Der in § 35 Abs. 3 BerlKaG geregelte künftige Ausschluss einer berufsständischen Versorgung und das damit verbundene Verbot eines Beitritts zu einem anderen Versorgungswerk verstoßen nicht gegen das Grundrecht auf Gleichheit nach Art. 10 Abs. 1 der Verfassung von Berlin.
So hat der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin in dem hier vorliegenden Fall der Berliner Psychotherapeutenkammer, die sich dem Niedersächsischen Versorgungswerk anschließen möchte. Der Berliner Gesetzgeber hat im Oktober 1999 anlässlich der Gründung der Berliner Psychotherapeutenkammer in § 35 Abs. 3 BerlKaG bestimmt, dass die Vorschriften über Versorgungswerke in § 4b BerlKaG für die ab dem 22. September 1999 gegründeten Heilberufekammern nicht anwendbar sind. Danach können neu gegründete Kammern seither weder eigene Versorgungswerke einrichten noch sich Versorgungswerken in anderen Bundesländern anschließen. Diese Regelung beruhte auf einem Änderungsantrag der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin. Zu dessen Begründung hieß es, die Gründung einer neuen Kammer solle ein Abkoppeln von der Solidargemeinschaft der gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr fördern; künftig solle es keine Versorgungswerke mehr geben. In den Folgejahren beantragten die FDP- und die CDU-Fraktion mehrfach erfolglos, § 35 Abs. 3 BerlKaG wieder zu streichen.
Die Psychotherapeutenkammer als bislang einzig betroffene Kammer ist der Ansicht, § 35 Abs. 3 BerlKaG verstoße gegen den in Art. 10 Abs. 1 der Verfassung von Berlin verankerten Gleichheitssatz. Sie möchte sich dem Niedersächsischen Versorgungswerk anschließen und erstrebt vor dem Verwaltungsgericht die Feststellung, dass sie dazu berechtigt sei. Das Verwaltungsgericht hat gemäß Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes sein Verfahren ausgesetzt und die Sache dem Verfassungsgerichtshof vorgelegt, weil es die Regelung in § 35 Abs. 3 BerlKaG für mit der Verfassung von Berlin unvereinbar hält.
Nach Auffassung des Verfassungsgeichtshofs des Landes Berlin zielt die Regelung nicht auf eine Benachteiligung der Psychotherapeutenkammer ab, sondern soll den auf Bundesebene angestrebten Systemwechsel im Sozialversicherungsrecht hin zu einer „Bürgerversicherung“ vorbereiten und unterstützen. Bei derartigen grundlegenden Änderungen eines Rechtsgebiets hat der Gesetzgeber einen weiten, verfassungsgerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Spielraum. Diesen Spielraum hat der Berliner Gesetzgeber hier nicht überschritten, weil die Regelung sich auf sachlich nachvollziehbare Gründe stützen kann. Eine berufsständische Versorgung kann geeignet sein, selbständige Berufsträger von einer freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung abzuhalten und durch die Begründung von Vertrauenstatbeständen eine künftige umfassende Neuordnung der Rentenversicherung auf Bundesebene zu behindern.
Auch die konkrete Ausgestaltung der Stichtagsregelung ist sachlich vertretbar und willkürfrei. Ebenso ist es nicht zu beanstanden, dass der Berliner Gesetzgeber eine derartige Regelung nur für die Heilberufekammern getroffen hat.
Der künftige Ausschluss einer berufsständischen Versorgung und das damit verbundene Verbot eines Beitritts zu einem anderen Versorgungswerk verstoßen nicht gegen das Grundrecht auf Gleichheit nach Art. 10 Abs. 1 der Verfassung von Berlin in seiner Ausprägung als Willkürverbot. § 35 Abs. 3 BerlKaG ist mit der Verfassung von Berlin vereinbar.
Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin, Beschluss vom 21. März 2014 – VerfGH 41/12