Aufklärungspflicht und Beweisanträge im Verwaltungsprozess

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann das Gericht einen Beweisantrag auf Einholung von Sachverständigengutachten oder einer amtlichen Auskunft im Allgemeinen nach tatrichterlichem Ermessen gemäß § 98 VwGO in entsprechender Anwendung des § 412 ZPO oder mit dem Hinweis auf eigene Sachkunde verfahrensfehlerfrei ablehnen1.

Aufklärungspflicht und Beweisanträge im Verwaltungsprozess

Liegen bereits Gutachten vor, handelt die Tatsacheninstanz nur dann verfahrensfehlerhaft, wenn sich die Einholung eines weiteren Gutachtens wegen fehlender Eignung der vorliegenden Gutachten hätte aufdrängen müssen.

Gutachten und Stellungnahmen sind dann ungeeignet, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht2.

Welche Anforderungen vom Gericht an die Substantiierung eines Beweisantrags gestellt werden dürfen, bestimmt sich zum einen danach, ob die zu beweisende Tatsache in den eigenen Erkenntnisbereich des Beteiligten fällt, und zum anderen nach der konkreten prozessualen Situation3.

Im hier entschiedenen Fall lagen dem Berufungsgericht mehrere, u.a. im Berufungsverfahren eingeholte Gutachten und Stellungnahmen nebst aktualisierenden Ergänzungen zum Gesundheitszustand des Klägers vor, deren Tauglichkeit dieser nicht infrage gestellt hat. Demzufolge wäre für eine ausreichende Substantiierung des Beweisantrags in diesem Stadium des Verfahrens eine genauere Darlegung insbesondere der konkret befürchteten gesundheitlichen Folgen der Abschiebung erforderlich gewesen, um den Tatrichter zu einer weiteren Aufklärung in diese Richtung zu veranlassen. Die in dem gestellten Beweisantrag pauschal geäußerte Befürchtung, dem Kläger drohe „für den Fall der zwangsweisen Durchführung der Abschiebung die Gefahr einer wesentlichen Verschlechterung des Gesundheitszustands“, reichte in dieser durch bereits intensive Ermittlungen zum Gesundheitszustand des Klägers gekennzeichneten Prozesssituation zu einer hinreichenden Substantiierung nicht mehr aus. Auch für eine Verletzung des § 86 Abs. 1 VwGO ist nichts ersichtlich.

Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 26. November 2014 – 1 B 25.2014 –

  1. vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27.03.2000 – 9 B 518.99 – InfAuslR 2000, 412; und vom 11.02.1999 – 9 B 381.98, Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 42 = DVBl 1999, 1206; jeweils m.w.N.[]
  2. BVerwG, Beschlüsse vom 02.03.1995 – 5 B 26.95, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 267 S. 12; und vom 04.01.2007 – 10 B 20.06, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 353 S. 5 m.w.N.[]
  3. vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25.01.1988 – 7 CB 81.87, Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr.196 S. 14; vom 19.10.2011 – 8 B 37.11 – ZOV 2011, 264; und vom 30.05.2014 – 10 B 34.14 9[]