Ein Vergleich mit einem „Gashahnaufdreher“ im Dritten Reich ist nicht dadurch gerechtfertigt, dass sich der betreffende Journalist in einem Artikel mit rechtem Gedankengut und dessen Toleranz kritisch auseinandergesetzt hat.
So hat das Oberlandesgericht Köln in dem hier vorliegenden Fall auf die Revision der Staatsanwaltschaft Bonn entschieden und einen Teilfreispruch des Landgerichts Bonn aufgehoben. In einem Online-Magazin hatte sich ein Journalist kritisch mit dem Auftritt des thüringischen AfD-Politikers B.H. auf der Frankfurter Buchmesse unter dem Titel „Versteht es doch endlich: Rechtes Gedankengut darf nicht toleriert werden“ beschäftigt. Daraufhin veröffentlichte der Angeklagte, ein ehemaliger Krimi-Autor, auf seiner Homepage einen Bericht, in dem er unter anderem bezogen auf den Journalisten formulierte: „Er tut dabei so, als hätten solche intoleranten Mindertalentierten und Mitläufer wie er, die anno Adolf mit absoluter Sicherheit eine Superkarriere als Gashahnaufdreher hingelegt hätten, irgendeine andere stalinistische Kackmeinung als die ihrige je toleriert.“
Vom Landgericht Bonn, das den Angeklagten wegen anderer Beleidigungen zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 30 Euro verurteilt hatte, war der Angeklagte in diesem Punkt freigesprochen worden.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Köln stelle der Vergleich mit „Gashahnaufdrehern“ eine Ehrkränkung von erheblichem Gewicht dar, mit der der Journalist ohne erkennbaren Ansatz in die Gruppe der Personen mit nationalsozialistischer Gesinnung gerückt worden sei. Während der Journalist ein gesellschaftliches Phänomen angesprochen habe, habe der Angeklagte allein die Person des Geschädigten in den Fokus genommen und diesem unterstellt, er wäre im NS-Unrechtsregime „Mitläufer“ geworden. Dem so Bezeichneten wird nicht nur im Sinne eines „Mitläufers“ die Eigenschaft eigenständigen Denkens und eigenverantwortlichen Handelns abgesprochen, sondern er wird auch mit der konkreten Wortwahl persönlich in die Nähe einer Ideologie vergleichbar mit derjenigen der Unterstützer des nationalsozialistischen Unrechtsregimes gerückt und in direkten Zusammenhang mit einer nationalsozialistisch gesinnten Gruppe gebracht.
Der Artikel des Journalisten sei dagegen in Wortwahl und Ausdruck äußerst moderat und sachlich gefasst gewesen. Die Äußerungen des Angeklagten dagegen seien in der konkreten Form auch nicht unter dem Gesichtspunkt des „Rechts zum Gegenschlag“ im geistigen Meinungskampf angezeigt. Auch die vom Angeklagten in Anspruch genommene Kunstfreiheit gem. Art. 5 Abs. 3 GG gelte nicht schrankenlos, sondern werde insbesondere durch die in Art. 1 GG garantierte Menschenwürde begrenzt.
Insgesamt habe das Landgericht Bonn nicht ausreichend zwischen den Grundrechten des Angeklagten aus Art. 5 Abs. 1 und 3 GG einerseits und dem Persönlichkeitsrecht des Journalisten aus Art. 2 Abs. 1 GG abgewogen. Mit dieser Begründung hat das Oberlandesgericht Köln den Teilfreispruch aufgehoben und die Sache an das Landgericht Bonn zurückverwiesen.
Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 10. Dezember 2019 – III-1 RVs 180/19
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