Ein Schiedsspruch kann nicht allein deshalb wegen fehlerhafter Bildung des Schiedsgerichts nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO aufgehoben werden, weil das Schiedsgericht mit einem Berufsrichter besetzt war, der über keine Genehmigung seiner Nebentätigkeit als Schiedsrichter verfügte oder dem seine Nebentätigkeit als Schiedsrichter nach § 40 Abs. 1 Satz 1 DRiG nicht genehmigt werden durfte, weil er nur von einer Partei des Schiedsvertrags beauftragt war.
Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist gemäß § 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO unter Aufhebung des Schiedsspruchs abzulehnen, wenn einer der in § 1059 Abs. 2 ZPO bezeichneten Aufhebungsgründe vorliegt. Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, diese Voraussetzung sei im Streitfall erfüllt, weil der Schiedsspruch von einem nicht ordnungsgemäß konstituierten Schiedsgericht erlassen worden sei und das Schiedsgericht den Anspruch der Antragsgegnerin auf rechtliches Gehör verletzt, eine Billigkeitsentscheidung ohne ausdrückliche Ermächtigung getroffen und gegen den ordre public verstoßen habe.
Ein Schiedsspruch kann nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO aufgehoben werden, wenn die Bildung des Schiedsgerichts einer Bestimmung des 10. Buches der Zivilprozessordnung (§§ 1025 bis 1066 ZPO) oder einer zulässigen Vereinbarung der Parteien nicht entsprochen hat und anzunehmen ist, dass sich dies auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat.
Im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hat die Antragsgegnerin geltend gemacht, der Schiedsspruch sei von einem nicht ordnungsgemäß konstituierten Schiedsgericht erlassen worden. Das Schiedsgericht sei mit drei Schiedsrichtern besetzt gewesen. Zu diesen Richtern habe der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht W. gehört. Dieser habe nicht über die erforderliche Genehmigung seiner Nebentätigkeit als Schiedsrichter verfügt. Eine solche Genehmigung hätte ihm auch nicht erteilt werden dürfen, weil er allein von der Antragstellerin und nicht gemeinsam von den Parteien des Schiedsvertrags beauftragt worden sei.
Damit dringt die Antragsgegnerin nicht durch. Selbst wenn der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht W. – entgegen der Ansicht des Oberlandesgerichts – über keine Genehmigung seiner Nebentätigkeit als Schiedsrichter verfügt hat oder die Parteien des Schiedsverfahrens ihn nicht gemeinsam beauftragt haben, führt das nicht dazu, dass seine Bestellung zum Schiedsrichter den Bestimmungen des 10. Buches der Zivilprozessordnung oder einer zulässigen Vereinbarung der Parteien über die Bildung des Schiedsgerichts nicht entsprochen hat.
Das 10. Buch der Zivilprozessordnung regelt in den §§ 1034 bis 1039 ZPO die Bildung des Schiedsgerichts und in § 1035 ZPO die Bestellung der Schiedsrichter. § 1035 Abs. 1 ZPO gestattet es den Parteien, das Verfahren zur Bestellung des Schiedsrichters oder der Schiedsrichter zu vereinbaren. Die Parteien haben von dieser Möglichkeit in Nr. 4a ihrer Schiedsvereinbarung vom 16./17.12 2010 Gebrauch gemacht. Sie haben vereinbart, dass jede der Parteien für das Verfahren einen Schiedsrichter bestellt und die beiden von den Parteien benannten Schiedsrichter einen dritten Schiedsrichter als Vorsitzenden benennen.
Die von den Parteien getroffene Vereinbarung enthält hinsichtlich der Person des von jeder der Parteien zu bestellenden Schiedsrichters keine Einschränkungen. Insbesondere lässt sie die einseitige Bestellung eines Berufsrichters als Schiedsrichter zu. Die Vereinbarung ist insoweit nicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB nichtig. Die einseitige Bestellung des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht W. zum Schiedsrichter durch die Antragstellerin entspricht daher einer im Sinne von § 1059 Abs. 2 Buchst. d ZPO zulässigen Vereinbarung der Parteien.
Die Vereinbarung, dass jede der Parteien für das Verfahren – jeweils einseitig – einen Schiedsrichter bestellt, verstößt nicht gegen das auch für Schiedsgerichte geltende Gebot überparteilicher Rechtspflege und ist daher nicht nach § 134 BGB nichtig. Da ein Schiedsgericht Rechtsprechung ausübt, muss allerdings gewährleistet sein, dass es unabhängig und unparteilich ist. Durch die einseitige Schiedsrichterbestellung wird eine persönliche Beziehung zwischen dem Schiedsrichter und der ihn ernennenden Partei geschaffen, die die Überparteilichkeit des zu bildenden Schiedsgerichts durchaus ernstlich in Frage stellen kann. Besteht jedoch – wie hier – ein entsprechendes Gegengewicht in Form eines von der anderen Partei oder von einem Dritten oder von einem staatlichen Gericht ernannten Schiedsrichters, kann sich die lediglich auf seine unmittelbare Wahl durch eine Partei zurückzuführende Beziehung des Schiedsrichters zu dieser Partei nicht in einem Maße auswirken, dass der Eindruck entstehen könnte, dem ganzen Schiedsgericht – auf das es allein ankommt – fehle die notwendige Überparteilichkeit1.
Die Vereinbarung der Parteien ist, soweit sie die einseitige Bestellung eines Berufsrichters als Schiedsrichter gestattet, nicht wegen Verstoßes gegen § 40 Abs. 1 Satz 1 DRiG nach § 134 BGB nichtig.
Dem Richter darf eine Nebentätigkeit als Schiedsrichter nach § 40 Abs. 1 Satz 1 DRiG nur genehmigt werden, wenn die Parteien des Schiedsvertrags ihn gemeinsam beauftragen oder wenn er von einer unbeteiligten Stelle benannt ist. Die Genehmigung ist nach § 40 Abs. 1 Satz 2 DRiG zu versagen, wenn der Richter zur Zeit der Entscheidung über die Erteilung der Genehmigung mit der Sache befasst ist oder nach der Geschäftsverteilung befasst werden kann.
Es kann offenbleiben, ob es sich bei § 40 Abs. 1 Satz 1 DRiG um eine in das Gewand eines zwingenden Versagungsgrundes gekleidete Verbotsnorm im Sinne des § 134 BGB handelt2. Ein Verstoß gegen § 40 Abs. 1 Satz 1 DRiG führt jedenfalls nicht zur Nichtigkeit nach § 134 BGB und dementsprechend nicht zur Unzulässigkeit im Sinne von § 1059 Abs. 2 Buchst. d ZPO einer Vereinbarung, soweit diese es den Parteien eines Schiedsvertrags gestattet, einseitig einen Berufsrichter als Schiedsrichter zu bestellen, dem für eine solche Nebentätigkeit im Auftrag nur einer Partei keine Genehmigung erteilt werden darf.
Die Bestimmung des § 134 BGB ordnet für ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nicht ausnahmslos die Nichtigkeit an. Sie macht diese Rechtsfolge vielmehr davon abhängig, dass sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt. § 134 BGB kann daher nicht ohne Rückgriff auf das verletzte Verbot angewendet werden. Ordnet das Verbot selbst eine Rechtsfolge an, so ist diese maßgeblich. Fehlt es – wie im Falle des § 40 Abs. 1 DRiG – an einer verbotseigenen Rechtsfolgeregelung, sind Sinn und Zweck des verletzten Verbots entscheidend. Dies erfordert eine normbezogene Abwägung, ob es mit Sinn und Zweck des Verbots vereinbar oder unvereinbar ist, die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung hinzunehmen oder bestehen zu lassen3. Entsprechendes gilt für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Vereinbarung der Parteien im Sinne von § 1059 Abs. 2 Buchst. d ZPO.
Sinn und Zweck des § 40 Abs. 1 Satz 1 DRiG verlangen nicht die Unwirksamkeit einer Vereinbarung, soweit diese Vereinbarung es jeder der Parteien eines Schiedsvertrags – wie im Streitfall – gestattet, einseitig einen Berufsrichter als Schiedsrichter zu bestellen. Das Verbot einer schiedsrichterlichen Nebentätigkeit bei einseitiger Bestellung durch eine Partei ist eine besondere Ausprägung des in § 39 DRiG niedergelegten Gebotes, dass der Richter sich innerhalb und außerhalb seines Amtes so zu verhalten hat, dass das Vertrauen in seine Unabhängigkeit nicht gefährdet wird. Dem Verbot liegt die Erwägung zu Grunde, dass die Nebentätigkeit als Schiedsrichter dem öffentlichen Amt des Richters funktionell und inhaltlich sehr nahe kommt und es daher das Vertrauen in die Unabhängigkeit des Richters in seinem öffentlichen Amt gefährdet, wenn dieser außerhalb seines Amtes auf einseitige Bestellung durch eine Partei eine Nebentätigkeit als Schiedsrichter übernimmt und damit als parteinah erscheint4. Das Verbot des § 40 Abs. 1 Satz 1 DRiG dient dagegen nicht dem Schutz der Parteien des Schiedsverfahrens. Die Bestimmung zielt entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde nicht darauf ab, im Schiedsverfahren das Rechtsgut der überparteilichen Rechtspflege zu schützen. Dieser Schutz ist in einem schiedsrichterlichen Verfahren mit drei Schiedsrichtern bereits dadurch gewährleistet, dass – wie im Streitfall von den Parteien vereinbart und für den Fall des Fehlens einer Vereinbarung der Parteien in § 1035 Abs. 3 Satz 2 ZPO vorgesehen – jede Partei einen Schiedsrichter bestellt und diese beiden Schiedsrichter den dritten Schiedsrichter bestellen, der als Vorsitzender des Schiedsgerichts tätig wird.
Wird auf der Grundlage einer solchen Vereinbarung ein Schiedsgericht unter einseitiger Bestellung eines Berufsrichters als Schiedsrichter gebildet, entspricht die Bildung des Schiedsgerichts daher auch dann einer zulässigen Vereinbarung der Parteien und den Bestimmungen der Zivilprozessordnung über das schiedsrichterliche Verfahren, wenn dieser Berufsrichter über keine oder (zwangsläufig) jedenfalls über keine rechtmäßige Nebentätigkeitsgenehmigung verfügt. Es liegt zwar ein Dienstvergehen vor, wenn ein Richter eine Nebentätigkeit als Schiedsrichter ohne die erforderliche Genehmigung ausübt. Da das Erfordernis der Genehmigung einer solchen Nebentätigkeit jedoch allein dem Schutz des Vertrauens der Allgemeinheit in die Unabhängigkeit der staatlichen Rechtspflege dient, führt das Fehlen oder die fehlerhafte Erteilung der erforderlichen Genehmigung nicht zu einer fehlerhaften Bildung des Schiedsgerichts und rechtfertigt daher nicht die Aufhebung des Schiedsspruchs5.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10. März 2016 – I ZB 99/14
- BGH, Urteil vom 19.12 1968 – VII ZR 83/66, BGHZ 51, 255, 258 ff.; Urteil vom 05.11.1970 – VII ZR 31/69, BGHZ 54, 392, 394 ff.[↩]
- zu § 40 Abs. 1 Satz 2 DRiG vgl. BGH, Urteil vom 11.02.1971 – VII ZR 73/69, BGHZ 55, 313, 319 f.; vgl. auch BGH, Urteil vom 12.12 1963 – VII ZR 23/62, NJW 1964, 593, 594 [insoweit nicht in BGHZ 40, 342 abgedruckt][↩]
- st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17.10.2003 – V ZR 429/02, NJW 2003, 3692 f. mwN; Urteil vom 25.09.2014 – IX ZR 25/14, NJW 2014, 3568 Rn. 14[↩]
- vgl. BGH, Urteil vom 11.02.1971 – VII ZR 73/69, NJW 1971, 755; KG, Beschluss vom 06.05.2002 – 23 Sch 1/02, SchiedsVZ 2003, 185, 186; Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Aufl., § 40 Rn. 2, 4 und 7[↩]
- vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 16.07.2002 – 1 Sch 8/02, SchiedsVZ 2003, 84, 87; Schlosser in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., § 1036 aF Rn. 4; MünchKomm-.ZPO/Münch, 4. Aufl., vor §§ 1034 ff. Rn. 58; Voit in Musielak/Voit, ZPO, 12. Aufl., § 1035 Rn. 17 und § 1059 Rn. 16; Zöller/Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 1035 Rn. 33; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl., Kap. 10 Rn. 859 bis 861; Nacimiento/Geimer, SchiedsVZ 2003, 88, 91; Kröll, SchiedsVZ 2004, 113, 116; Wittmann, jurisPR-HaGesR 1/2015 Anm. 3; aA Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 9 Rn. 3[↩]