Die unbegründete Wohnungskündigung und die Kosten des Mieteranwalts

Die Angabe der Gründe für die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses ist eine bloße Obliegenheit des Vermieters, aus deren Verletzung der Mieter keine Schadensersatzansprüche – etwa die Kosten eines außergerichtlich eingeschalteten Anwalts – herleiten kann.

Die unbegründete Wohnungskündigung und die Kosten des Mieteranwalts

Dem Mieter steht wegen des Versäumnisses des Vermieters, die Gründe für ein berechtigtes Interesse an der Kündigung des Mietverhältnisses in der Kündigung näher anzugeben, kein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB gegen den Vermieter zu. Den Vermieter trifft gegenüber dem Mieter keine vertragliche Nebenpflicht, bei Ausspruch einer ordentlichen Kündigung deren formelle Voraussetzungen zu beachten.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs macht sich ein Vermieter, der schuldhaft – insbesondere unter Angabe falscher Tatsachen – eine (materiell) unberechtigte Kündigung ausspricht und dem Mieter dadurch die weitere Nutzung des Mietobjekts vorwerfbar streitig macht, wegen Verletzung der vertraglichen Pflicht zur Rücksichtnahme auf den Vertragspartner schadensersatzpflichtig, wenn der Mieter aufgrund der materiell unbegründeten Kündigung einen Schaden erleidet1.

Diese Rechtsprechung lässt sich aber nicht auf den hier vorliegenden Fall übertragen. Denn vorliegend geht es nicht um die Frage, ob sich die Beklagten zu Unrecht auf einen nicht bestehenden (materiellen) Kündigungsgrund berufen haben, sondern um die Nichteinhaltung der formellen Kündigungsvoraussetzungen, hier die fehlende Angabe der Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der ordentlichen Kündigung (§ 573 Abs. 3 BGB). Es gibt aber keine vertragliche Nebenpflicht des Vermieters, eine aus formellen Gründen unwirksame Kündigung zu unterlassen; der Vermieter macht dem Mieter den Besitz der Mietsache auch nicht vorwerfbar streitig, wenn er einen materiell bestehenden Kündigungsgrund nicht oder nicht ausreichend in der Kündigung darlegt.

Der Zweck der Begründungspflicht besteht darin, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt über seine Position Klarheit zu verschaffen und ihn in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen2. Nach der gesetzlichen Regelung ist die Begründung der ordentlichen Kündigung des Vermieters von Wohnraum Wirksamkeitsvoraussetzung, eine Kündigung ohne Angabe konkreter Gründe mithin von vornherein unwirksam3. Dem Interesse des Mieters, die Kündigungsgründe frühzeitig zu erfahren und die Wahrnehmung seiner Rechte darauf einzustellen, wird somit bereits durch die Rechtsfolge der Unwirksamkeit einer nicht mit Gründen versehenen Kündigung umfassend Rechnung getragen. Welche nicht oder nicht ausreichend dargelegten Gründe den Vermieter zu der ausgesprochenen Kündigung veranlasst haben, ist für den Mieter angesichts der sich schon aus dem Begründungsmangel ergebenden Unwirksamkeit der Kündigung nicht mehr von Bedeutung.

Die ordnungsgemäße Begründung der Kündigung liegt mithin in erster Linie im eigenen Interesse des Vermieters, weil das Mietverhältnis anderenfalls auch bei Vorliegen eines materiellen Kündigungsgrundes nicht beendet wird. Die Angabe des Kündigungsgrundes ist deshalb keine Nebenpflicht des Vermieters, auf deren Erfüllung der Mieter einen Anspruch hat, sondern eine Obliegenheit, die der Vermieter im eigenen Interesse zur Vermeidung von Rechtsnachteilen zu beachten hat. Die rechtliche Beurteilung, ob eine vom Vermieter ausgesprochene Kündigung dem gesetzlichen Begründungserfordernis genügt, ist dem eigenen Risikobereich des Mieters zuzuordnen; Anwaltskosten, die ihm insoweit – außerhalb eines gerichtlichen Prozesses – durch die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur Wahrnehmung seiner Interessen entstehen, sind deshalb grundsätzlich nicht erstattungsfähig.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. Dezember 2010 – VIII ZR 9/10

  1. BGH, Urteile vom 11.01.1984 – VIII ZR 255/82, BGHZ 89, 297, 302 – betreffend eine auf falsche Sachdarstellung gestützte Kündigung; vom 08.07.1998 – XII ZR 64/96, NZM 1998, 718 – betreffend eine auf eine unwirksame AGB-Klausel gestützte Kündigung; und vom 18.05.2005 – VIII ZR 368/03, NJW 2005, 2395 – betreffend eine Eigenbedarfskündigung ohne tatsächlichen Selbstnutzungswunsch[]
  2. vgl. BT-Drucks. 6/1549, S. 6 f. zu § 564a Abs. 1 Satz 1 BGB aF[]
  3. Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 573 Rn. 173; vgl. auch BGH, Urteil vom 22.06.2005 – VIII ZR 326/04, WuM 2005, 584, betreffend § 569 Abs. 4 BGB[]