Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung der Altersrenten

Die Vorschriften zur Besteuerung der Alterseinkünfte durch das AltEinkG sind nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs sowohl im Hinblick auf ihre endgültige Ausgestaltung als auch in Bezug auf die getroffene Übergangsregelung verfassungsmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.

Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung der Altersrenten

Ausgestaltung der Besteuerung der Altersrenten

Bereits im November 2008 hat der Bundesfinanzhof entschieden1, dass der Gesetzgeber durch die endgültige Ausgestaltung der Besteuerung des gesamten Komplexes der Alterseinkünfte nach dem Konzept der nachgelagerten Besteuerung eine folgerichtige und den Gleichheitssatz nicht verletzende Regelung geschaffen hat.

Der Gesetzgeber hat bei der Schaffung des AltEinkG den im BVerfG-Beschluss vom 24. Juni 19922 erteilten und im BVerfG-Urteil vom 6. März 20023 konkretisierten Gesetzgebungsauftrag zutreffend so verstanden, dass eine gleichheitsgerechte Besteuerung der Altersbezüge nur möglich ist, wenn bei der Neuregelung die Besteuerung aller bestehenden Altersversorgungssysteme aufeinander abgestimmt wird4. Die zum 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Regelungen des AltEinkG beschränken sich nicht auf die Besteuerung der Beamtenpensionen und der Renten nichtselbständig Tätiger aus der gesetzlichen Rentenversicherung, die Verfahrensgegenstand des Urteils des Bundesverfassungsgerichts5 waren, sondern umfassen den gesamten Komplex der Besteuerung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen auf der Grundlage des von der Sachverständigenkommission erarbeiteten Drei-Schichten-Modells6.

Mit seinem Konzept der nachgelagerten Besteuerung hat der Gesetzgeber die Grundsätze der Besteuerung von auf Altersvorsorgebeiträgen beruhenden Leibrenten von Grund auf neu geregelt. Der Gesetzgeber hat sich dabei im Rahmen der Besteuerung solcher Leibrenten im Grundsätzlichen von dem Gedanken gelöst, dass bei Leistungen durch Versorgungseinrichtungen, die auf dem Versicherungsprinzip beruhen, die Ertragsanteilsbesteuerung steuersystematisch gerechtfertigt sei7. Rentenzuflüsse, also die zeitlich gestreckte Auszahlung der Versicherungssumme, können jetzt auch soweit sie auf eigenen Beitragszahlungen des Steuerpflichtigen zur Rentenversicherung beruhen, über den Ertragsanteil hinaus der Besteuerung unterworfen werden. Nach der gesetzlichen Neuregelung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG werden sowohl die Zuflüsse aus dem Vermögen, das aus Beiträgen aufgebaut wurde, die die Steuerbelastung des Steuerpflichtigen in der Beitragsphase gemindert haben, als auch die mit diesem Vermögen verbundenen Wertsteigerungen vom Gesetzgeber als steuerpflichtiges Einkommen angesehen. Der Bundesfinanzhof hat bereits8 entschieden, der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum werde nicht dadurch überschritten, dass in Abweichung zu den bislang geltenden Grundsätzen der Ertragsanteilsbesteuerung nach Ablauf des Übergangszeitraums eine vollständige Besteuerung der Rentenleistungen angeordnet wird, zumindest solange die Beitragsleistungen „steuerfrei“ gestellt werden.

Dass ggf. auch eine Besteuerung bestimmter Alterseinkünfte nach dem früher geltenden Konzept der Ertragsanteilsbesteuerung weiterhin verfassungsrechtlich möglich gewesen wäre, ist unerheblich, da der Gesetzgeber dem Konzept der Vereinheitlichung der Altersvorsorgesysteme den Vorzug geben konnte und gegeben hat.

Die Grundentscheidung des Gesetzgebers, die in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG genannten Leibrenten trotz einer unterschiedlichen Berücksichtigung der steuerlichen Belastung der jeweiligen Altersvorsorgeaufwendungen der nachgelagerten Besteuerung zu unterwerfen, verletzt nicht den Gleichheitssatz des Art. 3 GG.

Die unterschiedslose Besteuerung der oben genannten Alterseinkünfte von vormaligen Arbeitnehmern und von vormals Selbständigen im Gegensatz zu den Renten aus privaten, nicht von § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG erfassten Lebensversicherungen kann damit gerechtfertigt werden, dass –jedenfalls nach Abschluss der Übergangsphase– die Rentenanwartschaften in der aktiven Zeit eines Arbeitnehmers und eines Selbständigen unter vergleichbaren steuerlichen Bedingungen aus nicht versteuertem Einkommen gebildet werden können, sofern die Höchstbeträge nicht überschritten werden. So hätte beispielsweise der Kläger unter der Geltung der endgültigen Regelung die von ihm erbrachten freiwilligen Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung als Altersvorsorgeaufwendungen in Höhe von 40.000 € abzüglich des Betrages, der bezogen auf die Einnahmen aus den Beamtentätigkeiten des Klägers und seiner Ehefrau dem Gesamtbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag) zur allgemeinen Rentenversicherung entsprochen hätte (vgl. § 10 Abs. 3 Sätze 1 bis 3 EStG), steuerlich geltend machen können.

Es handelt sich damit nicht um eine Vermögensumschichtung, sondern vielmehr um einen Vermögensaufbau durch den Erwerb von Renten- bzw. Versorgungsanwartschaften, der den Steuerpflichtigen aus nicht der Besteuerung unterworfenen Mitteln ermöglicht wird9.

Die in diesem Urteil des Bundesfinanzhofs10 nicht zu entscheidende Frage, ob die Begrenzung der steuerlichen Abzugsmöglichkeiten bis zu einem Höchstbetrag von 20.000 €/40.000 € in § 10 Abs. 3 EStG im Rahmen der endgültigen Regelung verfassungsrechtlich zulässig ist, hat der Bundesfinanzhof in den Urteilen vom 18. November 200911 sowie im Urteil vom 9. Dezember 200912 dahingehend beantwortet, dass die Begrenzung der steuerlichen Abziehbarkeit der Altersvorsorgeaufwendungen sowohl unter Berücksichtigung des objektiven als auch des subjektiven Nettoprinzips verfassungskonform ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen in diesen Urteilen verwiesen.

Übergangsregelung

Auch die den Kläger treffende Ausgestaltung der Übergangsregelung in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Sätze 3 und 4 EStG ist, so der Bundesfinanzhof, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Aufgabe der Übergangsregelung ist es, die bestehenden unterschiedlichen Altersvorsorge- und Alterseinkünftesysteme in das System der nachgelagerten Besteuerung zu überführen. Bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung einer Übergangsregelung ist im Hinblick auf die Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung zum einen zu beachten, dass es sich um Regelungen für einen begrenzten Zeitraum oder um eine vorläufige Maßnahme handelt13. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass komplexe Lebenssachverhalte zu regeln sind, bei denen dem Gesetzgeber gröbere Typisierungen und Generalisierungen zugestanden werden können, um ihm eine angemessene Zeit zur Sammlung von Erkenntnissen und Erfahrungen einzuräumen14. Dieser weite gesetzgeberische Entscheidungsspielraum ist durch die Abwägung zwischen den Erfordernissen folgerichtiger Ausrichtung der Einkommensbesteuerung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen und den Notwendigkeiten einfacher, praktikabler und gesamtwirtschaftlich tragfähiger Lösungen gekennzeichnet15.

Diese Grundsätze zugrunde gelegt, ist auch die Übergangsregelung verfassungsmäßig. Sie verletzt den Kläger weder in seinen Grundrechten aus Art. 3 und Art. 14 GG noch verstößt sie gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes noch –jedenfalls im Falle des Klägers– gegen das Verbot der Doppelbesteuerung.

Kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG

Der Bundesfinanzhof hat bereits entschieden8 dass ein vormals selbständig tätiger Rentner weder im Verhältnis zu vormals unselbständig Tätigen noch zu ehemaligen Beamten und sonstigen Versorgungsempfängern sowie zu Beziehern von Renten aus privaten Rentenversicherungen in verfassungsrechtlich zu beanstandender Weise besteuert wird.

Entscheidend für die verfassungsrechtliche Akzeptanz der Übergangsregelung war für den Bundesfinanzhof die Administrierbarkeit und Praktikabilität der steuerlichen Vorschriften, da der Gesetzgeber in der Gesetzesbegründung zum AltEinkG darauf hingewiesen hatte, dass typischerweise auch bei zeitlich überwiegend selbständig Tätigen gemischte Rentenerwerbsbiographien vorlägen. Dies sei auch der Grund, die Leibrenten aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen nach den gleichen Grundsätzen wie die Sozialversicherungsrenten zu besteuern. Würden für diese Personengruppe abweichende oder gar individuelle Besteuerungsanteile festgelegt, käme es bei der Prüfung einer möglichen Zweifachbesteuerung auf die frühere steuerliche Behandlung von Beiträgen jedes einzelnen Steuerpflichtigen etwa der letzten 35 Jahre an. Eine derartige Ermittlungsarbeit sei von der Finanzverwaltung nicht zu leisten, da im Interesse des Verifikationsprinzips nicht allein auf die Selbsteinschätzung des Steuerpflichtigen abgestellt werden könne16.

Der Kläger bestreitet die Notwendigkeit einer derartigen nicht leistbaren Ermittlungsarbeit, da jeder Rentenbescheid bereits die notwendigen Angaben enthalte und es nur noch weniger Programmzeilen bedürfe, um die unversteuert gebliebenen Beiträge auszuweisen. Ob diese Einschätzung des Klägers in der Allgemeinheit richtig ist, darf bezweifelt werden, da dem Rentenbescheid nicht automatisch die steuerliche Vorbelastung der jeweiligen Rentenversicherungsbeiträge der letzten Jahrzehnte zu entnehmen sein dürfte. Dies gilt insbesondere bei zusammenveranlagten Steuerpflichtigen. Zudem muss berücksichtigt werden, dass für den Sonderausgabenabzug von Vorsorgeaufwendungen sowie für den Vorwegabzug des § 10 Abs. 3 EStG a.F. eine Aufspaltung der Beiträge anhand der Beitragssätze für die als gleichrangig anzusehenden Zweige der Sozialversicherung vorzunehmen ist9. Zur Einschätzung des Verwaltungs- und Kontrollaufwands einer gesetzlichen Regelung ist der Gesetzgeber aufgerufen; ihm ist die Einschätzungsprärogative zuzugestehen. Es ist im vorliegenden Fall kein Anhaltspunkt erkennbar, dass er sie willkürlich ausgeübt hätte.

Das Argument der Praktikabilität mag zwar die gewählte gesetzliche Regelung nicht zwingend erfordern. Der Bundesfinanzhof bleibt jedoch bei der Einschätzung10, dass der vom BVerfG für die Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte samt Übergangsregelung eröffnete weite gesetzgeberische Entscheidungsspielraum im Hinblick auf die Gleichbehandlung der Altersrenten von freiwillig Versicherten und Pflichtversicherten sowie im Hinblick auf die Ungleichbehandlung der Altersrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber denjenigen aus privaten Rentenversicherungen nicht überschritten worden ist.

Der Gesetzgeber hat sich –verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden– dafür entschieden, alle Basis-Altersversorgungssysteme unterschiedslos dem System der nachgelagerten Besteuerung zu unterwerfen. Die Aufgabe der Übergangsregelung ist damit, die bestehenden unterschiedlichen Altersvorsorge- und Alterseinkünftesysteme in ein System der nachgelagerten Besteuerung zu integrieren. Es liegt in ihrem Wesen, einen vorgefundenen Rechtszustand gleitend in eine neue gesetzgeberische Konzeption zu überführen10. Insoweit ist entscheidend, dass die künftigen Renteneinnahmen nach Ablauf der Übergangsregelung auf Altersvorsorgeaufwendungen beruhen, die grundsätzlich in vollem Umfang als Sonderausgaben abziehbar waren. Da die steuerliche Situation der Arbeitnehmer, Selbständigen und Beamten im Bereich der Altersvorsorge und der Alterseinkünfte bis zur Neuregelung im Jahr 2005 vollkommen unterschiedlich war, ist es zwangsläufig, dass unterschiedliche Zwischenschritte notwendig sind, um zu der angestrebten Neuregelung zu gelangen, in der die Besteuerung aller bestehenden Altersversorgungssysteme aufeinander abgestimmt ist17.

Dass die Alterseinkünfte der vormals Pflichtversicherten und die der freiwillig in der gesetzlichen Rentenversicherung Versicherten in einem zeitlich begrenzten Rahmen trotz der unterschiedlichen steuerlichen Vorbelastung der entsprechenden Altersvorsorgeaufwendungen –vor allem im Hinblick auf die gemäß § 3 Nr. 62 EStG steuerfreien Arbeitgeberbeiträge– ebenfalls in einem Übergangszeitraum mit demselben Anteil besteuert werden können, ist der Praktikabilität und Administrierbarkeit geschuldet.

Insofern liegt hier dieselbe Interessenlage vor, wie sie auch bei einem vormals selbständigen und einem vormals angestellten Altersrentner gegeben ist; in beiden Fällen bestritt die eine Vergleichsgruppe die Altersvorsorgeaufwendungen aus eigenen Mitteln, wobei der Aufwand –teilweise– nicht steuerlich geltend gemacht werden konnte, während bei der anderen Vergleichsgruppe zumindest der Arbeitgeberbeitrag steuerfrei geleistet wurde.

Der Gesetzgeber trägt hier wie dort dem Gesichtspunkt Rechnung, dass es im Rahmen der Rentenbesteuerung und damit in einem Massenverfahren einer einfachen, praktikablen und gesamtwirtschaftlich tragfähigen Lösung bedarf. Bei der geboten Abwägung mit dem Aspekt der Besteuerung des Steuerpflichtigen nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und insbesondere seines Anspruchs darauf, nicht willkürlich anders besteuert zu werden als andere gleich leistungsfähige Steuerpflichtige, konnte der Gesetzgeber dem Gebot einer praktikablen und administrierbaren Lösung entscheidende Bedeutung beimessen, ohne dass dies verfassungsrechtlich zu beanstanden ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen in dem Senatsurteil in BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710, unter II.2.b verwiesen.

In der Besteuerung der Leistungen der privaten Leibrentenversicherungen, die weiterhin der Ertragsanteilsbesteuerung im Sinne des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG unterliegen, ist ebenfalls keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zu Lasten des Klägers zu sehen. Das gilt insbesondere auch für sein Vorbringen, beide Versicherungen seien möglicherweise von ihrem Wesen, nicht aber aus steuersystematischer Hinsicht verschieden, da es sich bei beiden Versicherungen um Vermögensumschichtungen handele, die über den Ertragsanteil hinaus nicht besteuert werden dürften.

Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verbietet sowohl ungleiche Belastungen wie auch ungleiche Begünstigungen. Verboten ist daher ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem einem Personenkreis eine Begünstigung gewährt wird, einem anderen Personenkreis die Begünstigung aber vorenthalten bleibt, ohne dass sich ausreichende Gründe für die gesetzliche Differenzierung finden lassen. Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt dann vor, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe unterschiedlich behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können18.

Nach der gesetzlichen Neuregelung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG werden die Zuflüsse aus dem Vermögen, das aus Beiträgen aufgebaut wurde, die die Steuerbelastung des Steuerpflichtigen in der Beitragsphase gemindert haben, und die mit diesem Vermögen verbundenen Wertsteigerungen vom Gesetzgeber als steuerpflichtiges Einkommen angesehen. Zu diesen Beiträgen gehören auch die freiwilligen Beiträge des Klägers zur gesetzlichen Rentenversicherung. Hiervon sind die Leibrenten aus privaten Rentenversicherungen zu unterscheiden, die nicht die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG erfüllen. Bei diesen (nicht mehr begünstigten) privaten Rentenversicherungen sind die Beitragsleistungen aus versteuertem Einkommen zu erbringen. Deswegen unterliegen diese Rentenleistungen nur mit dem in § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb Satz 4 EStG festgelegten Ertragsanteil der Besteuerung. Eine willkürliche Ungleichbehandlung zwischen den Rentenversicherungen des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa und Doppelbuchst. bb EStG ist darin nicht zu sehen.

Im AltEinkG hat der Gesetzgeber Beitragszahlungen in Rentenversicherungen, die nicht von § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG erfasst sind, aus dem Bereich der begünstigten Altersvorsorgeaufwendungen ausgenommen; er begünstigt nur noch Altverträge i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EStG im Rahmen der Höchstbeträge des § 10 Abs. 4 EStG sowie im Rahmen der Günstigerprüfung nach § 10 Abs. 4a EStG. Vor diesem Hintergrund beruht der gesetzgeberische Ansatz, Ansprüche aufgrund solcher (Neu-)Versicherungen lediglich der Ertragsanteilsbesteuerung zu unterwerfen, auf der folgerichtigen Umsetzung der neuen gesetzgeberischen Konzeption. Haben sich nämlich die Beitragszahlungen nicht steuermindernd ausgewirkt, dann ist es gerechtfertigt, nur den Teil der Rente steuerlich zu erfassen, der zusätzlich zum angesparten Rentenkapital als Zinsanteil zur Auszahlung gelangt.

Soweit Rentenbezieher aus vor dem Jahr 2005 abgeschlossenen Rentenversicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b EStG (Altversicherungen) die Beiträge in der Vergangenheit bzw. im Rahmen der Höchstbetragsregelung des § 10 Abs. 4 EStG oder im Rahmen der Günstigerprüfung des § 10 Abs. 4a EStG steuermindernd geltend machen konnten, reichte ihre steuerliche Entlastung von der Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 62 EStG bis zu einer fehlenden steuerlichen Berücksichtigung wegen eines anderweitigen Ausschöpfens der Sonderausgabenhöchstbeträge des § 10 Abs. 3 EStG a.F.

Diese Ausgangslage erfordert nicht zwingend die Gleichbehandlung der Rentenzuflüsse aus einer privaten und einer freiwilligen gesetzlichen Versicherung. Eine Übergangsregelung kann naturgemäß den bisherigen Rechtszustand nur nach und nach in das neue System übergehen lassen. Sind nach diesem neuen System die Rentenversicherungsbeiträge nicht bzw. nur in einem geringeren Umfang steuerlich begünstigt, liegt es im Rahmen des weiten gesetzgeberischen Spielraums, bei der Besteuerung der Rentenzuflüsse aus solchen Rentenverträgen die in der Vergangenheit gewährten Steuervorteile zu vernachlässigen und sich an der ab dem Jahr 2005 geltenden gesetzlichen Neukonzeption zu orientieren.

Das gilt selbst dann, wenn die Beiträge für die privaten Rentenversicherungen in einem ähnlichen Ausmaß wie die Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung steuerwirksam waren bzw. immer noch sind. Die von dem Gesetzgeber aus Praktikabilitätsgründen gewählte Lösung, alle privaten Rentenversicherungen, die nicht unter § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG fallen, wegen des geringen Beratungs- und Kontrollaufwands pauschal (nur) mit dem Ertragsanteil des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG zu besteuern19, ist eine zulässige pauschalierende Lösung.

Sie stellt zwar einige Bezieher von Renten steuerlich besser. Diese Bevorzugung ist jedoch genauso wie spiegelbildlich die Benachteiligung im Einzelfall eine zwangsläufige Konsequenz der grundsätzlichen Befugnis des Gesetzgebers zur Vereinfachung und Typisierung. Der Gesetzgeber ist berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten –oder wie hier bei den Beziehern von privaten Rentenversicherungen, die vor 2005 abgeschlossen worden waren, Privilegierungen– gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen20. Die Grenze der gesetzlichen Typisierung, die realitätsgerechte Orientierung am typischen Fall, wurde nicht überschritten, da der Gesetzgeber bei Schaffung des AltEinkG zu Recht bei den privaten Rentenversicherungen davon ausgehen konnte, dass sich typischerweise die Beiträge zur privaten Rentenversicherung –vor allem wegen des Überschreitens der Sonderausgabenhöchstbeträge– nur in einem geringeren Maße steuerlich auswirken konnten. Die Besteuerung des Ertragsanteils der korrespondierenden Rentenzahlungen war daher eine folgerichtige gesetzliche Lösung21.

Kein Verstoß gegen den Vertrauensschutz

Die Besteuerung der Renteneinkünfte des Klägers aufgrund des Systems der nachgelagerten Besteuerung unter Aufgabe des Systems der Ertragsanteilsbesteuerung ab dem Jahr 2005 verstößt nicht gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes.

Nach der Rechtsprechung des BVerfG bedarf es vor dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolgen eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Der Bürger wird in seinem Vertrauen auf die Verlässlichkeit der Rechtsordnung als einer Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen enttäuscht, wenn der Gesetzgeber an bereits abgeschlossene Tatbestände im Nachhinein ungünstigere Folgen knüpft als diejenigen, von denen der Bürger bei seinen Dispositionen ausgehen durfte22. Belastende Steuergesetze, zu denen auch solche gehören, die eine Vergünstigung einschränken oder aufheben, dürfen ihre Wirksamkeit daher grundsätzlich nicht auf bereits abgeschlossene Tatbestände erstrecken oder schutzwürdiges Vertrauen ohne hinreichende Rechtfertigung anderweitig enttäuschen. Es ist daher in jedem Einzelfall zu ermitteln, inwieweit und mit welchem Gewicht das Vertrauen in die bestehende günstige Rechtslage schützenswert ist und ob die öffentlichen Belange, die eine nachteilige Änderung rechtfertigen, dieses Vertrauen überwiegen23.

Die Änderung der Besteuerung der Alterseinkünfte genügt nach Auffassung der Münchener Bundesrichter diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen.

Im Streitfall liegt eine tatbestandliche Rückanknüpfung bzw. eine sog. unechte Rückwirkung vor. Dieser Rückwirkungstatbestand betrifft den sachlichen Anwendungsbereich einer Norm und ist gegeben, wenn –im Gegensatz zur Rückbewirkung von Rechtsfolgen („echte“ Rückwirkung)– die Rechtsfolgen eines Gesetzes erst nach Verkündung der Norm eintreten, ihr Tatbestand aber Sachverhalte erfasst, die bereits vor der Verkündung „ins Werk gesetzt“ wurden24.

Die einkommensteuerliche Belastung der Renteneinkünfte des Klägers aufgrund des Systemwechsels ergab sich erst nach Verkündung des AltEinkG am 9. Juli 2004; der Kläger hatte aber bereits 1974 aufgrund seiner Entscheidung, freiwilliges Mitglied der gesetzlichen Rentenversicherung zu bleiben, die entsprechenden Altersvorsorgeaufwendungen geleistet. Es liegen damit Dispositionen des Klägers vor, die bereits abschließend vollzogen worden waren und nicht mehr geändert werden konnten.

Angesichts dessen wird in der jüngeren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs teilweise bezweifelt, ob in solchen Fällen die für den Steuerpflichtigen nachteiligen Gesetzesänderungen nach den Maßstäben der „echten“ oder aber nur der „unechten“ Rückwirkung zu beurteilen sind. In dem Vorlagebeschluss des BFH vom 16. Dezember 200325 kommt der IX. Senat des Bundesfinanzhofs ausgehend von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Dispositionsschutz im Bereich steuerlicher Lenkungsnormen26 sowie unter Berücksichtigung der im Schrifttum geäußerten Kritik an der bisherigen Rechtsprechung zum Ergebnis, der bislang vom Bundesverfassungsgericht nur für (Verschonungs-)Subventionen und Steuervergünstigungen gewährte verstärkte Schutz von Dispositionen sei auf alle Steuerrechtsnormen zu erstrecken. Auch bei einer tatbestandlichen Rückanknüpfung müsse in jedem Einzelfall geprüft werden, inwieweit und mit welchem Gewicht das Vertrauen des Steuerpflichtigen in die bestehende (günstige) Rechtslage schützenswert sei und ob die öffentlichen Belange, die eine nachteilige Änderung rechtfertigten, dieses Vertrauen überwögen. Das gelte für den rückwirkenden Wegfall einer Steuervergünstigung in gleicher Weise wie für die rückwirkende Belastung mit einem neu begründeten Steueranspruch und ebenso für die Aufhebung von steuerlichen „Freiräumen“27.

Der Bundesfinanzhof kann es vorliegend aber dahingestellt sein lassen, ob dieser Auffassung allgemein zu folgen ist28, da die Änderung der Rentenbesteuerung durch das AltEinkG auch einer einzelfallbezogenen Abwägung der wechselseitigen Interessen standhält.

Die vom Gesetzgeber im Rahmen des AltEinkG zu beachtenden Grenzen ergeben sich aus der Abwägung zwischen dem Ausmaß des durch die Gesetzesänderung verursachten Vertrauensschadens und der Beeinträchtigung der geschützten Grundrechtspositionen des Einzelnen (insbesondere Art. 2 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG) einerseits und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Gemeinwohl andererseits.

Der Kläger hat mehrere Jahrzehnte –zum größten Teil als freiwilliges Mitglied– erhebliche Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt. Zwar begründet auch ein in umfangreichen Dispositionen betätigtes besonderes Vertrauen in den Bestand des geltenden Rechts grundsätzlich noch keinen abwägungsresistenten Vertrauensschutz29. Im vorliegenden Fall ist aber zu berücksichtigen, dass die vom Kläger geleisteten Rentenversicherungsbeiträge ein wichtiger Baustein seiner Altersversorgung waren und der verschärfte Steuerzugriff ihn genau in dem Moment getroffen hat, in dem er Rentner wurde, so dass er keine Möglichkeit hatte, die Einbuße an Nettoeinkommen durch anderweitige Vermögensdispositionen auszugleichen oder der negativen steuerlichen Entwicklung auszuweichen.

Versorgungsempfänger und Rentner haben nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts in der Regel schon deshalb ein hohes Interesse an der Beständigkeit der Rechtslage, weil gerade ältere Menschen leicht in eine Lage geraten können, die sie nur schwer oder überhaupt nicht aus eigener Kraft zu bewältigen vermögen. Je größer die insoweit bestehenden Gefahren sind, desto schutzwürdiger ist das betroffene Vertrauen und desto weniger darf es enttäuscht werden30. Auch wenn diese Aussagen zum Beamtenversorgungs- und Sozialversicherungsrecht gemacht wurden, haben die Grundsätze für das Steuerrecht ebenfalls Gültigkeit.

Auf der anderen Seite muss der Gesetzgeber gerade bei notwendigerweise langfristig angelegten Alterssicherungssystemen die Möglichkeit haben, aus Gründen des Allgemeinwohls frühere Entscheidungen aufzugeben und Neuregelungen zu treffen, die den gesellschaftspolitischen und wirtschaftlichen Veränderungen sowie den damit verbundenen wechselnden Interessenlagen Rechnung tragen31. Dies gilt auch für die Besteuerung der Altersbezüge. Der Bürger kann nicht darauf vertrauen, dass der Gesetzgeber Steuervergünstigungen, die er bisher mit Rücksicht auf bestimmte Tatsachen oder Umstände gewährt hat, uneingeschränkt für die Zukunft aufrechterhält32, Freiräume belässt oder von der Erhebung zusätzlicher Steuern absieht33. Ein uneingeschränkter Schutz des Steuerpflichtigen in seinem Vertrauen auf den Fortbestand der bisherigen Gesetzeslage würde den dem Gesamtwohl verpflichteten demokratischen Gesetzgeber in wichtigen Bereichen gegenüber Einzelinteressen lähmen34.

Das Ziel des Gesetzgebers bei der Schaffung des AltEinkG war es, eine „steuerrechtssystematisch schlüssige und folgerichtige Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen“ zu erreichen35. Die verfassungsrechtlich geforderte Beseitigung der Ungleichbehandlung bei gleichzeitiger Berücksichtigung der Finanzierbarkeit der Neuregelung für die öffentlichen Haushalte hat eine so hohe Bedeutung für das Gemeinwohl, dass das Interesse des Klägers am Fortbestand der Ertragsanteilsbesteuerung seiner Renteneinkünfte dahinter zurücktreten muss.

Der Gesetzgeber war verpflichtet, spätestens mit Wirkung zum 1. Januar 2005 eine verfassungskonforme Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte zu treffen, da ansonsten § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 EStG a.F. nicht weiter anwendbar gewesen wären. Als tragendes Element der grundlegenden Neuordnung der steuerlichen Behandlung aller Altersvorsorgeaufwendungen und Alterseinkünfte wurde bei den Renten der Basisversorgung die sog. nachgelagerte Besteuerung eingeführt, die durch den steuerlichen Abzug der Altersvorsorgebeiträge bei aktiv Erwerbstätigen und die volle Besteuerung der Renteneinkünfte charakterisiert ist35. Für die Übergangsphase wurde berücksichtigt, dass ein Teil der Rentenbeiträge aus versteuertem Einkommen geleistet wurde und aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Vollversteuerung der daraus resultierenden Renten nicht zulässig war. Hierdurch sollte „im Zusammenwirken mit der Regelung nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und b EStG eine aus verfassungsrechtlichen und haushaltswirtschaftlichen Gründen erforderliche schrittweise steuerrechtliche Gleichbehandlung von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und Beamtenpensionen andererseits und eine ausgewogene Besteuerung im Verhältnis zu den übrigen Steuerpflichtigen, insbesondere den Erwerbstätigen“ erreicht werden36.

Die bloße Absicht, staatliche Mehreinkünfte zu erzielen bzw. Mindereinnahmen zu vermeiden, ist kein den Vertrauensschutz betroffener Steuerpflichtiger regelmäßig überwindendes Gemeinwohlinteresse, weil dieses Ziel durch jedes, auch durch sprunghaftes und willkürliches Besteuern erreicht werden könnte. Das Interesse des Staates, durch die Änderung von Steuergesetzen unerwartete Mindereinnahmen auszugleichen oder bestimmte Lenkungseffekte des Steuerrechts zu korrigieren, ist hingegen ein wichtiger Gemeinwohlbelang23.

Das muss auch im vorliegenden Fall gelten, in dem das Ziel des Gesetzgebers nicht die Einnahmenvermehrung ist, sondern eine verfassungskonforme Ausgestaltung der steuerlichen Berücksichtigung der Altersvorsorge und Alterseinkünfte, ohne durch die damit verbundenen Mindereinnahmen die öffentlichen Haushalte zu gefährden37. Das Bundesverfassungsgericht selbst hat ausdrücklich gefordert5, dass sich der Gesetzgeber bei der Übergangsregelung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Steuerpflichtigen und an den Notwendigkeiten einfacher, praktikabler und gesamtwirtschaftlich tragfähiger Lösungen zu orientieren hat. Insoweit stellt auch die Finanzierbarkeit der Neuregelung einen wichtigen Gemeinwohlbelang dar.

Auch ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den Regelungen des AltEinkG um einen vollständigen –vom Bundesverfassungsgericht selbst geforderten– Systemwechsel der Besteuerung der Altersvorsorge und der Alterseinkünfte handelt. Die dem Steuergesetzgeber zustehende Gestaltungsfreiheit umfasst dann von Verfassungs wegen die Befugnis, neue Regeln einzuführen, ohne durch Grundsätze der Folgerichtigkeit an frühere Grundentscheidungen gebunden zu sein38; entsprechend ist dann auch das besondere Vertrauen des Steuerpflichtigen weniger schutzwürdig39. Dieser Aspekt gilt umso mehr, als durch die gesetzliche Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung aufgehoben wurde und erst das neue System eine verfassungskonforme Rechtslage herstellt.

Der Einzelne kann sich zudem nicht auf Vertrauensschutz berufen, wenn sein Vertrauen auf den Fortbestand einer ihm günstigen Regelung eine Rücksichtnahme durch den Gesetzgeber billigerweise nicht beanspruchen darf40.

Für den Kläger war bereits seit dem Jahr 1980 erkennbar, dass die für ihn günstige Ertragsanteilsbesteuerung seiner künftigen Rentenleistungen rechtlich umstritten war. Die verfassungsrechtliche Überprüfung des Umfangs der steuerlichen Begünstigung der Rentner aufgrund der Ertragsanteilsbesteuerung ihrer Renten gegenüber den pensionierten Beamten, die ihre Altersbezüge grundsätzlich voll zu versteuern hatten, hatte nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts bereits im Jahr 1980 ein Ausmaß erreicht, das eine Korrektur notwendig machte41

In seinem Beschluss42 hatte das Bundesverfassungsgericht ebenfalls die Notwendigkeit einer Neuregelung der Besteuerung der Alterseinkünfte betont, jedoch darauf hingewiesen, die dem Gesetzgeber für die Angleichung der Vorschriften über die steuerliche Behandlung von Renten und Ruhegehältern zur Verfügung stehende Zeit sei noch nicht abgelaufen. Angesichts der sachlichen und rechtlichen Schwierigkeiten, die der Gesetzgeber bei der Neuregelung der steuerlichen Behandlung sämtlicher in Deutschland bestehender Formen der Alterssicherung –einschließlich der der selbständigen Berufe– zu bewältigen habe, und angesichts der Probleme, die schon der Vergleich dieser Normensysteme nach Voraussetzungen, Finanzierungsformen und wirtschaftlichen Folgen aufwerfe, sei ein größerer zeitlicher Spielraum des Gesetzgebers gerechtfertigt.

Dass das Bundesverfassungsgericht nach weiteren zehn Jahren5 die unterschiedliche Besteuerung der Beamtenpensionen nach § 19 EStG einerseits und der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG andererseits seit dem Jahr 1996 als mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ansah, kam daher nicht unerwartet, sondern war nur die folgerichtige Konsequenz seiner bisherigen Rechtsprechung.

Wenn auch zugunsten des Klägers zu berücksichtigen ist, dass er als freiwillig Versicherter nicht unmittelbar zu der Gruppe der Steuerpflichtigen gehörte, deren verfassungswidrige steuerliche Begünstigung in den gerade genannten Verfahren Streitgegenstand war und bei der vor allem auch –wie der Kläger zu Recht dargelegt hat– der steuerfreie Arbeitgeberanteil Anlass gegeben hatte, die Ertragsanteilsbesteuerung verfassungsrechtlich zu beanstanden, so ist auf der anderen Seite zu bedenken, dass seine Renteneinkünfte genauso wie die beanstandeten Renteneinkünfte der Arbeitnehmer nur mit dem Ertragsanteil zu besteuern gewesen wären und sich der Tenor des BVerfG-Urteils in BVerfGE 105, 73 auf die Besteuerung aller Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezog. Zudem hatte das BVerfG bereits in seinem Beschluss in BVerfGE 86, 369 zum Ausdruck gebracht, dass die künftige Regelung die steuerliche Behandlung sämtlicher in Deutschland bestehender Formen der Alterssicherung –einschließlich der der selbständigen Berufe– zum Gegenstand haben müsse. Der Kläger konnte daher nicht davon ausgehen, seine künftigen Rentenbezüge würden unverändert einer Ertragsanteilsbesteuerung unterliegen, sondern musste damit rechnen, dass auch seine Altersbezüge Teil einer umfassenden Neuregelung sein würden.

Die Bedenken, der Gesetzgeber habe dem Erfordernis einer Übergangsregelung durch das von ihm gewählte „Kohortenmodell“ nicht Rechnung getragen, da es jeden Bezug zum Zeitpunkt und zur Höhe der Beitragszahlungen vermissen lasse und nur auf den Rentenbeginn abstelle, sind nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ebenfalls unbegründet.

Der Gesetzgeber hat in § 10 Abs. 3 Sätze 4 und 6 EStG als Ausgangspunkt für die Höhe der prozentual abziehbaren Altersvorsorgebeiträge im Rahmen der Übergangsregelung das Jahr des Abzugs der Aufwendungen bestimmt, so dass es auf das Alter und den voraussichtlichen Rentenbeginn des Steuerpflichtigen nicht ankommt. Demgegenüber richtet sich die Höhe der steuerpflichtigen Renteneinkünfte des Steuerpflichtigen nach dem Jahr seines Renteneintritts. Durch diese unterschiedlichen Bezugspunkte wird im Rahmen der Übergangsregelung nicht gewährleistet, dass die steuerliche Entlastung der Vorsorgeaufwendungen und die Besteuerung der daraus resultierenden steuerpflichtigen Einnahmen korrespondieren. Dies wird erst im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der endgültigen Regelung erreicht.

Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ist dieses gesetzgeberische Vorgehen vor dem Hintergrund der oben dargestellten besonderen Komplexität des AltEinkG sowie aus Gründen der Praktikabilität einer Übergangsregelung verfassungsrechtlich noch gerechtfertigt43.

Keine Doppelbesteuerung

Die Besteuerung der Renten mit dem Besteuerungsanteil gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa Satz 3 EStG anstelle des Ertragsanteils verstößt, so der Bundesfinanzhof weiter, auch nicht gegen das Verbot der Doppelbesteuerung.

In seinem Urteil in BVerfGE 105, 73 hatte das Bundesverfassungsgericht gefordert, in jedem Fall seien die Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen für die Alterssicherung und die Besteuerung von Bezügen aus dem Ergebnis der Vorsorgeaufwendungen so aufeinander abzustimmen, dass eine doppelte Besteuerung vermieden werde.

Nach den dem Urteil des Finanzgerichts zugrunde liegenden Zahlen, an die der erkennende Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, hat der Kläger für einen Zeitraum von 438 Monaten freiwillige Beitragszahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 22.227,74 EUR erbracht. Daraus resultiert ein jährlicher Rentenanteil von 3.337,44 EUR. Bei der vom FG zu Recht unterstellten statistischen Lebenserwartung von 20 Jahren werden dem Kläger Renteneinnahmen aus freiwilligen Beiträgen in Höhe von 66.748,80 EUR zufließen, die mit einem Besteuerungsanteil von 50 % zu versteuern sein werden. Damit übersteigt die Summe der vom Kläger steuerfrei zu beziehenden Rentenanteile die Summe der aus versteuertem Einkommen geleisteten freiwilligen Beiträge, und zwar selbst dann, wenn zugunsten des Klägers unterstellt würde, er hätte sämtliche Beiträge aus versteuertem Einkommen erbracht44.

Ein Verstoß gegen das Verbot der Doppelbesteuerung könnte im Falle des Klägers allenfalls dann bejaht werden, wenn man der Berechnung der jeweiligen Steuerentlastung bzw. Steuerbelastung nicht das Nominalwertprinzip, sondern die zwischenzeitlich eingetretenen Wertveränderungen der Beitragszahlungen zugrunde legen würde.

Das Bundesverfassungsgericht hat die „doppelte Besteuerung“ weder begrifflich noch rechnerisch konkretisiert und damit auch zur Frage der Anwendbarkeit des Nominalwertprinzips nicht Stellung genommen.

Der 1. Senat des Bundesverfassungsgerichts hat zwar die Nominalwertbetrachtung für die Berechnung der Kapitalrückzahlungsanteile im Jahr 1980 abgelehnt41. Demgegenüber hat der 2. Senat des BVerfG in seinem Rentenurteil45 dargelegt, es entspreche der ökonomischen Logik einer Ertragsanteilsbesteuerung, die nominellen Werte der geleisteten Beiträge zu den nominellen Werten der Rentenbezüge in Relation zu setzen. Es ist damit davon auszugehen, dass der 2. Senat des BVerfG die in diesem Urteil formulierte Forderung, das Verbot der Doppelbesteuerung strikt zu beachten, auf der Basis der Anwendung des Nominalwertprinzips aufgestellt hat.

Im System einer modernen Volkswirtschaft, die notwendig eine Geldwirtschaft ist, stellt das Nominalwertprinzip ein tragendes Ordnungsprinzip der geltenden Währungsordnung und Wirtschaftspolitik dar46. Eine Indexbindung in Steuergesetzen wie auch in anderen Gesetzen wird vom Bundesverfassungsgericht grundsätzlich als währungspolitisch bedenklich und unerwünscht angesehen. Eine Indexierung im Steuerrecht wäre insbesondere mit der Gefahr verbunden, dass die Indexklausel auf andere Rechtsgebiete übergreifen und die Inflationsbekämpfung erschweren könnte47.

Innerhalb der Ertragsteuersenate des Bundesfinanzhofs besteht ebenfalls Einigkeit darüber, dass dem EStG das Nominalwertprinzip zugrunde liegt48.

Auch nach Auffassung des Schrifttums stellt das Nominalwertprinzip jedenfalls solange im Interesse der Rechtssicherheit und der Abstimmung des Einkommensteuerrechts auf das übrige Wirtschaftsrecht eine vertretbare Typisierung dar, solange die Ergebnisse nicht schlechthin unerträglich sind49. Das Festhalten am Nominalwertprinzip lasse sich auch aus Praktikabilitätsgründen aufgrund der komplizierten Inflationsbereinigung rechtfertigen; Voraussetzung sei aber, dass die Inflationsrate niedrig sei50.

Demgemäß sind die Sachverständigenkommission51 und ihr folgend der Gesetzgeber bei der rechnerischen Überprüfung, ob eine „doppelte Besteuerung“ vorliegt, entsprechend der steuerlichen Grundsystematik vom Nominalwertprinzip ausgegangen und haben keine Barwertrechnung vorgenommen52. Auch der Verband Deutscher Rentenversicherungsträger hat in seiner Stellungnahme anlässlich der Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages am 28. Januar 2004 an die Berechnungen der Sachverständigenkommission angeknüpft und damit ebenfalls die Anwendbarkeit des Nominalwertprinzips bei der vorzunehmenden Vergleichsrechnung zur Ermittlung einer Doppelbesteuerung bejaht.

Es ist vor dem Hintergrund der Inflationsentwicklung der letzten Jahrzehnte hinnehmbar, dass bei Anwendung des Nominalwertprinzips alle Wertsteigerungen der Renten –unabhängig davon, ob inflations- oder rentenpolitisch bedingt– besteuert werden können (so auch Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 EStG Rz 341). Es besteht insofern kein Unterschied zur Besteuerung des in der Gesetzesbegründung des AltEinkG52 genannten Beispiels eines Zerobonds.

Da bei dem Kläger aufgrund des anzuwendenden Nominalwertgrundsatzes keine Doppelbesteuerung eingetreten ist und auch unter Berücksichtigung seiner statistischen Lebenserwartung nicht eintreten wird, muss im Streitfall weder die Frage entschieden werden, wie im Einzelnen die Doppelbesteuerung zu ermitteln ist53 noch ob der Gesetzgeber den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts, „in jedem Fall“ die Doppelbesteuerung zu vermeiden, in zutreffender Weise umgesetzt hat.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 4. Februar 2010 – X R 52/08

  1. BFH, Urteil vom 26.11.2008 – X R 15/07, BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710[]
  2. BVerfG, Beschluss vom 24.06.1992, 1 BvR 459/87, 1 BvR 467/87, BVerfGE 86, 369[]
  3. BVerfG, Urteil vom 06.03.2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73[]
  4. BVerfG, Beschluss vom 13.02.2008 – 2 BvR 1220/04, 2 BvR 410/05, BVerfGE 120, 169; vgl. hierzu auch Abschlussbericht der Sachverständigenkommission zur Neuordnung der steuerrechtlichen Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen –Sachverständigenkommission–, Schriftenreihe des Bundesministeriums der Finanzen, Band 74, S. 9 f.[]
  5. in BVerfGE 105, 73[][][]
  6. vgl. auch den Abschlussbericht der Sachverständigenkommission, a.a.O., S. 13 ff.[]
  7. siehe dazu BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710; P. Fischer, Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft 24, 463, 488; ders., BB 2003, 873, 874 f.; ders. in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 22 Rz 27 f.[]
  8. in BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710[][]
  9. vgl. BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710[][]
  10. BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710[][][]
  11. BFH, Urteile vom 18.11.2009 – X R 9/07, BFH/NV 2010, 412; X R 34/07, BFHE 227, 99; X R 6/08, BFHE 227, 137; und X R 45/07, BFH/NV 2010, 421[]
  12. BFH, Urteil vom 09.12.2009 – X R 28/07, BFHE 227, 165[]
  13. BVerfG, Beschluss vom 21.06.2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164[]
  14. ständige Rechtsprechung, vgl. dazu BVerfG, Urteil vom 28.04.1999 – 1 BvL 22/95, 1 BvL 34/95, BVerfGE 100, 59, m.w.N.[]
  15. siehe BVerfG, Urteil in BVerfGE 105, 73[]
  16. BT-Drs. 15/2150, S. 41[]
  17. BFH, Urteile in BFHE 227, 99; in BFHE 227, 137; in BFH/NV 2010, 412; in BFH/NV 2010, 421, und in BFHE 227, 165[]
  18. vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.02.2008 – 2 BvL 14/05, DVBl. 2008, 652, m.w.N. aus der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung[]
  19. BT-Drs. 15/2150, S. 41 f.[]
  20. vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.03.2005 – 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268, m.w.N.[]
  21. so bereits BFH, Urteil in BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710[]
  22. ständige Rechtsprechung des BVerfG, vgl. BVerfG, Beschluss vom 05.02.2002 – 2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93, BVerfGE 105, 17, m.w.N.[]
  23. BVerfGE 105, 17[][]
  24. BVerfG, Entscheidungen vom 08.07.1971 – 1 BvR 766/66, BVerfGE 31, 275; und vom 14.05.1986 – 2 BvL 2/83, BVerfGE 72, 200, BStBl II 1986, 628[]
  25. BFH, Beschluss vom 16.12.2003 – IX R 46/02, BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284[]
  26. BVerfG, Beschlüsse vom 03.12.1997 – 2 BvR 882/97, BVerfGE 97, 67; und in BVerfGE 105, 17[]
  27. BFH, Beschluss in BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284; siehe auch BFH, Beschluss vom 06.11.2002 – XI R 42/01, BFHE 200, 560, BStBl II 2003, 257[]
  28. so auch BFH, Urteile vom 29.04.2008 – I R 103/01, BFHE 221, 121, BStBl II 2008, 723; und vom 26.11.2008 – I R 56/06, BFH/NV 2009, 1241, m.w.N.[]
  29. BVerfG, Beschluss in BVerfGE 105, 17[]
  30. BVerfG, Beschluss vom 30.09.1987 – 2 BvR 933/82, BVerfGE 76, 256, zu den Kürzungen der Versorgungsbezüge durch die Anrechnung der Renten durch Art. 2 § 1 Nr. 7 des 2. Haushaltsstrukturgesetzes vom 22. Dezember 1981, BGBl I 1981, 1523[]
  31. BVerfG, Beschluss in BVerfGE 76, 256[]
  32. BVerfG, Entscheidungen vom 07.07.1964 – 2 BvL 22/63, 2 BvL 23/63, BVerfGE 18, 135; und in BVerfGE 105, 17[]
  33. BVerfG, Beschlüsse vom 08.03.1983 – 2 BvL 27/81, BVerfGE 63, 312; vom 28.11.1984 – 1 BvR 1157/82, BVerfGE 68, 287[]
  34. vgl. BVerfG, Beschlüsse in BVerfGE 63, 312; und in BVerfGE 76, 256[]
  35. BT-Drs. 15/2150, S. 1 und S. 22[][]
  36. BT-Drs. 15/2150, S. 40[]
  37. BT-Drs. 15/2150, S. 2 und S. 22[]
  38. BVerfG, Urteil vom 09.12.2008 – 2 BvL 1/07, 2 BvL 2/07, 2 BvL 1/08, 2 BvL 2/08, BVerfGE 122, 210, m.w.N.[]
  39. vgl. BFHE 204, 228, BStBl II 2004, 284[]
  40. BVerfGE 105, 17, m.w.N.[]
  41. BVerfGE 54, 11[][]
  42. BVerfGE 86, 369[]
  43. siehe auch BFH, Urteil in BFHE 227, 99[]
  44. siehe dazu aber BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710[]
  45. BVerfGE 105, 73[]
  46. BVerfG, Beschluss vom 19.12.1978 – 1 BvR 335/76, 1 BvR 427/76, 1 BvR 811/76, BVerfGE 50, 57, m.w.N.[]
  47. BVerfG, Beschluss vom 15.12.1989 – 2 BvR 436/88, DB 1990, 969[]
  48. vgl. z.B. BFH, Entscheidungen vom 14.05.1974 – VIII R 95/72, BFHE 112, 546, BStBl II 1974, 572; vom 27.06.1996 – VIII B 102/95, BFH/NV 1996, 921, m.w.N.; vom 01.03.2001 – IV R 90/99, BFH/NV 2001, 904; vom 12.11.2007 – IV B 36/07, BFH/NV 2008, 766; in BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710; und vom 11.12.2008 – VI R 9/05, BFHE 224, 70, BStBl II 2009, 385[]
  49. so Kirchhof, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 2 Rz A 500[]
  50. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Band I, 2. Aufl. S. 515[]
  51. a.a.O., S. 51[]
  52. BT-Drs. 15/2150, S. 23[][]
  53. vgl. dazu BFHE 223, 445, BStBl II 2009, 710[]