Liegt den Bestimmungen des Bebauungsplans zur Größe zulässiger Werbeanlagen kein gebietsspezifisches Gestaltungskonzept zugrunde, sind diese Bestimmungen unwirksam.
Mit dieser Begründung hat das Verwaltungsgericht Koblenz in dem hier vorliegenden Fall der Klage einer Firma auf Verpflichtung des Landkreises Bernkastel-Wittlich zur Genehmigung einer beleuchteten Werbetafel im Bereich des ehemaligen Bahnhofsgeländes in Kues stattgegeben.
Im Jahr 2019 hat die Klägerin eine Baugenehmigung zur Errichtung zweier, jeweils circa 11 m² großer, beleuchteter Werbetafeln zur Fremdwerbung an der südöstlichen Fassade eines an der Cusanusstraße befindlichen Gebäudes beantragt. Der beklagte Landkreis Bernkastel-Wittlich lehnte den Antrag unter Berufung auf die Bestimmungen des einschlägigen Bebauungsplans ab. Hiernach seien Anlagen mit mehr als 2,00 m² Flächengröße und mehr als 0,6 m Höhe unzulässig. Zudem rage die geplante Werbeanlage in den Luftraum über einem angrenzenden Grundstück der beigeladenen Stadt Bernkastel-Kues. Eine nachbarliche Zustimmung hierzu hat diese nicht in Aussicht gestellt.
Anderer Auffassung die Klägerin: Sie ist der Meinung, die ihrem Bauvorhaben entgegenstehenden Bestimmungen des Bebauungsplans seien unwirksam, denn ein generelles Verbot großflächiger Werbeanlagen in Mischgebieten wie dem vorliegenden sei grundsätzlich unzulässig. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat sie die vorliegende Klage erhoben und ihr Begehren auf die Genehmigung einer einzigen Werbetafel reduziert.
In seiner Urteilsbegründung hat das Verwaltungsgericht Koblenz ausgeführt, dass der Klägerin – obschon die Beigeladene ihre nachbarliche Zustimmung zu einer Überbauung ihres Luftraums nicht in Aussicht gestellt habe – ein berechtigtes Interesse an der gerichtlichen Klärung der baurechtlichen Zulässigkeit ihres Vorhabens zukomme, da der Beklagte zuvor bereits in der Sache entschieden habe. Zudem sei aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls jedenfalls nicht offenkundig, dass die Baugenehmigung infolge entgegenstehender Rechte der Beigeladenen von vornherein nutzlos sei.
Darüber hinaus habe die Klägerin in der Sache einen Anspruch auf Erteilung der beantragen Baugenehmigung für eine Werbetafel. Die entgegenstehenden Bestimmungen des Bebauungsplans zur Größe zulässiger Werbeanlagen seien unwirksam, da ihnen kein gebietsspezifisches Gestaltungskonzept zugrunde liege. So sei angesichts der optisch uneinheitlichen Bebauung und der Heterogenität der im Bebauungsplan vorgesehenen Nutzungen schon nicht erkennbar, dass der Geltungsbereich des Bebauungsplans überhaupt über einen hinreichenden Gebietscharakter verfüge. Auch könne nicht festgestellt werden, dass das Plangebiet im Ganzen optisch eine untrennbare Einheit mit dem südöstlich gelegenen historischen Altstadtbereich der Stadt Bernkastel-Kues darstelle. Allein die Absicht, das Erscheinungsbild des Ortes Kues sowohl in seiner Gesamtaufsicht von der Burg Landshut als auch von den Moselrändern her langfristig zu sichern, könne das generelle Verbot großflächiger Werbetafeln nicht rechtfertigen, denn die Sicht von Burg und Mosel aus sei kein Spezifikum des ehemaligen Bahnhofsgeländes.
Weiterhin könne das Verbot großflächiger Werbetafeln auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass es dem Schutz des unter Denkmalschutz stehenden ehemaligen Bahnhofsgebäudes, der ehemaligen Güterhalle oder des außerhalb des Plangebietes befindlichen Cusanusstifts sowie der Burg Landshut diene, denn es fehle aufgrund der räumlichen Verhältnisse an einer hinreichenden Wechselwirkung zwischen dem Bereich, in dem die Werbeanlage errichtet werden soll, und den genannten Denkmälern.
Außerdem sei die Werbeanlage bauplanungsrechtlich als eigenständige gewerbliche Nutzung, die das innerstädtische Wohnen nicht störe, nicht zu beanstanden.
Verwaltungsgericht Trier, Urteil vom 24. September 2020 – 7 K 1592/20.TR