Stützt der Tatrichter –wie hier – seine Feststellungen zum Tatkerngeschehen im Wesentlichen auf die Angaben des (vermeintlichen) Tatopfers, hängt seine Urteilsfindung maßgeblich von der Beantwortung der Frage ab, ob diesem zu glauben ist. Hat die (Haupt-)Belastungszeugin zudem weitere Straftaten behauptet, von denen sich das Gericht nicht zu überzeugen vermag, so gewinnt das in diesem Rahmen besondere Bedeutung und bedarf näherer Erörterung1.
So auch in dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall: Dem Angeklagten waren mit der zugelassenen Anklage neun weitere Straftaten zum Nachteil der Nebenklägerin vorgeworfen worden, u. a. Vergewaltigung in zwei Fällen und gefährliche Körperverletzungen in vier Fällen. Von diesen Vorwürfen hat das Landgericht den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Die – nicht konstanten – Aussagen der Nebenklägerin hätten im Kerngeschehen erhebliche Widersprüche aufgewiesen; zudem fehlten objektive Beweisumstände, die nach ihren Aussagen zu erwarten gewesen wären. Andere, sicher festgestellte objektive Umstände seien dagegen mit Behauptungen der Nebenklägerin nicht in Einklang zu bringen gewesen. Schließlich sei bei der Nebenklägerin wegen des von ihr angestrebten alleinigen Sorge- und Umgangsrechts hinsichtlich des gemeinsamen Kindes ein erhebliches Belastungsmotiv zu berücksichtigen gewesen.
Das Landgericht hat zwar umfassend erörtert, welche Umstände zum Freispruch aus tatsächlichen Gründen geführt haben. Es hat auch – im Ansatz zutreffend – im Rahmen der Beweiswürdigung in zwei der Verurteilungsfälle ausgeführt, dass eine Gesamtwürdigung des gesamten Aussageverhaltens der Hauptbelastungszeugin erforderlich sei. Diesem Anspruch wird das Landgericht allerdings nicht gerecht. Eine Gesamtwürdigung der Aussage der Nebenklägerin findet gerade nicht statt. Das Landgericht hat damit rechtsfehlerhaft die Beweiswürdigung, die dem Teilfreispruch zugrunde liegt, nicht erkennbar in die Beweiswürdigung zu den Verurteilungsfällen einbezogen.
Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters, dem es obliegt, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Die revisionsgerichtliche Überprüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist etwa der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt2.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28. April 2020 – 2 StR 494/19