Beraterhaftung – und die nachfolgende Zweithandlung des Mandanten

Grundsätzlich schließt es eine für den Schaden mitursächliche willentliche Handlung des Verletzten nicht ohne weiteres aus, den Schaden demjenigen zuzurechnen, der die schädigende Kausalkette in Gang gesetzt hat1.

Beraterhaftung – und die nachfolgende Zweithandlung des Mandanten

Bestand für die Zweithandlung der Geschädigten ein rechtfertigender Anlass oder wurde sie durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert und erweist sich die Reaktion auch nicht als ungewöhnlich oder gänzlich unangemessen, so bleibt der Zurechnungszusammenhang mit dem Verhalten des Schädigers bestehen2. Der im Zusammenhang mit einer aufgrund der vorangegangenen fehlerhaften Beratung entstandenen Unsicherheit geschlossene Vergleich ist in der Regel als eine vernünftige Reaktion des Geschädigten in diesem Sinne anzusehen3.

Der Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs nach vorangegangenen Verhandlungen beruht nicht auf ungewöhnlichen Umständen, sondern liegt innerhalb eines normalen Geschehensablaufs. Verursacht der ersatzpflichtige Berater eine für den Geschädigten ungünstige Situation gegenüber dessen Vertragspartner, entspricht es insoweit der Lebenserfahrung, dass der Dritte möglicherweise auch Vorteile aus dieser Situation zu ziehen sucht4.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. September 2016 – IX ZR 255/13

  1. vgl. BGH, Urteil vom 14.06.2012 – IX ZR 145/11, BGHZ 193, 297 Rn. 44; G. Fischer in G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 5 Rn. 46[]
  2. vgl. BGH, Urteil vom 14.06.2012, aaO[]
  3. vgl. BGH, Urteil vom 11.02.1999 – IX ZR 14/98, BB 1999, 762, 764; Beschluss vom 22.10.2009 – IX ZR 237/06, nv Rn. 6 f; G. Fischer, aaO Rn. 47; jeweils mwN[]
  4. vgl. BGH, Urteil vom 11.03.1980 – VI ZR 91/79, VersR 1980, 649, 650; G. Fischer, aaO Rn. 49[]