Wie ist der Wert des Beschwerdegegenstands im Fall der Klage eines Mieters auf Erteilung einer ordnungsgemäßen Nebenkostenabrechnung zu bemessen? Mit dieser Frage hatte sich der Bundesgerichtshof erneut1 zu befassen:
Die Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands richtet sich nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO grundsätzlich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an dem Erfolg seines Rechtsmittels. Die Beschwer der in der ersten Instanz unterlegenen Partei am Erfolg ihres Rechtsmittels hängt dabei maßgebend von ihrem wirtschaftlichen Interesse ab. Bei einem Kläger, dessen Klage in erster Instanz abgewiesen worden ist und der sein Begehren in vollem Umfang weiterverfolgt, ist sein wirtschaftliches Interesse am Erfolg seines Rechtsmittels regelmäßig identisch mit dem Wert seiner Klage2.
Begehrt ein Mieter mit dem Rechtsmittel eine Verurteilung des Vermieters zur Erteilung einer ordnungsgemäßen Nebenkostenabrechnung, bemisst sich der Wert des geltend gemachten Beschwerdegegenstands gemäß §§ 2, 3 ZPO nach dem Interesse des Mieters an einem sich möglicherweise aus der Abrechnung ergebenden Rückzahlungsanspruch. Da der Mieter jedoch nur einen vorbereitenden Anspruch auf Rechnungslegung und damit auf Auskunft geltend macht, ist lediglich ein Bruchteil des Zahlungsanspruchs in Ansatz zu bringen3. Insoweit gilt für Mietverhältnisse über Gewerberäume derselbe Maßstab wie bei Wohnräumen.
Das vom Berufungsgericht bei der Bemessung des Werts der Beschwer gemäß § 3 ZPO ausgeübte tatrichterliche Ermessen kann im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Berufungsgericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat4.
Derartige Ermessensfehler liegen hier nicht vor. Das Landgericht Wuppertal hat bei der Wertbemessung rechtlich beanstandungsfrei nicht auf die gesamten Vorauszahlungen, sondern auf die Summe der Guthabenbeträge abgestellt, die aus den für das Jahr 2015 vorgelegten Abrechnungen hervorgehen5. Zwar ist die Frage, ob der Beklagte hiermit ordnungsgemäße Nebenkostenabrechnungen erteilt hat und damit Erfüllung eingetreten ist6, zwischen den Parteien streitig und Gegenstand der hier nicht maßgeblichen Begründetheit der Klage. Auch ist die Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit der erteilten Abrechnungen im vorliegenden Zusammenhang nicht vorwegzunehmen. Indes haben die Kläger auf den Hinweis des Landgerichts vom 14.10.2020, es bestehe Gelegenheit, im Hinblick auf den Beschwerdewert ergänzend vorzutragen und insbesondere Angaben zu den in den Vorjahren angefallenen Betriebskosten zu machen, mit Schriftsatz vom 19.10.2020 erwidert, dass solche Erfahrungswerte nicht bestünden und stattdessen die in den vorgelegten Abrechnungen genannten Guthabenbeträge zugrunde gelegt werden könnten. Danach ist es nicht rechtsfehlerhaft, dass sich das Landgericht auf diese Beträge gestützt hat. bb)) Ohne Ermessensfehler und im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat das Landgericht unter Berücksichtigung des vorbereitenden Charakters des Anspruchs auf Rechnungslegung nur einen Bruchteil des zu erwartenden Rückzahlungsanspruchs in Ansatz gebracht. Gründe, hiervon abzusehen, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch die Bemessung mit einem Viertel des Anspruchs ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden. Indem das Landgericht Wuppertal damit zutreffende Maßstäbe der Wertbestimmung angelegt hat, hat es auch keinen von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs7 abweichenden Obersatz aufgestellt.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24. August 2022 – XII ZB 548/20
- im Anschluss an BGH Beschluss vom 10.01.2017 – VIII ZR 98/16 MDR 2017, 725[↩]
- BGH, Beschluss vom 13.11.2019 XII ZB 382/19 NJW-RR 2020, 136 Rn. 7 mwN[↩]
- vgl. BGH Beschluss vom 10.01.2017 – VIII ZR 98/16 MDR 2017, 725 Rn.19 mwN; vgl. auch BGH, Beschluss vom 16.05.2018 XII ZB 80/18 FamRZ 2018, 1169 Rn. 11 mwN zu § 1379 BGB[↩]
- BGH, Beschluss vom 13.11.2019 XII ZB 382/19 NJW-RR 2020, 136 Rn. 9 mwN[↩]
- LG Wuppertal, Beschluss vom 30.10.2020 – 9 S 96/20[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 20.01.2021 XII ZR 40/20 NJW-RR 2021, 394 Rn. 13, 16 mwN[↩]
- BGH, Beschluss vom 10.01.2017 – VIII ZR 98/16 MDR 2017, 725[↩]