Die in § 6 Nr. 4 StBerG genannten Personen sind auch dann nicht zur Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen berechtigt, wenn diese aufgrund des verwendeten Buchführungsprogramms automatisch erfolgt.
Buchhalter sind mithin in keinem Fall zur Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen berechtigt.
Nach § 80 Abs. 5 AO sind Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein.
Ob jemand zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, richtet sich nach dem StBerG, das nach seinem § 1 Abs. 1 Nr. 1 u.a. auf die Hilfeleistung in Angelegenheiten anzuwenden ist, die durch Bundesrecht geregelte Steuern und Vergütungen betreffen, soweit diese durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Dies trifft auf die Umsatzsteuer zu.
Die Hilfeleistung in Steuersachen erfolgt geschäftsmäßig, wenn jemand ausdrücklich oder erkennbar die Absicht verfolgt, die Tätigkeit in gleicher Art zu wiederholen und zu einem wiederkehrenden oder dauernden Bestandteil seiner selbständigen Beschäftigung zu machen. Selbständig handelt, wer sich nach eigenem Willen und in eigener Verantwortung, unabhängig von den Weisungen einer übergeordneten Person betätigt1. Geschäftsmäßig kann eine Hilfeleistung auch dann sein, wenn sie nur für eine bestimmte Person erfolgt. Dies gilt zumindest dann, wenn sich die Hilfeleistung über einen längeren Zeitraum erstreckt und die einzelnen Tätigkeiten verschiedene Rechtsgebiete berühren2.
Die Hilfeleistung in Steuersachen umfasst nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 StBerG auch die Hilfeleistung bei der Führung von Büchern und Aufzeichnungen sowie bei der Aufstellung von Abschlüssen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind. Hilfeleistung in diesem Sinne ist auch die Mitwirkung bei der Anfertigung und Abgabe von Steuererklärungen3.
Die Hilfeleistung in Steuersachen darf gemäß § 2 Satz 1 StBerG geschäftsmäßig nur von Personen und Vereinigungen ausgeübt werden, die hierzu befugt sind. Andere als die in den §§ 3, 3a und 4 StBerG bezeichneten Personen und Vereinigungen dürfen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 StBerG nicht geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, insbesondere nicht geschäftsmäßig Rat in Steuersachen erteilen.
Nach § 6 Nr. 3 StBerG gilt das Verbot des § 5 StBerG nicht für die Durchführung mechanischer Arbeitsgänge bei der Führung von Büchern und Aufzeichnungen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind; hierzu gehören nicht das Kontieren von Belegen und das Erteilen von Buchungsanweisungen.
Gemäß § 6 Nr. 4 StBerG gilt das Verbot des § 5 StBerG ferner nicht für das Buchen laufender Geschäftsvorfälle, die laufende Lohnabrechnung und das Fertigen der Lohnsteuer-Anmeldungen, soweit diese Tätigkeiten verantwortlich durch Personen erbracht werden, die nach Bestehen der Abschlussprüfung in einem kaufmännischen Ausbildungsberuf oder nach Erwerb einer gleichwertigen Vorbildung mindestens drei Jahre auf dem Gebiet des Buchhaltungswesens in einem Umfang von mindestens 16 Wochenstunden praktisch tätig gewesen sind. Die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen wird weder vom Wortlaut noch vom Sinn und Zweck des § 6 Nr. 4 StBerG erfasst.
§ 6 Nr. 4 StBerG wurde durch Art. 1 Nr. 4 Buchst. b des Vierten Gesetzes zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vom 09.06.19894 in das StBerG eingefügt und erhielt seine heutige Fassung durch Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über die Tätigkeit der Steuerberater vom 24.06.20005. Die Einfügung der Vorschrift beruhte nach den Ausführungen in der Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung6 auf den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 18.06.1980 1 BvR 697/777; und vom 27.01.1982 1 BvR 807/808, nach denen das sogenannte Buchführungsprivileg für steuerberatende Berufe hinsichtlich des Kontierens von Buchungsbelegen und der laufenden Lohnbuchhaltung mit Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) unvereinbar sei. Dementsprechend würden nunmehr das Buchen laufender Geschäftsvorfälle, die laufende Lohnabrechnung und das Fertigen von Lohnsteuer-Anmeldungen vom Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen ausgenommen, soweit diese Tätigkeiten verantwortlich durch Personen erbracht würden, die über eine ausreichende Ausbildung und berufliche Erfahrung verfügten. Mit der Verwendung des Begriffs „Buchen laufender Geschäftsvorfälle“ werde der Tatsache Rechnung getragen, dass die Kontierung die wichtigste Tätigkeit bei der Buchung laufender Geschäftsvorfälle darstelle und kontierte Belege auch von buchhalterisch nicht vorgebildeten Personen verbucht werden könnten. Aus der Beschränkung auf „laufende“ Geschäftsvorfälle ergebe sich, dass weitergehende Tätigkeiten, wie die Einrichtung der Buchführung und die Abschlussarbeiten, nicht unter die Regelung des § 6 Nr. 4 StBerG fielen. Da auch das Fertigen der laufenden Lohnsteuer-Anmeldungen im Allgemeinen keine schwierigen rechtlichen Wertungen verlange, werde diese Tätigkeit vom Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen ausgenommen. Mit dem BVerfG sei davon auszugehen, dass die zur laufenden Lohnabrechnung befugten Personen in der Lage seien, bei schwierigen Steuerrechtsfragen einen qualifizierten steuerlichen Berater hinzuzuziehen und ihm die Beratung in diesen Sachen zu überlassen.
§ 6 Nr. 4 StBerG kann im Hinblick auf seinen klaren Wortlaut und unter Berücksichtigung der mit der Vorschrift verfolgten Zielsetzung nicht entsprechend auf die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen angewendet werden9.
Ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG liegt darin nicht10. Die Umsatzsteuervoranmeldungen können den Lohnsteuer-Anmeldungen nicht gleichgestellt werden. Ihre richtige Erstellung erfordert eine umfassende Kenntnis des Umsatzsteuerrechts. Es gibt keine wesentliche Vorschrift des Umsatzsteuergesetzes (UStG), die bei der Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen nicht grundsätzlich beachtet werden muss. Das schließt nicht aus, dass es zahlreiche Fälle gibt, in denen sich keine rechtlichen Besonderheiten ergeben und die Umsatzsteuervoranmeldung daher ohne besondere Schwierigkeiten erstellt werden kann. Die Entscheidung der Frage, ob es mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar ist, die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen den steuerberatenden Berufen vorzubehalten, kann aber nicht von den Schwierigkeiten abhängig gemacht werden, die die jeweils im Einzelfall zu erstellende Anmeldung bietet. Diese Frage kann vom Gesetzgeber nur einheitlich entschieden werden11.
Der Bundesgerichtshof ist ebenfalls der Ansicht, dass die geschäftsmäßige Hilfeleistung bei der Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen den steuerberatenden Berufen vorbehalten ist; denn es handelt sich dabei um einen mit der Berechnung der Steuer durch den Unternehmer selbst verbundenen Steueranmeldungsvorgang (§ 18 Abs. 1, 2 und 2a UStG), der umfassende Kenntnisse des Umsatzsteuerrechts voraussetzt und im Interesse der Allgemeinheit und der Steuerpflichtigen anderen Personen als einem ausgebildeten steuerlichen Berater nicht überlassen werden darf12.
Die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen wird vom Anwendungsbereich des § 6 Nr. 4 StBerG auch dann nicht erfasst, wenn das verwendete Buchführungsprogramm es ermöglicht, die Umsatzsteuervoranmeldungen aufgrund der Buchführung automatisch zu erstellen. Das Fertigen einer Umsatzsteuervoranmeldung stellt kein bloßes mechanisches Rechenwerk dar, wenn sie verantwortlich und unter Berücksichtigung der Regelungen des UStG geschieht. Die bloße unkritische Übernahme der Ergebnisse der Buchführung ohne eigene rechtliche Prüfung genügt nicht den Anforderungen, die das Gesetz an eine Umsatzsteuervoranmeldung stellt. Anderenfalls würde die Verantwortung für die Richtigkeit der Umsatzsteuervoranmeldung auf den Buchführer übertragen werden, der dann auch die Subsumtion der Geschäftsvorfälle unter die einschlägigen Bestimmungen des UStG vorzunehmen hätte. Die Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldungen erfordert ein eigenverantwortliches und sachkundiges Tätigwerden, das auch die kritische Prüfung und eine gesetzesgerechte Auswertung der durch den Buchführer gelieferten Zahlen einschließt. Dass der Gesetzgeber diese Tätigkeit den Personen vorbehält, die aufgrund einer sachgerechten Vorbildung zur Hilfeleistung in Steuersachen zugelassen sind, ist daher kein Eingriff in die Berufsfreiheit, der weitergeht, als die sie legitimierenden öffentlichen Interessen erfordern13. Ein Buchführungsprogramm kann diese persönliche Tätigkeit bei der Überprüfung der Buchführung nicht ersetzen. Es kann beispielsweise nicht erkennen, ob die in § 15 UStG bestimmten Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erfüllt sind und in welchem Voranmeldungszeitraum der Abzug ggf. vorzunehmen ist.
Dass die in § 6 Nr. 4 StBerG genannten Personen nicht zur Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen befugt sind, beeinträchtigt ihre durch diese Vorschrift zugelassene Berufstätigkeit nicht in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise. Sie sind zur Buchung laufender Geschäftsvorfälle auch befugt, soweit diese die Umsatzsteuer berühren. Sie sind lediglich nicht dazu berechtigt, aufgrund der Ergebnisse der Buchführung die Umsatzsteuervoranmeldungen zu erstellen. Insoweit gilt nichts anderes wie für das Fertigen der Umsatzsteuerjahreserklärungen (§ 18 Abs. 3 UStG) sowie der Steuer- und Feststellungserklärungen für ertragsteuerrechtliche Zwecke (mit Ausnahme der Lohnsteuer-Anmeldungen), auf die § 6 Nr. 4 StBerG ebenfalls nicht anwendbar ist.
Aus der StDÜV lässt sich kein anderes Ergebnis ableiten. Die in dieser Verordnung enthaltenen Vorschriften regeln nicht die Frage, wer zur Hilfeleistung bei der Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen befugt ist. Die StDÜV könnte zudem als Verordnung das StBerG nicht ändern14.
Wird eine Person oder Vereinigung, die als Beistand bei der Anfertigung und Abgabe einer Steuererklärung mitgewirkt hat; vom Finanzamt fälschlicherweise als Bevollmächtigte zurückgewiesen, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des Bescheids. Der Bescheid ist nach § 128 AO dahin umzudeuten, dass die Zurückweisung die Person oder Vereinigung als Beistand betrifft15.
Der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung durch das Finanzamt steht nicht entgegen, dass das Finanzamt die Zurückweisung nicht auf ein konkretes Verfahren und einen bestimmten Verfahrensabschnitt beschränkt hat. Eine solche Beschränkung war durch § 80 Abs. 5 AO jedenfalls dann nicht vorgeschrieben, wenn die erteilte Vollmacht nicht entsprechend beschränkt war16. Erstellt die Buchhalterin über einen längeren Zeitraum die Umsatzsteuervoranmeldungen für ihren Kunden und übermittelt diese an das Finanzamt, ist mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen, dass sie damit von dem jeweiligen Kunden auch für die Zukunft betraut werden sollte.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 7. Juni 2017 – II R 22/15
- BFH, Urteil vom 04.10.1995 – VII R 38/95, BFHE 178, 518, BStBl II 1996, 488, unter 2.[↩]
- BFH, Beschluss vom 08.10.2010 – II B 111/10, BFH/NV 2011, 73, Rz 23, m.w.N.[↩]
- BFH, Urteil vom 19.10.2016 – II R 44/12, BFHE 255, 367, Rz 19[↩]
- BGBl I 1989, 1062[↩]
- BGBl I 2000, 874[↩]
- BT-Drs. 11/3915, S. 17[↩]
- BVerfGE 54, 301, BStBl II 1980, 706[↩]
- BVerfGE 59, 302, BStBl II 1982, 281[↩]
- OLG Düsseldorf, Urteil vom 19.10.2001 – 23 U 29/01, OLG-Report Hamm Düsseldorf Köln 2002, 210; OLG Hamm, Urteil vom 18.07.2006 – 4 U 17/06, DStRE 2006, 1562; Bethge, DStR 2006, 1959; Riddermann in Kuhls u.a., Kommentar zum Steuerberatungsgesetz, 3. Aufl.2012, § 6 Rz 22; Späth, Handbuch der Steuerberatung, Fach B, § 6 StBerG Rz B 111.3[↩]
- anderer Ansicht Pruns, Zeitschrift für Bilanzierung, Rechnungswesen und Controlling 2017, 37, 75[↩]
- BFH, Urteil vom 01.03.1983 – VII R 27/82, BFHE 138, 129, BStBl II 1983, 318; zustimmend KG, Urteil vom 27.09.1988 – 5 U 1330/87, Die Steuerberatung 1989, 228[↩]
- BGH, Urteil vom 22.04.1999 – IX ZR 112/98, DStRE 1999, 732[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 138, 129, BStBl II 1983, 318[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 138, 129, BStBl II 1983, 318, unter B.I. 3.[↩]
- BFH, Urteil in BFHE 255, 367, Rz 26[↩]
- BFH, Urteil vom 18.01.2017 – II R 33/16, BFHE 256, 206[↩]