Rentenerhöhungen und der steuerpflichtige Ertragsanteil

Werden Rentenleistungen aufgrund einer Überschussbeteiligung erhöht, sind die der Überschussbeteiligung dienenden Erhöhungsbeträge keine eigenständigen Renten. Das gilt auch dann, wenn darüber eine Mitgliederversammlung entscheiden muss und satzungsgemäß eine andere Verwendung des Überschusses z.B. in Form einer Beitragsminderung möglich wäre, sofern der Überschuss nur zugunsten der Versicherten zu verwenden ist. Die Rentenleistungen unterliegen insgesamt mit dem Ertragsanteil der Besteuerung, der dem Alter des Steuerpflichtigen bei Beginn der Rentenzahlung entspricht.

Rentenerhöhungen und der steuerpflichtige Ertragsanteil

Nachdem die Anknüpfung an den bürgerlich-rechtlichen Leibrentenbegriff aufgegeben worden ist1, setzt der steuerrechtliche Begriff der Leibrente gleichbleibende Leistungen/Bezüge für die Lebensdauer einer Bezugsperson voraus. Mit der Ertragswerttabelle bezweckt das Gesetz, bei einer von der Lebensdauer einer Person abhängigen Verrentung der Höhe nach feststehender Vermögensansprüche den abziehbaren/steuerbaren Zinsanteil von der nichtsteuerbaren Vermögensumschichtung zu sondern. Diese Fälle der Vermögensumschichtung sind dadurch gekennzeichnet, dass eine Versorgung der Bezugsberechtigten allenfalls Motiv für den Leistungsaustausch ist, nicht aber Vertragsinhalt in dem Sinne, dass die Höhe der Leistungen bei Änderungen in der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und/oder des Versorgungsbedürfnisses des Berechtigten schwanken könnte2.

Bei einer Erhöhung der Rente ist, falls auch das Rentenrecht eine zusätzliche Werterhöhung erfährt, der Erhöhungsbetrag als selbständige Rente anzusehen, für die der Ertragsanteil vom Zeitpunkt der Erhöhung an gesondert zu ermitteln ist; dabei ist unerheblich, ob die Erhöhung von vornherein vereinbart war oder erst im Laufe des Rentenbezugs vereinbart wird3.

Eine neue Leibrente entsteht hingegen nicht, wenn die Erhöhung in Folge einer Währungs- oder Wertsicherungsklausel eintritt, da sich in diesem Fall die Rente nicht verändert, sondern ihr innerer Wert erhalten bleibt4. Der Mehrbetrag, der auf der Wertsicherungsklausel beruht, ist vielmehr ein Teil der Rente, der die Kontinuität des inneren Wertes der Rente sicherstellt5.

Die gesetzliche Erhöhung der Sozialversicherungsrenten ist nach der BFH-Rechtsprechung entsprechend zu beurteilen6. Die Erhöhung der Rentenzahlungen durch Rentenanpassungsgesetze sei von vornherein im Stammrecht der Rente als einer Arbeitswertrente vorgesehen; das mit dem Eintritt des Versicherungsfalles begründete Rentenrecht habe die soziale Funktion, die Stellung des Rentners im Lohngefüge für die Zeit des Rentenbezugs zu erhalten. Die der Anpassung dienenden Erhöhungsbeträge seien Erträge dieses Rentenstammrechts. Da die Anpassung der Renten nur vorgenommen werde, wenn sich die allgemeine Bemessungsgrundlage des § 32 Abs. 2 AnVNG verändere, entspreche die Anpassung der Sozialversicherungsrenten der Anwendung einer Wertsicherungsklausel bei privaten Renten.

Der BFH-Rechtsprechung kann somit entnommen werden, dass Erhöhungen der Rentenzahlungen dem Rentenrecht dann immanent sind und keine eigenständigen Renten darstellen, wenn sie die in der Rente bereits angelegte Funktion und ihren Zweck lediglich umsetzen. Das betrifft sowohl die Stellung des Rentners im Lohngefüge als auch die Sicherung der Werthaltigkeit. Dass ggf. weitere Voraussetzungen für eine Rentenerhöhung vorliegen müssen, ist unschädlich, sofern diese Voraussetzungen auch der Sicherung dieser Funktion dienen bzw. damit im Zusammenhang stehen. So können z.B. unterschiedliche Entscheidungen in Bezug auf die Werthaltigkeit und Teilhabe an den Wertsteigerungen getroffen werden. Ebenso ist es möglich, bei den Sozialversicherungsrenten die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Rentenerhöhung, insbesondere die abstrakte Berechnungsformel in § 68 des Sozialgesetzbuchs Sechstes Buch, zu ändern und den tatsächlichen gesellschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Gegebenheiten anzupassen7. Anders als der Kläger meint, sind daher auch in der gesetzlichen Rentenversicherung die einzelnen Rentenerhöhungen keinesfalls starr, sicher und vorherbestimmt.

Die angeführten Urteile sind zwar nicht zu Renten ergangen, die wie die – hier streitgegenständliche – Bonusrenten der betrieblichen Altersvorsorge und damit –legt man die Konzeption des Alterseinkünftegesetzes zugrunde– der zweiten Schicht der Alterseinkünfte zuzurechnen sind. Dennoch gelten diese Aspekte auch im Streitfall, da die Frage, wann eine eigenständige Rentenerhöhung mit einem neu zu berechnenden Ertragsanteil vorliegt, für alle Leibrenten i.S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG einheitlich zu beantworten ist.

Betrachtet man vor diesem Hintergrund den Anspruch des Klägers gegen die B auf Zahlung einer Bonusrente, ergibt sich aus den dem BFH vorliegenden für den Streitfall relevanten Satzungen Folgendes: Die Rentenleistungen beruhen auf einem Beschluss der Mitgliederversammlung, die Überschussrücklage oder Rückstellung für Beitragsrückerstattung für eine Erhöhung der Leistungen zu verwenden. In diese Rückstellung bzw. Rücklage war der sich am Ende eines Wirtschaftsjahres ergebende Überschuss –ggf. nach Zuführung eines Teils des Überschusses in die Verlustrücklage — einzustellen.

Die Bonusrente entsteht zwar nicht automatisch, sobald ein Überschuss gegeben ist, da –wie der Kläger zu Recht ausgeführt hat– die Mitgliederversammlung auch andere Möglichkeiten der Überschussverwendung beschließen kann. Die Mitgliederversammlung ist aber in der Verwendung der Überschussrücklage bzw. Rückstellung für Beitragsrückerstattung ihrerseits nicht völlig frei. Sie hat den Grundsatz zu beachten, dass die Rückstellung bzw. Rücklage nur zugunsten der Versicherten verwendet werden darf.

Infolgedessen ist in dem Rentenanspruch bereits ein Anspruch auf Teilhabe an den künftigen Überschüssen, und damit auch auf den Erhalt einer Bonusrente, enthalten, zumal die Möglichkeit der Erhöhung der Leistungen und damit der Zahlung der Bonusrenten in § 28 Ziffer 4 der Satzung 1977 und in § 31 Ziffer 5 Buchst. a der Satzung 2006 ausdrücklich als erste Möglichkeit der Überschussverwendung vorgesehen ist. Auch ist der auf den Kläger konkret entfallende Anteil bereits grundsätzlich dadurch satzungsmäßig festgelegt, dass die Erhöhung pro rata des Deckungskapitals eines Mitglieds vorzunehmen ist, sofern nicht der Versicherungsmathematiker bzw. der Verantwortliche Aktuar eine andere Verteilung aufgrund der Entstehung des Überschusses vorschlägt8.

In Bezug auf eine private Leibrente, bei der sich der Versicherer zur Zahlung einer feststehenden Grundrente sowie von in der Höhe nicht garantierten Bonusrenten aus der Überschussbeteiligung verpflichtet, hat der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 20.06.20069 eine getrennte steuerliche Behandlung von Grund- und Bonusrente dann abgelehnt, wenn sie zu einer gekünstelten und deshalb bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht gerechtfertigten Aufsplittung des im Streitfall gegen Einmalbeitrag erworbenen einheitlichen Rentenrechts führen würde.

Diese Überlegungen haben auch im Streitfall Bedeutung. Eine steuerliche Trennung der ersten an den Kläger im Oktober 1986 ausgezahlten Rentenleistung als sog. Basisrente von den in den späteren Jahren nachfolgenden Rentenerhöhungen erscheint bereits deshalb gekünstelt, weil die Mitgliederversammlung selbst nicht zwischen der Basis- und der Bonusrente differenziert. So hat die Mitgliederversammlung 2005 eine prozentuale Erhöhung der Leistungen beschlossen, wobei sich die anteilige Erhöhung aber nicht auf die Basisrente bezog, sondern auf den zuletzt gezahlten Rentenbetrag, der auch alle kumulierten Erhöhungen umfasste. Basisleistungen und Bonusrenten wurden damit im Rahmen der Leistungserhöhung als Einheit behandelt.

Eine unterschiedliche steuerliche Behandlung der Basis- und Bonusrenten würde damit sowohl den sich aus der Satzung ergebenden Ansprüchen des Klägers als auch der tatsächlichen Handhabung durch die Mitgliederversammlung nicht gerecht.

Die gegen dieses Ergebnis vorgetragenen Bedenken schlagen nicht durch.

Dem Vorbringen, es komme zu einem gesonderten Vertrag über die Gewährung einer Bonusrente, wobei die Beschlüsse der Mitgliederversammlung der B empfangsbedürftige Willenserklärungen seien, kann nicht gefolgt werden.

Die Vorschriften des BGB über den Zugang von Willenserklärungen finden keine Anwendung, da der Beschluss einer Mitgliederversammlung nicht zugangsbedürftig ist; er bindet auch diejenigen, die entweder nicht an der Beschlussfassung beteiligt waren10 oder die die Feststellung des Beschlussergebnisses nicht wahrgenommen haben11.

Die Rentenerhöhungen beruhen im Streitfall nicht auf einem gesonderten Vertrag, sondern auf den jeweiligen Beschlüssen der Mitgliederversammlung der B, die ihre Rechtsgrundlage in § 28 Ziffer 4 der Satzung 1977 bzw. in § 31 Ziffer 5 Satz 1 Buchst. a und Satz 2 der Satzung 2006 haben. Die Höhe der Rente –inklusive der Bonusrenten– selbst kann aus der Satzung in Verbindung mit den Pensions-Versicherungs-Tabellen ermittelt werden.

Die Darlegungen des Klägers zur Überschussverwendung gemäß § 38 VAG treffen nicht den Kern des Problems, da es sich bei den Bonusrenten der B nicht um die Überschussverwendung gemäß § 38 Abs. 1 VAG handelt. Nach dieser Vorschrift wird ein sich nach der Bilanz ergebender Überschuss, soweit er nicht nach der Satzung der Verlustrücklage oder anderen Rücklagen zuzuführen ist, an die in der Satzung bestimmten Mitglieder verteilt.

In der Satzung eines VVaG können auch andere als die in § 38 VAG genannten Möglichkeiten der Überschussverwendung vorgesehen werden12. So konnte der –ggf. nach Dotierung der Verlustrücklage und Rückzahlung einer Zuwendung eines Trägerunternehmens– verbleibende Überschuss der B satzungsgemäß der Rückstellung für Beitragsrückerstattung bzw. Überschussrücklage zugeführt werden. Diese Rückstellung bzw. Rücklage ist eine „andere Rücklage“ i.S. des § 38 Abs. 1 Satz 1 VAG. Für eine Überschussverwendung gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 VAG, die sich auf einen Überschuss bezieht, der nicht in eine andere Rücklage eingestellt wurde, ist im Streitfall damit kein Raum13.

Zudem war der Kläger in den Jahren, in denen die im Streit stehenden Bonusrenten beschlossen wurden, bereits kein Mitglied der B mehr, da seine Mitgliedschaft mit dem Versicherungsfall endete, also im Zeitpunkt des Bezugs der ersten Rentenleistungen.

Die Beurteilung der Bonusrente als unselbständige Rente steht nicht im Widerspruch zur BFH-Rechtsprechung zur Besteuerung von Veräußerungsrenten. In dem vom Kläger gebildeten Beispiel wird die betriebliche Veräußerungsrente erhöht, weil die Veräußerer und Erwerber der Ansicht sind, dass die Rente gemessen am Wert der übertragenen Wirtschaftsgüter zu gering und insoweit für die erhöhten Leistungen ein eigenständiger Ertragsanteil zu berechnen sei. Damit bleibt der innere Wert der Rente eben nicht gleich, sondern wird erhöht, weil die Rente an den Wert eines von der Rente unabhängigen Wirtschaftsgutes angepasst wird und diese Werterhöhung der Rente nicht immanent war.

Auch der Hinweis des Klägers darauf, dass in den Satzungen ausdrücklich darauf verwiesen werde, eine Erhöhung eines Beitrags werde als zusätzliche Neuversicherung mit dem dann geltenden Alter behandelt, ändert nichts an der Beurteilung der Bonusrenten.

Zum einen können Satzungsregelungen privater Versicherer keinen Einfluss auf die Auslegung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG haben. Zum anderen kann es zu einer neuen selbständigen Rente aufgrund erhöhter Beiträge im Streitfall auch deshalb nicht kommen, weil ein Rentner –hier der Kläger– satzungsgemäß keine Beiträge, also auch keine erhöhten Beiträge, zahlen darf. Mit dem erstmaligen Erhalt der Rentenzahlungen, dem relevanten Zeitpunkt zur Ermittlung des Ertragsanteils, endet grundsätzlich die Mitgliedschaft des Rentenberechtigten in der B und damit verbunden die Beitragspflicht. Freiwillige Beitragsleistungen sind in den Satzungen nicht vorgesehen.

Da es sich bei den Bonusrenten der B nicht um selbständige Renten handelt, ist der klägerische Hinweis auf die unterschiedlichen Laufzeiten der einzelnen Bonusrenten verfehlt. Für unselbständige Bestandteile einer Rente ist kein gesonderter Ertragsanteil zu ermitteln, er entspricht dem zum Beginn des Versicherungsfalles maßgeblichen Vomhundertsatz14.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 22. August 2012 – X R 47/09

  1. BFH, Beschluss vom 15.07.1991 – GrS 1/90, BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78[]
  2. BFH, Urteil vom 11.03.1992 – X R 141/88, BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499, im Anschluss an BFH, Beschluss in BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78[]
  3. R 22.4 Abs. 1 Satz 1 EStR 2008; ebenso Killat-Risthaus in Herrmann/Heuer/Raupach, § 22 EStG Rz 334; dies. in Jansen/Myßen/Killat-Risthaus, Renten, Raten, Dauernde Lasten, 14. Aufl., Rz 1466; Fischer, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 22 Rz B 141; Lüsch in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 22 Rz 167; wohl auch Stöcker in Bordewin/Brandt, § 22 EStG Rz 363; Lindberg in Frotscher, EStG, Freiburg 2011, § 22 Rz 139 f.[]
  4. ständige BFH-Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH, Urteile in BFHE 97, 31, BStBl II 1970, 9, unter II.; vom 29.11.1983 – VIII R 231/80, BFHE 139, 403, BStBl II 1984, 109; vom 10.07.1990 – IX R 138/86, BFH/NV 1991, 227, unter 1., und vom 16.12.1997 – VIII R 38/94, BFHE 185, 199, BStBl II 1998, 339, unter II.04.b cc[]
  5. BFH, Urteil in BFHE 185, 199, BStBl II 1998, 339, unter II.04.b cc[]
  6. BFH, Urteil in BFHE 97, 31, BStBl II 1970, 9, unter II.[]
  7. vgl. dazu Ruland, in von Maydell/Ruland/Becker, Sozialrechtshandbuch, 5. Aufl., § 17 Rz 122 ff.[]
  8. kritisch Killat-Risthaus in Jansen/Myßen/Killat-Risthaus, a.a.O., Rz 1468[]
  9. BFH, Urteil vom 20.06.2006 – X R 3/06, BFHE 214, 185, BStBl II 2006, 870[]
  10. Palandt/Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl., Überbl v § 104 Rz 12[]
  11. vgl. Reichert, Handbuch Vereins- und Verbandsrecht, 12. Aufl., Rz 1819[]
  12. siehe Sieg, Rechtsfragen zur Überschussverwendung beim Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit, in Festschrift für Reimer Schmidt, 1976, 593, 600[]
  13. vgl. dazu Weigel in Prölss, Versicherungsaufsichtsgesetz, 12. Aufl., § 38 Rz 1 und 13[]
  14. vgl. z.B. BFH, Urteile in BFHE 97, 31, BStBl II 1970, 9, und in BFH/NV 1991, 227[]