Ein Sachverständiger erhält für ein Gutachten zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit einer Zeugenaussage keine Vergütung, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig schwerwiegende Verstöße gegen den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand begeht.
Über die wissenschaftlichen Anforderungen, die an ein aussagepsychologisches Gutachten zu stellen sind, darf sich ein Sachverständiger selbst dann nicht hinwegsetzen, wenn er sich von dieser Verfahrensweise den Vorteil erhofft, die Unsicherheit und Verschlossenheit eines Zeugen zu überwinden.
Eine Vergütung steht dem Sachverständigen nicht zu, wenn sein Gutachten andere, schwerwiegende Verstöße gegen aussagepsychologische Standards enthält, über die er sich nicht nur grob fahrlässig – dies würde genügen1 – sondern bewusst hinweggesetzt hat.
Ein Sachverständiger hat sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei der Begutachtung „ausschließlich methodischer Mittel zu bedienen, die dem jeweils aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand gerecht werden“2.
Dass der Sachverständige vorliegend zunächst vom Jugendamt beauftragt wurde, ändert nichts an den wissenschaftlichen Anforderungen, die an ein Glaubhaftigkeitsgutachten zu stellen sind. Und auch das Verhalten eines Zeugen berechtigt nicht zur bewussten Abkehr von den anerkannten Methoden der Wissenschaft. Über diese darf sich ein Gutachter selbst dann nicht hinwegsetzen, wenn er sich von dieser Verfahrensweise den Vorteil erhofft, die Unsicherheit und Verschlossenheit eines Zeugen zu überwinden. Denn der Sachverständige mag in einem solchen Fall zwar sein Ziel erreichen und den Zeugen öffnen, stellt jedoch das Ergebnis seines Gutachtens in einem solchen Maße in Frage, dass es – wie hier – nicht mehr geeignet ist, das Gericht bei der Überzeugungsbildung zu unterstützen.
Oberlandesgericht Braunschweig, Beschluss vom 5. Juni 2013 – 1 Ws 24/13