Mögliche Fehler eines nachfolgend beauftragten Steuerberaters, der versucht, den Beratungsfehler der zunächst mandatierten Steuerberater im Rahmen eines finanzgerichtlichen Klageverfahrens zu „reparieren“, sind weder geeignet, den Zurechnungszusammenhang zwischen der Pflichtverletzung der ursprünglich mandatierten Steuerberater und dem der Mandantin entstandenen Schaden in Höhe der Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens zu unterbrechen, noch ein Mitverschulden der Mandantin zu begründen.
Eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhangs durch das Eingreifen eines Dritten ist nur dann anzunehmen, wenn es als gänzlich ungewöhnliche Beeinflussung des Geschehensablaufs zu werten ist1.
Das Verhalten Dritter entlastet somit regelmäßig nicht den Erstschädiger, sondern begründet zum Schutz des Geschädigten allenfalls eine eigene, zusätzliche Haftung2.
Dementsprechend wird der von einer früheren Vertragsverletzung eines Beraters ausgehende Zurechnungszusammenhang grundsätzlich nicht dadurch unterbrochen, dass nach dem pflichtwidrig handelnden Rechtsanwalt oder Steuerberater eine andere rechtskundige Person mit der Angelegenheit befasst worden ist, die noch in der Lage gewesen wäre, den Schadenseintritt zu verhindern, die ihr obliegende Pflicht jedoch nicht beachtet hat3.
Die Bewertung des Oberlandesgerichts Braunschweig4, wonach die Entscheidung des Streithelfers, gegen die Gewerbe- und Umsatzsteuerbescheide vor dem zuständigen Finanzgericht zunächst fristwahrend Klage einzureichen, nicht schlechterdings unverständlich und unsachgemäß erscheint und damit nicht geeignet ist, den Zurechnungszusammenhang zu unterbrechen, begegnet für den Bundesgerichtshof insoweit keinen Bedenken.
Rechtsanwälte oder Steuerberater, die nacheinander demselben Auftraggeber Schaden zugefügt haben, haften im Allgemeinen diesem als Gesamtschuldner, ohne dass sich der Geschädigte bei der Inanspruchnahme eines der ersatzpflichtigen Berater den Schadensbeitrag des anderen als Mitverschulden entgegenhalten lassen muss. Die Anrechnung eines Mitverschuldens des Mandanten setzt vielmehr voraus, dass dieser sich des zweiten Beraters bedient hat, um eine im eigenen Interesse gebotene Obliegenheit zur Abwehr oder Minderung des Schadens zu erfüllen, welcher durch den in Anspruch genommenen Erstanwalt herbeigeführt wurde5. Vertraut der Mandant auf eine fehlerfreie Vertragserfüllung durch den später in Anspruch genommenen Berater, muss er sich regelmäßig keinen schuldhaften Schadensbeitrag anrechnen lassen6.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. September 2016 – IX ZR 255/13
- vgl. BGH, Urteil vom 07.04.2005 – IX ZR 132/01, WM 2005, 1812, 1813; G. Fischer in G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 5 Rn. 51[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 07.04.2005, aaO[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 07.04.2005, aaO mwN[↩]
- OLG Braunschweig, Urteil vom 30.10.2013 – 3 U 97/12[↩]
- BGH, Urteil vom 14.07.1994 – IX ZR 204/93, NJW 1994, 2822, 2824; vom 07.04.2005, aaO mwN; Fischer, DB 2010, 2600, 2604[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 14.07.1994, aaO; vom 04.05.2000 – IX ZR 142/99, WM 2000, 1591, 1595; Fischer, aaO[↩]