaften für den Ausgleichsberechtigten im Wege des Quasi-Splittings führt zur Kürzung der später zufließenden Pensionsbezüge nach § 57 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG) und somit zu einer Schmälerung der steuerpflichtigen Alterseinkünfte des Ausgleichsverpflichteten. Der Ausgleichsberechtigte hingegen hat die ihm zufließenden Renten der gesetzlichen Rentenversicherung nach Maßgabe von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG zu versteuern. Das bedeutet, dass die Besteuerung auf den in der Tabelle in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG für das jeweilige Jahr des Rentenbeginns genannten Besteuerungsanteil begrenzt ist.
Die Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs hat keinen Einfluss auf die Höhe der steuerpflichtigen Einkünfte des Ausgleichsverpflichteten. Die ungekürzten Versorgungsbezüge wären steuerrechtlich eigene Einkünfte des Verpflichteten geblieben, da die Verpflichtung, sie zum Teil an den versorgungsausgleichsberechtigten anderen Ehegatten weiterzuleiten, ein Vorgang im Bereich der Einkommensverwendung ist1. Jedoch könnte der Ausgleichsverpflichtete sie als Sonderausgaben in Gestalt dauernder Lasten gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG geltend machen, soweit sie auf steuerbaren Einkünften beruhen.
Bei dem Ausgleichsberechtigten handelt es sich um sonstige wiederkehrende Leistungen gemäß § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG, die der Besteuerung unterliegen, soweit die transferierten Leistungen bei dem Ausgleichsverpflichteten ihrerseits steuerbar waren. Beim Ausgleichsverpflichteten korrespondieren die (etwaige) Besteuerungsquote und die Sonderausgabenabzugsquote; ferner korrespondieren der Sonderausgabenabzug beim Ausgleichsverpflichteten und die Steuerpflicht beim Ausgleichsberechtigten2.
Wird der Versorgungsausgleich vertraglich ausgeschlossen und dafür eine Abfindungszahlung vereinbart, ist für deren steuerliche Behandlung beim Ausgleichsverpflichteten ebenfalls zu differenzieren.
Ein Ausgleichsverpflichteter, der als Beamter oder nach beamtenrechtlichen Grundsätzen einen Anspruch auf eine Altersversorgung hat, kann derartige Abfindungszahlungen, mit denen er die durch das Quasi-Splitting eintretende Kürzung der später zufließenden Pensionsbezüge nach § 57 BeamtVG vermeidet, ebenso wie Auffüllungszahlungen an den Dienstherrn sofort als (vorab entstandene) Werbungskosten abziehen3.
Abfindungszahlungen zur Vermeidung eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs können demgegenüber bei dem Ausgleichsverpflichteten steuerrechtlich überhaupt nicht berücksichtigt werden. Der Werbungskostenabzug scheitert daran, dass dem Ausgleichsverpflichteten auch bei Durchführung des Versorgungsausgleichs die ungekürzten Versorgungsbezüge verbleiben. Dies korrespondiert mit der steuerrechtlichen Behandlung der Einkünfte bei Durchführung des Versorgungsausgleichs. Anders als bei einem tatsächlich durchgeführten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich ist jedoch auch der Sonderausgabenabzug nicht möglich, da die Abfindungszahlung den Transfer steuerrechtlicher Leistungsfähigkeit gerade verhindert. Der Abzug als außergewöhnliche Belastung kommt schließlich ebenfalls nicht in Betracht, weil es sich um Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Vermögensauseinandersetzung handelt4.
Bei dem Ausgleichsberechtigten ist ebenfalls zu unterscheiden. Soweit mit einer Abfindungszahlung das Quasi-Splitting ausgeschlossen wird, unterliegt diese dem Grunde nach der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG. Dies ist jedoch beschränkt auf den Besteuerungsanteil, der sich aus den Tabelle in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG ergibt.
Nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG gehören zu den Einkünften i.S. des § 2 Abs. 1 EStG auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt worden sind.
Die (ehemalige) Ehefrau als Ausgleichsberechtigte hat die Abfindungszahlung als Ersatz für entgehende Einnahmen erhalten, und zwar, soweit sie das Quasi-Splitting betrifft, für die Leibrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die sie bezogen hätte, wäre der Versorgungsausgleich durchgeführt worden. Es ist unschädlich, wenn, wie hier, der Ersatz durch einen Dritten geleistet wird5. Die entgehenden Einnahmen aus der gesetzlichen Rentenversicherung wären mit der entsprechenden Besteuerungsquote nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG steuerpflichtig gewesen. Der Einwand, § 24 EStG begründe keinen selbständigen Steuertatbestand, geht daher ins Leere. Die Besteuerung gründet auf der Steuerpflicht derjenigen Einnahmen, die die Abfindungszahlung ersetzt.
Einer Zwangslage auf Seiten des Empfängers bedarf es jedenfalls bei Leistungen zur Abfindung eines Versorgungsausgleichs nicht.
Grundsätzlich setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH der Begriff der Entschädigung u.a. voraus, dass der Steuerpflichtige unter einem nicht unerheblichen rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck handelt, sich also in einer nicht von ihm, sondern von dem Leistenden herbeigeführten Zwangssituation befindet6. Dem steht eine einverständliche Regelung allerdings nicht entgegen. Es reicht aus, wenn der Empfänger in einer Konfliktsituation zur Vermeidung von Streitigkeiten, obwohl ihm eine andere Lösung lieber gewesen wäre, letztlich nachgegeben hat7.
Der Bundesfinanzhof lässt dahingestellt, ob er grundsätzlich im Rahmen des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG an dem Erfordernis der Zwangssituation festhalten möchte. Im Streitfall hat das Finanzgericht Feststellungen zu der Frage, welcher der vormaligen Ehegatten Interesse an der Ablösung des Versorgungsausgleichs und insoweit die Initiative ergriffen hatte, nicht getroffen. Aus dem Wortlaut des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ergibt sich dieses Tatbestandsmerkmal nicht. Aus dem Zweck dieser Norm ist die Notwendigkeit eines solchen ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals ebenfalls nicht abzuleiten. Vielmehr ist es folgerichtig, Ersatzleistungen für Einkünfte jedweder Art ebenso der Besteuerung zu unterwerfen wie die Einkünfte selbst, gleich, wie die Ersatzleistung zustande gekommen ist. Einen Anknüpfungspunkt für die Forderung nach einer Druck- oder Zwangssituation bietet erst die -im Streitfall mangels Zusammenballung der Abfindungszahlung ohnehin nicht anwendbare- Vorschrift des § 34 EStG, die das Vorliegen „außerordentlicher“ Einkünfte voraussetzt. Dies gebietet es jedoch nicht, bereits die Anwendbarkeit des -nicht eine Steuervergünstigung, sondern die Steuerbarkeit als solche regelnden- Tatbestands des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG hiervon abhängig zu machen.
Soweit es um die Frage geht, ob eine Abfindungszahlung für den Ausschluss eines Versorgungsausgleichs eine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ist, wäre aber das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der durch den Leistenden herbeigeführten Zwangslage auch nicht anwendbar. Die Einheit der Rechtsordnung gebietet insoweit die wortlautgemäße Anwendung der Norm. Das Scheidungsrecht ist heute und war auch bereits in den Streitjahren grundsätzlich verschuldensunabhängig ausgestaltet. Das galt auch für den Versorgungsausgleich. Soweit §§ 1587c Nr. 2, 3, 1587h Nr. 2, 3 BGB a.F. den Versorgungsausgleich in Fällen selbst herbeigeführter Versorgungslücken sowie bei langer und gröblicher Verletzung der Unterhaltspflicht ausschlossen, handelt es sich um spezialgesetzliche Ausnahmen. Fehlen deren Voraussetzungen, findet eine Verhaltens- und Verschuldensprüfung nicht statt. Es wäre ein Wertungswiderspruch, wenn im Besteuerungsverfahren das persönliche Verhältnis der in Scheidung befindlichen Ehegatten im Hinblick auf die Feststellung einer Zwangslage in einer Weise durchleuchtet werden müsste, in der das Familienrecht dies ausdrücklich nicht vorsieht. Da für die Frage, wie eine Vereinbarung über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs zustande gekommen ist, eine entsprechende spezialgesetzliche Anordnung für eine derartige Prüfung fehlt, muss sie auch im Besteuerungsverfahren unterbleiben. Das bedeutet, dass in derartigen Fällen eine Entschädigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG bereits ohne besondere Prüfung einer Zwangslage zu bejahen ist.
Die Besteuerung der Abfindungszahlung ist auf den Besteuerungsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG beschränkt, mit der die Rentenzahlungen besteuert worden wären, wäre der Versorgungsausgleich durchgeführt worden. Die Steuerpflicht der Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ist von der Steuerpflicht derjenigen Einnahmen abgeleitet, die sie ersetzen. Sie setzt folglich voraus, dass die künftigen Einnahmen, um die es geht, ihrerseits steuerbar gewesen wären. Das bedeutet weiter, dass die Entschädigung nur insoweit der Besteuerung unterliegt, als die Einnahmen steuerpflichtig gewesen wären. Die entsprechende Quote ist daher auch auf die Steuerpflicht der Entschädigung anzuwenden.
Abzustellen ist deshalb auf das Jahr des voraussichtlichen Renteneintritts. Nicht maßgebend ist das Jahr, in dem die Abfindungszahlung geleistet worden ist. Diese Sachlage ist nicht zu verwechseln mit der durch einen Versorgungsträger geleisteten Abfindung, die, sofern sie § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG unterfällt, mit dem Besteuerungsanteil des Zahlungsjahres steuerpflichtig ist8. Auf diese ist der Besteuerungsanteil aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG unmittelbar anwendbar. Da die Steuerpflicht der im Streitfall zu beurteilenden Entschädigung aber mit der Steuerpflicht der ausgefallenen Einnahmen steht und fällt, ist sie auch auf die Besteuerungsquote dieser Einnahmen begrenzt.
Soweit die Abfindungszahlung hingegen den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich ausschließt, ist sie nicht steuerbar. Die tatbestandlich gegebene Steuerpflicht nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG ist wegen fehlenden Transfers von Leistungsfähigkeit aus systematischen und teleologischen Gründen auf Null zu reduzieren.
Bei entsprechender Anwendung der erörterten Grundsätze wäre die Abfindungszahlung auch steuerpflichtig, soweit sie sich auf den Ausschluss des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs bezieht. Die von dem Ausgleichsberechtigten vereinnahmten Zahlungen wären als wiederkehrende Leistungen nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG steuerbar und steuerpflichtig gewesen, so dass dem Grunde nach die Steuerpflicht der Abfindungszahlung als Entschädigung nach § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG eröffnet wäre. Nur die Einschränkung wäre insoweit zu modifizieren, als nicht die Besteuerungsquote nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG, sondern die Besteuerungsquote nach Maßgabe der BFH, Urteile in BFHE 203, 337, BStBl II 2007, 749 und BFH/NV 2004, 478 zum Tragen käme.
Die Steuerbarkeit der bei Durchführung eines Versorgungsausgleichs durch den Ausgleichsberechtigten vereinnahmten Leistungen gründet bei den unterschiedlichen Arten des Versorgungsausgleichs auf gänzlich unterschiedlicher systematischer Quelle.
Bei Durchführung des Quasi-Splittings folgt die Steuerpflicht unmittelbar aus § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG. Die Korrespondenz der Besteuerung zwischen Ausgleichsverpflichtetem und Ausgleichsberechtigten ist nur eingeschränkt gewährleistet. Dem Totalverlust der ausgeglichenen Versorgungsansprüche auf Seiten des Ausgleichsverpflichteten und der naturgemäß damit einhergehenden fehlenden Steuerbarkeit steht eine ggf. nur anteilige Steuerpflicht des Ausgleichsberechtigten nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG gegenüber. Dies resultiert aus der Beteiligung zweier Versorgungssysteme, die ihrerseits unterschiedlichen Besteuerungsregimen unterworfen sind.
Beim schuldrechtlichen Versorgungsausgleich folgt die Steuerpflicht aus § 22 Nr. 1 Satz 1 EStG. Bei Anwendung dieser Vorschrift hat sich der Bundesfinanzhof maßgebend darauf gestützt, dass ein Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit stattfinde, der bei dem Ausgleichsverpflichteten zum Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG, auf der anderen Seite aber bei dem Ausgleichsberechtigten zur Steuerpflicht führen müsse. Auch im Umfang hat der Bundesfinanzhof die Besteuerung bei dem Ausgleichsberechtigten davon abhängig gemacht, dass die Zahlungen bei dem Ausgleichsverpflichteten aus steuerbaren Einkünften erbracht wurden. Insgesamt beruht die steuerliche Behandlung der Leistungen im Rahmen eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs auf einem weitgehenden Korrespondenzprinzip zwischen den beiden Parteien des Versorgungsausgleichs9.
Die Steuerbarkeit der für den Ausschluss des Quasi-Splittings geleisteten Zahlung ist nach Grund und Höhe aus der Steuerbarkeit der bei Durchführung des Versorgungsausgleichs zu erwartenden Rentenzahlungen abgeleitet. Die erhaltene Abfindung ist steuerpflichtig, weil die entgangenen Einnahmen steuerpflichtig gewesen wären, und sie ist gerade insoweit steuerpflichtig, wie die entgangenen Einnahmen es gewesen wären. Insoweit besteht Korrespondenz zwischen der steuerlichen Behandlung des Versorgungsausgleichs und der steuerlichen Behandlung der Abfindung zu dessen Ausschluss.
Eine Korrespondenz der Besteuerung zwischen Ausgleichsverpflichtetem und Ausgleichsberechtigten ist für diese Überlegungen nicht tragend, zumal das Korrespondenzprinzip für sich genommen keinen Besteuerungstatbestand bildet und daher für die Besteuerung nicht konstitutiv sein kann. Im Ergebnis allerdings findet sich das im Quasi-Splitting vorhandene Maß an Korrespondenz auch in der Besteuerung der Abfindungszahlung wieder, so dass immerhin kein Systembruch entsteht: Der Berechtigte hat die Abfindungszahlung mit der jeweiligen Besteuerungsquote des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG zu versteuern. Der Verpflichtete kann sie in demselben Umfange als Werbungskosten abziehen.
Werden Abfindungszahlungen zum Ausschluss eines schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs geleistet, so schließt jedoch die fehlende Korrespondenz zwischen Ausgleichsverpflichtetem und Ausgleichsberechtigtem die Besteuerung bei letzterem aus.
Während rechtstechnisch aus den unter II. 5.a genannten Gründen die steuerliche Erfassung bei dem Berechtigten folgerichtig wäre, geböte das Korrespondenzprinzip andererseits die Steuerfreiheit der Abfindungszahlung. Der Bundesfinanzhof hat die Abziehbarkeit der Abfindungszahlung bei dem Leistenden nicht nur als Werbungskosten, sondern auch als Sonderausgaben mit der Überlegung abgelehnt, dass sie gerade keinen Transfer steuerlicher Leistungsfähigkeit bewirken10. Der Ausgleichsverpflichtete erbringt insoweit die Abfindungszahlung aus versteuertem Einkommen. Unter Korrespondenzgesichtspunkten müsste die Zahlung bei dem Ausgleichsberechtigten steuerfrei sein.
Der Bundesfinanzhof löst diesen Konflikt zugunsten des Korrespondenzprinzips auf. Da die Abfindungszahlung bei dem Ausgleichsverpflichteten nicht steuerlich berücksichtigt werden kann, ist sie bei dem Ausgleichsberechtigten nicht steuerbar.
Maßgebend dafür ist allerdings nicht unmittelbar das Bestreben, bei isolierter Betrachtung der steuerlichen Behandlung der Abfindungszahlung Korrespondenz herzustellen. Ein allgemeines Korrespondenzprinzip, das sich auf jedwede Zahlungen bei dem Leistenden und dem Leistungsempfänger erstreckte, ist dem Einkommensteuerrecht unbekannt. Entscheidend ist vielmehr, dass die steuerliche Behandlung des durchgeführten Versorgungsausgleichs von dem Gedanken des Transfers von Einkünften und damit von dem Korrespondenzprinzip zwischen dem Ausgleichsberechtigten und dem Ausgleichsverpflichteten beherrscht wird. Wenn aber die steuerliche Behandlung von Abfindungszahlungen von der steuerlichen Behandlung von Versorgungsausgleichsleistungen abhängig gemacht wird, ist es folgerichtig, nicht nur das steuerpraktische Ergebnis, sondern auch die für die Besteuerung des Versorgungsausgleichs prägenden Grundsätze zu übertragen. Ist der Transfer von Einkünften tragendes Merkmal der Besteuerung im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich, so bedeutet das, dass die erhaltene Abfindung auch nur steuerbar sein kann, wenn sie Ausdruck eines Transfers von Einkünften ist. Da dieser Transfer gerade nicht stattfindet, scheidet auch die Besteuerung aus.
Unter diesem Aspekt ist der Ausschluss der Steuerbarkeit einer Abfindungszahlung für den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gerade keine isolierte Anwendung des Korrespondenzprinzips. Vielmehr setzt er lediglich den in § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG angelegten und auch beim Quasi-Splitting verfolgten Gedanken, dass die Besteuerung der Abfindungszahlung aus der Besteuerung des laufenden Versorgungsausgleichs abgeleitet ist, umfassend um.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 23. November 2016 – X R 48/14
- vgl. im Einzelnen BFH, Urteil vom 15.06.2010 – X R 23/08, BFH/NV 2010, 1807, unter II. 1.b[↩]
- vgl. im Einzelnen BFH, Urteile vom 18.09.2003 – X R 152/97, BFHE 203, 337, BStBl II 2007, 749; vom 15.10.2003 – X R 29/01, BFH/NV 2004, 478[↩]
- vgl. BFH, Urteile vom 08.03.2006 – IX R 107/00, BFHE 212, 511, BStBl II 2006, 446; in BFHE 212, 514, BStBl II 2006, 448; vom 17.06.2010 – VI R 33/08, BFH/NV 2010, 2051; vom 24.03.2011 – VI R 59/10, BFH/NV 2011, 1130[↩]
- vgl. BFH, Urteil in BFH/NV 2010, 1807, unter II. 1.b, II. 3., II. 4.[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 30.10.1970 – VI R 273/67, BFHE 100, 504, BStBl II 1971, 138, unter III.[↩]
- vgl. etwa BFH, Urteil vom 11.01.2005 – IX R 67/02, BFH/NV 2005, 1044, unter II. 1.a cc[↩]
- vgl. BFH, Urteil vom 29.02.2012 – IX R 28/11, BFHE 237, 56, BStBl II 2012, 569, unter II. 1.b[↩]
- vgl. etwa BFH, Urteil vom 23.10.2013 – X R 33/10, BFHE 243, 332, BStBl II 2014, 103 zur Austrittsleistung einer schweizerischen Pensionskasse[↩]
- vgl. BFH, Urteile in BFHE 203, 337, BStBl II 2007, 749, sowie in BFH/NV 2004, 478[↩]
- BFH, Urteil in BFH/NV 2010, 1807[↩]