Der vollmachtslose Vertreter unterfällt nicht dem Anwendungsbereich des § 385 Abs. 1 Nr. 4 ZPO.
Vertreter im Sinne des § 385 Abs. 1 Nr. 4 ZPO
ist nur derjenige, der im Namen der Partei oder für die Partei gehandelt hat, so dass diese dessen Handlung als die ihrige gelten lässt oder gelten lassen muss. Diese Auslegung entspricht dem Willen des historischen Gesetzgebers1. Aus den Materialien zum Erlass der Zivilprozessordnung ergibt sich, dass der historische Gesetzgeber den im heutigen § 385 Abs. 1 Nr. 4 ZPO verwendeten Begriff des Vertreters einer Partei (§ 338 Abs. 1 Nr. 4 CPOE) so gebraucht hat, dass er nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen sei. Unter „Vertreter“ sei nur derjenige zu verstehen, für dessen Handlung die Partei hafte2. Nach dem Willen des historischen Gesetzgebers wird deshalb der vollmachtlose Vertreter nicht von § 385 Abs. 1 Nr. 4 ZPO erfasst3.
Dies entspricht auch dem Sinn und Zweck der Regelung. Der Vertreter soll über Handlungen aussagen, die sich auf das streitige Rechtsverhältnis beziehen und die er als Vertreter einer Partei vorgenommen hat. Wenn er als vollmachtloser Vertreter gehandelt hat und auch später keine Genehmigung seiner Vertretung erklärt wurde, verpflichten seine Rechtshandlungen die von ihm vertretene Partei nicht. Regelmäßig werden sie aber dann nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung für den Rechtsstreit über das streitige Rechtsverhältnis sein.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 20. November 2018 – II ZB 22/17
- RGZ 13, 355, 357; RG, Gruchot 48, 1102, 1104; RG, JW 1911, 489 Nr. 15; OLG Köln, NJW 1955, 1561; OLG München, OLGR 1996, 242; Wieczorek/Schütze/Ahrens, ZPO, 4. Aufl., § 385 Rn. 32; Zöller/Greger, ZPO, 32. Aufl., § 385 Rn. 5; weitergehend Musielak/Voit/Huber, ZPO, 15. Aufl., § 385 Rn. 5; Stein/Jonas/Berger, ZPO, 23. Aufl., § 385 Rn. 6; MünchKomm-ZPO/Damrau, 5. Aufl., § 385 Rn. 5; offengelassen von OLG Hamm, OLGRspr. 40, S. 377[↩]
- Hahn, Die gesamten Materialen zu den Reichsjustizgesetzen, 2. Bd., S. 312, 335, 332; vgl. RGZ 13, 355, 356 f.[↩]
- vgl. RG, JW 1911, 489 Nr. 15; RGZ 47, 430, 433[↩]
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