Die allgemeine Begründungslast des § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG verlangt von einem Beschwerdeführer im Zweifelsfall die schlüssige Darlegung, dass die einmonatige Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG zur Erhebung und Begründung der Verfassungsbeschwerde eingehalten ist. In Strafsachen werden Entscheidungen regelmäßig sowohl dem Verteidiger als auch dem Beschuldigten bekanntgegeben. Daher ist substantiierter Vortrag zu allen Zugangszeitpunkten – oder die Klarstellung, dass der Beschluss nur einem der Beteiligten bekanntgegeben wurde – jedenfalls dann erforderlich, wenn sich die Einhaltung der Monatsfrist nicht ohne weiteres aus den vorgelegten Unterlagen ergibt. Die Regelung des § 37 Abs. 2 StPO findet im verfassungsgerichtlichen Verfahren keine Anwendung.
Eine Verfassungsbeschwerde, mit der sich der Beschwerdeführer gegen seine strafrechtliche Verurteilung wendet, ist unzulässig, wenn der Beschwerdeführer nicht hinreichend substantiiert zur Fristwahrung vorgeträgt.
Eine solche Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, denn der Beschwerdevortrag genügt den Substantiierungs- und Begründungsanforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG nicht.
Die allgemeine Begründungslast des § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG verlangt, dass ein Beschwerdeführer zu den Sachentscheidungsvoraussetzungen seiner Verfassungsbeschwerde vorträgt, soweit deren Vorliegen nicht aus sich heraus erkennbar ist. Hierzu gehört im Zweifelsfall auch die schlüssige Darlegung, dass die einmonatige Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG zur Erhebung und Begründung der Verfassungsbeschwerde eingehalten ist1.
Diesen Vorgaben wird der Beschwerdevortrag nicht gerecht. Der Beschwerdeführer legt nur dar, wann die das fachgerichtliche Verfahren abschließende Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 01.07.2020 seinem im Revisionsverfahren mandatierten Verteidiger zugegangen ist. Vortrag dazu, ob und wann ihm selbst die Entscheidung bekanntgegeben wurde, lässt er vermissen. Da die erste Bekanntgabe der Entscheidung im Hinblick auf die Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG fristauslösend wirkt2 und die Revisionsentscheidung regelmäßig sowohl dem Verteidiger als auch dem Beschuldigten bekanntgegeben wird, ist die Angabe aller Zugangszeitpunkte – mithin sowohl des Zugangs bei dem oder den Verteidiger(n) sowie bei dem Beschuldigten – jedenfalls dann erforderlich, wenn sich die Einhaltung der Monatsfrist – wie hier – nicht ohne weiteres aus den vorgelegten Unterlagen ergibt. Ohne substantiierten Vortrag zu den jeweiligen Zugangszeitpunkten – oder die Klarstellung, dass der Beschluss nur einem der Beteiligten bekanntgegeben wurde – kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Beschuldigte die Entscheidung bereits zu einem früheren Zeitpunkt erhalten hat3. Die Regelung des § 37 Abs. 2 StPO zu mehrfachen Zustellungen findet als straf, aber nicht verfassungsprozessuale Norm, die zudem nur Zustellungen, nicht aber sonstige Bekanntmachungsformen betrifft, im verfassungsgerichtlichen Verfahren keine Anwendung4.
Es kann daher nicht ohne weitere Ermittlungen überprüft werden, ob der Beschwerdeführer die Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG eingehalten hat. Die verbleibenden Unsicherheiten führen nach den durch das Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßstäben zu den formalen Substantiierungsanforderungen zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde5.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 29. April 2021 – 2 BvR 1543/20
- vgl. BVerfGK 14, 468 <469> BVerfG, Beschluss vom 12.06.2014 – 2 BvR 1004/13, Rn. 3; Beschluss vom 11.07.2018 – 2 BvR 1548/14, Rn. 15; Beschluss vom 24.02.2021 – 2 BvR 428/18, Rn. 2[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.06.2014 – 2 BvR 1004/13, Rn. 12 f.; Beschluss vom 24.02.2021 – 2 BvR 428/18, Rn. 8; Jahn, in: Jahn/Krehl/Löffelmann/Güntge, Die Verfassungsbeschwerde in Strafsachen, 2. Aufl.2017, Rn. 290[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.06.2014 – 2 BvR 1004/13, Rn. 12 f.; Beschluss vom 24.02.2021 – 2 BvR 428/18, Rn. 8; Jahn, in: Jahn/Krehl/Löffelmann/Güntge, Die Verfassungsbeschwerde in Strafsachen, 2. Aufl.2017, Rn. 285[↩]
- vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.04.1999 – 2 BvR 299/94, Rn. 4; Beschluss vom 12.06.2014 – 2 BvR 1004/13, Rn. 5; Beschluss vom 24.02.2021 – 2 BvR 428/18, Rn. 3[↩]
- vgl. BVerfGE 112, 304 <314 f.> BVerfGK 5, 170 <171> 20, 249 <254 f.> BVerfG, Beschluss vom 24.02.2021 – 2 BvR 428/18, Rn. 12; Jahn, in: Jahn/Krehl/Löffelmann/Güntge, Die Verfassungsbeschwerde in Strafsachen, 2. Aufl.2017, Rn. 285[↩]