Werbung mit dem markenrechtlich geschützten „ÖKO-TEST-Siegel“ ist nur aufgrund eines Lizenzvertrages mit dem Markeninhaber möglich.
So hat jetzt der Bundesgerichtshof in drei Revisionsverfahren die Benutzung von Testsiegel-Marken als Verletzung der Rechte der Markeninhaberin an ihrer bekannten Marke angesehen:
Die ÖKO-TEST AG gibt seit 1985 das Magazin „ÖKO-TEST“ heraus, in dem Waren- und Dienstleistungstests veröffentlicht werden. Sie ist Inhaberin einer im Jahr 2012 eingetragenen Unionsmarke, die das ÖKO-TEST-Siegel wiedergibt und markenrechtlichen Schutz für die Dienstleistungen „Verbraucherberatung und Verbraucherinformation bei der Auswahl von Waren und Dienstleistungen“ gewährt. Die ÖKO-TEST AG gestattet den Herstellern und Vertreibern der von ihr getesteten Produkte die Werbung mit dem ÖKO-TEST-Siegel, wenn diese mit ihr einen entgeltlichen Lizenzvertrag schließen.
Die Beklagten sind Versandhändler und haben in ihren Online-Shops mit dem ÖKO-TEST-Siegel geworben, ohne zuvor einen Lizenzvertrag mit der ÖKO-TEST AG geschlossen zu haben.
Die Beklagte des ersten Verfahrens1 bot in ihrem Internetportal eine blaue Baby-Trinkflasche und einen grünen Baby-Beißring an, die von der ÖKO-TEST AG in einer anderen Farbgestaltung getestet worden waren. Neben den Produktpräsentationen fand sich jeweils eine Abbildung des ÖKO-TEST-Siegels, das mit der Bezeichnung des getesteten Produkts, dem Testergebnis „sehr gut“ und der Fundstelle des Tests versehen war.
Die Beklagte des zweiten Verfahrens2 bot in ihrem Internetportal einen Lattenrost in verschiedenen Größen und Ausführungsformen sowie einen in Schwarz, Weiß und Rot gehaltenen Fahrradhelm an. Neben den Angeboten war das mit der Bezeichnung des getesteten Produkts, dem Testergebnis „gut“ bzw. „sehr gut“ und der Fundstelle des Tests versehene ÖKO-TEST-Siegel abgebildet. Die ÖKO-TEST AG hatte den Lattenrost in einer bestimmten Größe mit verstellbarem Kopf- und Fußteil getestet. Den Fahrradhelm hatte sie in einer anderen Farbgestaltung als den von der Beklagten angebotenen Helm getestet.
Die Beklagte des dritten Verfahrens3 bot in ihrem Internetportal einen Lattenrahmen und ein Kopfkissen in verschiedenen Größen an. Neben den Angeboten befand sich jeweils eine Abbildung des ÖKO-TEST-Siegels mit dem Zusatz „Richtig gut leben“ sowie mit der Bezeichnung des getesteten Produkts, dem Testergebnis „gut“ bzw. „sehr gut“ sowie der Fundstelle des Tests. Der Lattenrahmen und das Kopfkissen waren von der ÖKO-TEST AG jeweils nur in einer der angebotenen Größen getestet worden. Erst nach der Veröffentlichung des Angebots durch die Beklagte schlossen die Parteien einen Lizenzvertrag zur Nutzung des ÖKO-TEST-Siegels für das Kopfkissen in der getesteten Größe.
Die ÖKO-TEST AG sieht in der Werbung mit dem ÖKO-TEST-Siegel jeweils eine Verletzung ihrer Rechte an der Unionsmarke. Sie hat die Beklagten auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen.
Das Landgericht Berlin hat der Klage im ersten Verfahren1 stattgegeben4 und die Klage im zweiten Verfahren2 abgewiesen5. In der Berufung vor dem Berliner Kammergericht waren beide Klagen erfolgreich6. Der Bundesgerichtshof hat die Revision der beklagten Versandhändler in beiden Verfahren zurückgewiesen.
Im dritten Verfahren3 hat das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht Koblenz der Klage stattgegeben7. Die Berufung der beklagten Versandhändlerin ist vor dem Oberlandesgericht Koblenz ohne Erfolg geblieben8. Der Bundesgerichtshof hat nun auch die Revision der beklagten Versandhändlerin im Wesentlichen zurückgewiesen und die auf die konkrete Verletzungsform bezogene Verurteilung zur Unterlassung bestätigt.
In allen drei Verfahren befand der Bundesgerichtshof, dass die beanstandete Zeichennutzung entgegen Art. 9 Abs. 1 Satz 1 und 2 Buchst. c GMV und Art. 9 Abs. 1 und 2 Buchst. c UMV die bekannte Marke der ÖKO-TEST AG verletzt.
Das Berliner Kammergericht sowie das Oberlandesgericht Koblenz haben die Bekanntheit der Klagemarke rechtsfehlerfrei bejaht. Für eine Berücksichtigung von Investitionen bei der Beurteilung der Bekanntheit einer Marke ist nicht erforderlich, dass die Investitionen der Marke unmittelbar zugutekommen; es reicht vielmehr aus, dass die Marke – wie im Streitfall durch Publikationen unter Verwendung der Marke – mittelbar hiervon profitiert.
Es liegt auch eine rechtsverletzende Benutzung der Klagemarke vor, weil der Verkehr das jeweils von den Versandhändlern verwendete Logo mit der Klagemarke gedanklich verknüpft. Die Versandhändler haben dem Verkehr eine Information über die Beschaffenheit oder die Qualität ihrer Produkte vermittelt und sich hierzu auf die unter der bekannten Marke der ÖKO-TEST AG erbrachte Dienstleistung des Warentests bezogen. Bei der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden Gesamtwürdigung wiegen die Bekanntheit der Klagemarke und die hohe Zeichenähnlichkeit so schwer, dass die Unähnlichkeit der betroffenen Waren und Dienstleistungen der Annahme einer gedanklichen Verknüpfung nicht entgegensteht. Es ist von hochgradiger Zeichenähnlichkeit auszugehen, nicht hingegen von Zeichenidentität, weil die Versandhändler jeweils das als Marke geschützte „leere“ Testlogo um die Angaben zum Testergebnis und der Testfundstelle ergänzt haben. Die von der Marke erfassten Dienstleistungen (Verbraucherberatung und -information) und die von den Versandhändlern jeweils erbrachten Handelsdienstleistungen sind einander nicht ähnlich. Ein Händler, der im Rahmen seines Warenangebots über die Eigenschaften einer Ware wie deren Bewertung in einem von Dritten durchgeführten Test informiert, erbringt neben der Handelsdienstleistung nicht zugleich die Dienstleistung der Verbraucherberatung und -information.
Das Kammergericht und das Oberlandesgericht Koblenz haben desweiteren weiter rechtsfehlerfrei angenommen, dass die jeweils angegriffene Zeichenverwendung die Wertschätzung der Klagemarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. Versucht ein Dritter, sich durch die Verwendung eines mit einer bekannten Marke identischen oder ihr ähnlichen Zeichens in den Bereich der Sogwirkung dieser Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren und, ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen, die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke auszunutzen, so ist der sich aus dieser Verwendung ergebende Vorteil als eine unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung der Marke anzusehen. Im Hinblick darauf, dass die ÖKO-TEST AG erhebliche wirtschaftliche Anstrengungen für die Schaffung und Erhaltung der Bekanntheit ihrer Marke unternommen hat und die Versandhändler sich jeweils die daraus resultierende Werbewirkung der Marke ohne finanziellen Beitrag zunutze gemacht haben, ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Berufungsgerichte das Interesse der ÖKO-TEST AG daran, die Werbung mit ihrem Zeichen daraufhin zu kontrollieren, ob sie ihren testbezogenen Maßstäben genügt, höher bewertet haben als das Interesse der Versandhändler, ihre Kunden auf die gute oder sehr gute Bewertung ihrer Produkte durch die ÖKO-TEST AG hinzuweisen.
, Urteile vom 12. Dezember 2019 – I ZR 173/16; I ZR 174/16 und I ZR 117/17
- BGH – I ZR 173/16[↩][↩]
- BGH – I ZR 174/16[↩][↩]
- BGH – I ZR 117/17[↩][↩]
- LG Berlin, Urteil vom 08.09.2015 – 102 O 13/15[↩]
- LG Berlin, Urteil vom 28.07.2015 – 103 O 5/15[↩]
- KG, Urteile vom 21.06.2016 – 5 U 136/15 und 5 U 108/16[↩]
- LG Koblenz, Urteil vom 25.01.2017 – 1 HK O 21/15[↩]
- OLG Koblenz, Beschluss vom 22.06.2017 – 6 U 198/17[↩]