War ein Richter vor seiner Einstellung in den Richterdienst als Flugbegleiter (Steward) oder als Fluggastabfertiger tätig, sind diese Zeiten bei der Festsetzung der Erfahrungsstufe nicht zu berücksichtigen, nach der sich die Besoldung des Richters richtet.
Dies musste jetzt das Bundesverwaltungsgericht im Fall eines Berliner Richters entscheiden. Das Verwaltungsgericht Berlin hatte das Land Berlin verpflichtet, die Zeiten der Tätigkeit des Richters als Flugbegleiter sowie Fluggastabfertiger als Erfahrungszeiten gemäß § 38a Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 des Bundesbesoldungsgesetzes in der Überleitungsfassung für Berlin (BBesG Bln) anzuerkennen1. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat dieses Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen2. Das Bundesverwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Revision des Richters zurückgewiesen:
§ 38a Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 BBesG Bln erkennt Zeiten einer Vor-Tätigkeit an, sofern sie für den Erwerb der nach § 9 Nr. 4 DRiG notwendigen sozialen Kompetenz förderlich sein konnten. Die Vorschrift ist nach Wortlaut, systematischem Zusammenhang und Sinn und Zweck der Norm eingrenzend auszulegen. Durch die Bezugnahme auf die für die richterliche Tätigkeit erforderliche soziale Kompetenz wird deutlich, dass es sich bei der Tätigkeit nicht um eine beliebige berufliche Vor-Tätigkeit handeln kann. Vielmehr muss sie einen Bezug zum Beruf des Richters aufweisen. Kennzeichnend hierfür ist die Fähigkeit, in Konfliktsituationen die divergierenden Interessen mehrerer Beteiligter auch in komplexen Lebensverhältnissen zu erfassen, zu einem Ausgleich zu bringen und ggf. hierüber auch zu entscheiden. Der Richter muss ferner die sozialen Folgen seines Handelns berücksichtigen. Andererseits muss er aber auch die erforderliche Konflikt- und Entschlussfähigkeit besitzen. Für eine (mögliche) Tätigkeit im Spruchkörper muss er über Teamfähigkeit verfügen und eine kollegiale Beratungskultur pflegen. Solche Fähigkeiten müssen im Vordergrund der in Rede stehenden Vor-Tätigkeit stehen und für diese prägend sein.
Danach reicht nicht jede berufliche Tätigkeit, die zwangsläufig mit einem Kontakt zu anderen Menschen verbunden ist, als Erfahrungszeit aus, insbesondere nicht solche Tätigkeiten, bei denen dieser soziale Umgang den anderen Menschen nur ausschnittsweise, in einer begrenzten sozialen Funktion und Situation, z.B. als Kunde, betrifft.
Diese Voraussetzungen sind bei einer Tätigkeit als Flugbegleiter nicht erfüllt. Denn der Flugbegleiter erbringt in erster Linie im Auftrag der Fluggesellschaft Leistungen, um die Verpflichtungen der Gesellschaft gegenüber ihren Kunden zu erfüllen. Bei einem Fluggastabfertiger (Bodensteward) sind Art und Maß des sozialen Kontakts zum Kunden noch geringer als bei einem Flugbegleiter.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 22. September 2015 – 2 C 29.15