Wundinfektionsrisiko – fehlende Aufklärung und die alternativlose Behandlung

Wird ein Patient über Wundinfektionsgefahren nicht hinreichend aufgeklärt, haften das Krankenhaus und der behandelnde Arzt nicht, wenn feststeht, dass der Patient auch bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung in den ärztlichen Eingriff eingewilligt hätte.

Wundinfektionsrisiko – fehlende Aufklärung und die alternativlose Behandlung

In dem hier vom Oberlandesgericht Hamm entschiedenen Fall ließ ein Patient im September 2010 im beklagten Krankenhaus in Brilon einen nabelbruch (Nabelhernie) ambulant operieren. Es erfolgte eine offene Nabelhernien-Operation nach Spitzy, die der mitverklagte Arzt durchführte. Wenige Tage nach der Operation trat eine Wundinfektion auf, die noch zweimal zwecks Sekundärheilung geöffnet werden musste. Der Patient vertrat nun die Ansicht, dass die Operation unter Missachtung geltender Hygienevorschriften und zudem in der Schnittnaht nicht ordnungsgemäß ausgeführt worden sei. Außerdem sei er über Behandlungsalternativen und das Wundinfektionsrisiko nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Von den Beklagten – Krankenhaus und Arzt – hat er deswegen Schadensersatz verlangt, u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 € und – wegen anhaltender Bewegungseinschränkungen – einen Haushaltsführungsschaden von monatlich ca. 110 €.

Mit diesem Schadensersatzbegehren blieb der Patient nun jedoch vor dem OLG Hamm ohne Erfolg, das OLG Hamm konnte nach dem Gutachten eines medizinischen Sachverständigen keinen Behandlungsfehler feststellen. Die Nabelhernien-Operation sei indiziert und ordnungsgemäß durchgeführt worden. Dass die Wundinfektion des Klägers auf einem Verstoß der Beklagten gegen Hygienestandards beruhe, sei nicht bewiesen. Dass sie auf einen Krankenhauskeim zurückzuführen sei, sei spekulativ.

Ohne Erfolg rüge der Patient, so das Oberlandesgericht weiter, dass er nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden sei. Über Behandlungsalternativen habe er nicht aufgeklärt werden müssen, weil die gewählte Behandlungsmethode in seinem Fall vorzugswürdig gewesen sei. Nach den Ausführungen des Sachverständigen wäre ein endoskopisches Verfahren mit höheren Risiken behaftet gewesen und habe keine gleichermaßen indizierte Behandlungsalternative dargestellt. Deswegen habe es dem Patienten nicht als Behandlungsalternative vorgestellt werden müssen.

Unzureichend aufgeklärt worden sei der Patient zwar über das Wundinfektionsrisiko der Operation. Für eine ordnungsgemäße Aufklärung des Patienten insoweit seien Krankenhaus und Arzt zwar beweisfällig geblieben. Hieraus folge aber nicht ihre Haftung, weil der Patient in die Operation auch nach einer hinreichenden Aufklärung über das Wundinfektionsrisiko eingewilligt hätte. Einen Entscheidungskonflikt habe der Patient insoweit nicht plausibel darlegen können. Die durchgeführte Operation sei nach den Angaben des Sachverständigen die einzige Möglichkeit zur Behebung des Nabelbruchs gewesen, ein Abwarten hätte dazu geführt, dass sich der Bruch und die schmerzhaften Beschwerden vergrößert hätten. Angesichts des bestehenden Behandlungsdrucks hätte sich der Kläger auch bei Kenntnis des Wundinfektionsrisikos zu dem relativ kleinen ambulanten Eingriff entschlossen.

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 9. Dezember 2014 – 26 U 88/13